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Journalist Rauterberg über Kulturkampf von unten
"Viele Kunstwerke zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie ambivalent sind"

In New York zwingen Tierschützer durch ihren Protest ein Museum zum vorzeitigen Abbruch einer Installation. Solche Beispiele lassen Journalist Hanno Rauterberg einen neuen Kulturkampf befürchten. Der Schutz des Publikums wiege heute schwerer als die Freiheit der Kunst, kritisierte er im Dlf.

Hanno Rauterberg im Corsogespräch mit Fabian Elsäßer |
    Rauterberg, Kunsthistoriker und Feuilleton-Redakteur der Wochenzeitschrift "Die Zeit", will mit seinem Buch "Die Freiheit der Kunst" nach eigenen Worten aber nicht politische Korrektheit anprangern. Es gehe ihm um Überkorrektheit, die aus verschiedenen Gründen dazu führen könne, dass Kunst ihre Sonderrolle verliert.
    Kunst muss für sich stehen dürfen
    Kunst stehe zwar im Bezug zur, aber gleichzeitig auch abseits der Gesellschaft. Man könne nicht das Werk generell verteufeln, auch wenn der Künstler umstritten sei. Niemand bestreite beispielsweise, dass Picasso seine Frauen gequält habe. Aber seine Kunst deshalb nicht mehr zu zeigen, hält Rauterberg für falsch.
    "Viele Kunstwerke zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie ambivalent sind", sagte Rauterberg im Corsogespräch im Deutschlandfunk. "Darin liegt der Reiz der Kunst."
    Ein Kulturkampf von unten
    Der von ihm so bezeichnete Kulturkampf habe eine Besonderheit im Vergleich zu früheren Auseinandersetzungen um Kunst, in denen Regierungen Kunst verbieten wollten oder verboten haben. Heute komme der Protest von unten und werde durch das Internet entsprechend schnell verbreitet. Die Folge: der Schutz des Publikums wiege offenbar schwerer als die Freiheit der Kunst. Es drohe ein Rückschritt in vormoderne Traditionen, als Kunst vor allem dekorativ sein sollte.