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22 Jahre Straflager für Iwan Safronow
"Eine Warnung an Journalisten"

Der russische Journalist Iwan Safronow ist von einem Gericht in Moskau zu 22 Jahren im Straflager verurteilt worden. Russland habe bereits eine Menge Vorkehrungen getroffen, damit kritische Medien keine Verbreitung finden, so Dlf-Russland-Expertin Gesine Dornblüth. Und sie rechnet mit weiteren Repressionen.

Gesine Dornblüth im Gespräch mit Benedikt Schulz | 06.09.2022
Der ehemalige russische Journalist Ivan Safronow steht bei einer Anhörung hinter Gitterstäben.
Der ehemalige russische Journalist Ivan Safronow bei einer Anhörung (Imago)
22 Jahre Straflager - wegen Hochverrats. Dieses Urteil hat ein Moskauer Gericht gegen den Journalisten und Militärbeobachter Iwan Safronow gesprochen. Hinzu kommt eine Geldstrafe.
Die Urteilsverkündung löste bei Freunden und Unterstützern Entsetzen aus. Sie hatten den Prozess und den Richterspruch im Saal eines Nachbargebäudes verfolgt. Rufe nach Freiheit wurden laut.
Safronow war angeklagt, Militärgeheimnisse an den tschechischen Geheimdienst und einen deutschen Staatsbürger weitergegeben zu haben.

Informationen aus öffentlichen Quellen

Recherchen anderer Medien hätten inzwischen jedoch gezeigt, dass die veröffentlichten Informationen öffentlich verfügbar waren, erklärt die Deutschlandfunk-Russland-Experten Gesine Dornblüth. Laut Recherchen der BBC gehe es außerdem nicht um die Weitergabe von Informationen, sondern um eine konkrete Veröffentlichung Safronows.
Der entsprechende Artikel erschien 2019 im "Kommersant", darin ging es um die Lieferung von zwei Dutzend Kampfflugzeugen aus russischer Produktion an Ägypten. Safronow arbeitete zehn Jahre lang für die Wirtschaftszeitung und berichtete über Militär und Sicherheitsfragen.

Rache des russischen Geheimdienstes

Auch in seinem Schlusswort vor Gericht soll Igor Safronow noch einmal klargestellt haben, dass er keine Geheimnisse verraten, sondern auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Quellen berichtet habe. Er habe niemals Zugang zu geheimen Dokumenten gehabt.
Bei dem auch für russische Verhältnisse außergewöhnlich harten Urteil könnte es unter anderem um Rache des russischen Geheimdienstes gehen. Mehrere unabhängige russischsprachige Medien berichteten, der FSB habe Safronow einen Deal angeboten, wenn er seine Quellen verrate, so Gesine Dornblüth.

"Eine zusätzliche Warnung"

Darüber hinaus soll das Urteil aber wohl auch als Abschreckung wirken, so die Einschätzung der langjährigen Moskau-Korrespondentin des Deutschlandfunks: "Russland führt Krieg. Die Rüstungsindustrie ist eine zentrale Stütze dieses Regimes und das Urteil - 22 Jahre - ist natürlich auch eine Warnung an Journalisten, sich nicht mit dem Militär zu befassen. Eine zusätzliche Warnung."
Das Urteil kommt in einer Zeit, in der ohnehin fast keine freie Berichterstattung in Russland mehr möglich ist. Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine werden kritische Medien immer massiver in ihrer Berichterstattung beschränkt oder ganz verboten.
Zuletzt wurde auch der "Nowaja Gaseta", deren Redaktion bereits seit Monaten im Exil arbeitet, offiziell die Drucklizenz in Russland entzogen.

Immer mehr Repression gegen Medien

"Russland hat eine Menge Vorkehrungen getroffen, damit diese Medien in Russland keine Verbreitung finden", sagt Gesine Dornblüth. Für die Zukunft rechnet sie allerdings damit, "dass Russland die Nutzung noch weiter einschränkt und sie vielleicht auch nach dem Vorbild Belarus noch weiter kriminalisiert, so dass Menschen, die beispielsweise über Telegram offizielle blockierte Medien abonniert haben, Gefahr laufen, eine Anklage zu bekommen".