Schwarze Hornbrille, Dreitagebart, im Mund eine glühende Zigarette, der Blick gegen Boden gerichtet. Als Typ Schriftsteller präsentiert sich Ulli Tückmantel in seinem Twitter-Profil. Dort, wo er betont: "sowas wie privat" - und für Job-Tweets auf ein weiteres Profil verweist. Dort, wo Tückmantel ein anderer ist. Ohne Brille, glatt rasiert, mit Krawatte und Anzug blickt er dem User direkt ins Auge.
"Twitteraccount zum Ausprobieren"
"Ich hab' mir irgendwann einen Twitteraccount zum Ausprobieren eingerichtet. Und das war ein privater. Und hab‘ dann ein bisschen damit rumexperimentiert. Und dann stellte sich aber irgendwann heraus, dass die berufliche Nutzung von Twitter doch irgendwie ein größeres Gewicht erreichte."
Also legte er sich auch den beruflichen Account zu. Tückmantel ist Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung.
Ulli Tückmantel twittert vom privaten Account @Tueckmantel
...und von seinem beruflichen: @Tueckmantel_WZ
Von seinen Mitarbeitern erwartet er keine zwei Profile - aber: Klare Kante, was das Ausweisen der eigenen Person angeht.
"Wir haben alle Kolleginnen und Kollegen gebeten, die Twitter, Facebook, Instagram oder sonst was nutzen, sich einen klar erkennbaren beruflichen Account zuzulegen, aus dem hervorgeht, dass sie da tatsächlich als Journalisten unterwegs sind. Erstens finde ich, gehört sich das so, dass Journalisten nicht so tun, als wären sie da als Privatperson unterwegs, wenn sie journalistisch unterwegs sind. Das ist vor allem aber eine Frage der Rechtssicherheit."
"Wir haben alle Kolleginnen und Kollegen gebeten, die Twitter, Facebook, Instagram oder sonst was nutzen, sich einen klar erkennbaren beruflichen Account zuzulegen, aus dem hervorgeht, dass sie da tatsächlich als Journalisten unterwegs sind. Erstens finde ich, gehört sich das so, dass Journalisten nicht so tun, als wären sie da als Privatperson unterwegs, wenn sie journalistisch unterwegs sind. Das ist vor allem aber eine Frage der Rechtssicherheit."
Fragen mit dem Arbeitgeber klären
Gelten für die sozialen Netzwerke die gleichen Regeln wie für meine sonstige Arbeit? Genieße ich auch dort im Fall der Fälle Rechtsschutz? Tückmantel empfiehlt Journalisten, egal ob fest oder frei beschäftigt, auch diese Fragen mit dem Arbeitgeber zu klären, neben allen inhaltlichen.
Wer im Namen einer Medienmarke auftritt, sollte sich entsprechend verhalten, findet Andreas Petzold. Er ist Herausgeber von "Stern", "Capital" und "Neon". Und - wie so viele Journalisten - vor allem auf Twitter aktiv. Eine starke Stimme mit starker Meinung, der viele folgen.
"Wenn Sie so wollen, ist das eine Art personengebundener aber auch markengebundener Meinungsjournalismus, und der sollte sich nicht vom Markenkern allzu weit entfernen."
Wer im Namen einer Medienmarke auftritt, sollte sich entsprechend verhalten, findet Andreas Petzold. Er ist Herausgeber von "Stern", "Capital" und "Neon". Und - wie so viele Journalisten - vor allem auf Twitter aktiv. Eine starke Stimme mit starker Meinung, der viele folgen.
"Wenn Sie so wollen, ist das eine Art personengebundener aber auch markengebundener Meinungsjournalismus, und der sollte sich nicht vom Markenkern allzu weit entfernen."
Twittern mit Verantwortung
Hierfür gebe es Regeln, Petzold spricht von einem "roten Faden", den der "Stern" zwar nicht schriftlich fixiert habe, aber allen Mitarbeitern klar sei. Auf Social Media aktiv sein - für Petzold ist das inzwischen fast so etwas wie Journalistenpflicht - und wenn, dann eine große Verantwortung.
"Wir müssen auch ein bisschen auf uns selber achten, auf unsere Branche achten, denn letztlich ist das dort auch der Resonanzboden für das Lügenpresse-Narrativ. Und da können wir haltlose Behauptungen nicht einfach so hinnehmen. Da muss man schon auch gegenhalten."
Und dabei einen Balanceakt bewältigen, den Spagat, Fakten, aber auch Meinungen zu verbreiten. Petzold nennt das Haltung zeigen - und sich dabei der Gefahren bewusst sein.
"Man muss natürlich auch wissen, dass man als Journalist im Netz, vor allen Dingen auf Twitter, auch angreifbar ist und sich auch angreifbar macht. Das muss man dann eben auch einhalten, dass man auch mal einen Shitstorm abkriegt, das lässt sich dabei kaum vermeiden."
Der Hamburger Medienwissenschaftler Stephan Weichert sieht darin das grundsätzliche Problem.
"Einerseits will man eben für die Marken, für die man steht, sprechen. Andererseits drückt man immer auch eine private Meinung aus."
"Wir müssen auch ein bisschen auf uns selber achten, auf unsere Branche achten, denn letztlich ist das dort auch der Resonanzboden für das Lügenpresse-Narrativ. Und da können wir haltlose Behauptungen nicht einfach so hinnehmen. Da muss man schon auch gegenhalten."
Und dabei einen Balanceakt bewältigen, den Spagat, Fakten, aber auch Meinungen zu verbreiten. Petzold nennt das Haltung zeigen - und sich dabei der Gefahren bewusst sein.
"Man muss natürlich auch wissen, dass man als Journalist im Netz, vor allen Dingen auf Twitter, auch angreifbar ist und sich auch angreifbar macht. Das muss man dann eben auch einhalten, dass man auch mal einen Shitstorm abkriegt, das lässt sich dabei kaum vermeiden."
Der Hamburger Medienwissenschaftler Stephan Weichert sieht darin das grundsätzliche Problem.
"Einerseits will man eben für die Marken, für die man steht, sprechen. Andererseits drückt man immer auch eine private Meinung aus."
Ausschließlich privat twittern kaum möglich
Der Journalist als Sprecher eines Unternehmens und seiner selbst - so würden es viele halten. Für den User sei der Unterschied zwischen privater Meinungsäußerung und Unternehmenskommunikation allerdings häufig schwer zu erkennen. Weichert geht deshalb davon aus, dass auch in Deutschland bald immer mehr Häuser dem Vorbild der New York Times folgen werden. Die Zeitung hat vor kurzem als Konsequenz auf die Auseinandersetzung mit US-Präsident Donald Trump ihre Richtlinien verschärft.
"Viele Journalisten eines Unternehmens wie, sagen wir, 'Spiegel' oder der 'Zeit' sollten natürlich möglichst mit einer Zunge sprechen und nicht viele verschiedene Positionen beziehen."
Das widerspreche zwar dem Gebot der Meinungsfreiheit, auch der inneren Meinungsfreiheit vieler Häuser. Doch gebe es wohl keine andere Lösung, findet Weichert. Journalisten trügen in ihrer Berufsrolle eine gewisse Verantwortung. Sich ausschließlich privat in sozialen Netzwerken zu bewegen, sei deshalb kaum möglich.
Aber sogar Westdeutsche-Zeitung-Chefredakteur Ulli Tückmantel mit seinen zwei Twitter-Profilen räumt ein: "Eine glasklare Trennung kann's da glaub ich nicht geben, das würde ja auch darauf hindeuten, dass man ein bisschen eine gespaltene Persönlichkeit ist."
Er habe schon überlegt, Privates nur noch auf Instagram zu posten, sagt Tückmantel, sich dann aber gefragt, ob er damit das Problem nicht nur weiterschieben würde. Denn, fragt er: Müssten sich nicht längst alle anderen Journalisten auch in diesem Online-Dienst tummeln?
"Viele Journalisten eines Unternehmens wie, sagen wir, 'Spiegel' oder der 'Zeit' sollten natürlich möglichst mit einer Zunge sprechen und nicht viele verschiedene Positionen beziehen."
Das widerspreche zwar dem Gebot der Meinungsfreiheit, auch der inneren Meinungsfreiheit vieler Häuser. Doch gebe es wohl keine andere Lösung, findet Weichert. Journalisten trügen in ihrer Berufsrolle eine gewisse Verantwortung. Sich ausschließlich privat in sozialen Netzwerken zu bewegen, sei deshalb kaum möglich.
Aber sogar Westdeutsche-Zeitung-Chefredakteur Ulli Tückmantel mit seinen zwei Twitter-Profilen räumt ein: "Eine glasklare Trennung kann's da glaub ich nicht geben, das würde ja auch darauf hindeuten, dass man ein bisschen eine gespaltene Persönlichkeit ist."
Er habe schon überlegt, Privates nur noch auf Instagram zu posten, sagt Tückmantel, sich dann aber gefragt, ob er damit das Problem nicht nur weiterschieben würde. Denn, fragt er: Müssten sich nicht längst alle anderen Journalisten auch in diesem Online-Dienst tummeln?