Schon im Oktober kam der Film "Nachlese" in Polen auf die Leinwände - und noch immer läuft er, allein in Warschau in zwei Kinos. Geschuldet ist das der Diskussion, die er seitdem auslöst und die ihn zu einem der wichtigsten polnischen Filme seit Jahren machen. Auch Martyna und Rafal, 28 und 43 Jahre alt, wollten den Film jetzt doch noch sehen, um mitreden zu können.
"Ich will wissen, woher der Skandal um diesen Film kommt. Sind es unsere polnischen Komplexe? Oder sind wir einfach nicht bereit, unsere eigene Geschichte zu akzeptieren?"
"Nachlese" berührt ein ganz dunkles Kapitel der polnischen Geschichte: Die Morde an jüdischen Mitbürgern, die Polen während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg begingen. Sie sind zwar in keiner Weise vergleichbar mit dem Holocaust, mit der planmäßigen Ausrottung der Juden durch Hitlerdeutschland. Dennoch kratzen diese Verbrechen am polnischen Selbstverständnis. Denn die meisten Geschichtsbücher stellen die polnische Nation im Zweiten Weltkrieg ausschließlich als Opfer dar. Dass einige Polen auch Täter waren, halten viele deshalb für falsch oder zumindest vernachlässigbar.
Deshalb sei "Nachlese" so wichtig für das Land, erklärte der Schauspieler Daniel Olbrychski, der selbst keine Rolle in dem Film hat.
"Er erlaubt es mir als Polen, aufrecht durch die Welt zu gehen. Wir sind durch diesen Film zum kleinen Kreis der großen Nationen gestoßen, die unvoreingenommen über die eigene Geschichte erzählen können. Als 'antipolnisch' können den Film nur seelisch verkümmerte Menschen bezeichnen."
Antipolnisch nennen den Film nicht nur nationalistische, sondern auch konservative Kommentatoren. Denn er zeichnet ein überaus düsteres Bild von der polnischen Gesellschaft, zumindest auf dem Land.
Die Geschichte: Ein junger, alleinstehender Bauer sammelt Grabsteine vom ehemaligen jüdischen Friedhof des Dorfes, die nach dem Krieg als Baumaterial verwendet wurden. Er kauft sie seinen Nachbarn ab und reißt sie aus Straßen. Auf einem seiner Felder entsteht der Friedhof so aufs Neue. Ein unverständlicher, innerer Zwang treibe ihn dazu, erklärt der Bauer seinem Bruder, der nach 20 Jahren aus Amerika zurückkommt. Gemeinsam finden die beiden später heraus, dass die Juden des Dorfes nicht etwa von den deutschen Besatzern deportiert wurden. Vielmehr trieben die anderen Dorfbewohnern sie in einem Bauernhaus zusammen, um sie dort zu verbrennen. Danach eigneten sie sich die ehemals jüdischen Höfe an.
Die beiden Brüder stoßen bei ihren Nachforschungen fast überall auf Widerstand und sogar Hass. Die Dorfgemeinschaft bringt einen der beiden schließlich um. Maciej Stuhr, der einen der beiden Brüder spielt, wird seit der Filmpremiere heftig attackiert – zumeist anonym im Internet.
"Auch das hat seinen Sinn, so setzen sich diese Leute immerhin mit dem Stoff auseinander. Außerdem beweist es nur, dass wir den Film machen mussten. Das stimmt umso mehr, wenn ich lese, dass mich jemand verprügeln will oder sagt, die polnische Nation werde mir nie verzeihen."
"Nachlese" schlug in Polen auch deshalb so ein, weil er direkt an das sogenannte Massaker von Jedwabne von 1941 anspielt. Polnische Dorfbewohner verbrannten damals über 300 jüdische Mitbürger in einer Scheune. Der US-Historiker Jan Tomasz Gross hat diese Geschichte in seinem Buch "Nachbarn" vor gut zehn Jahren aufgeschrieben – und auch die polnischen Feuilletons setzen sich damit schon viele Jahre auseinander. Doch erst der Film "Nachlese" hat das Thema Hunderttausenden Polen ins Bewusstsein gerufen. Martyna und Rafal kamen mit gemischten Gefühlen aus dem Kinosaal.
"Der Film wühlt auf. Er zeigt ein getreues Bild der Gesellschaft - dass wir uns dieser Vergangenheit nicht stellen wollen."
"Ich finde die Handlung einfach nicht plausibel. Deshalb warte ich noch auf das Werk, das mir erklärt, was in Jedwabne passiert ist."
"Ich will wissen, woher der Skandal um diesen Film kommt. Sind es unsere polnischen Komplexe? Oder sind wir einfach nicht bereit, unsere eigene Geschichte zu akzeptieren?"
"Nachlese" berührt ein ganz dunkles Kapitel der polnischen Geschichte: Die Morde an jüdischen Mitbürgern, die Polen während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg begingen. Sie sind zwar in keiner Weise vergleichbar mit dem Holocaust, mit der planmäßigen Ausrottung der Juden durch Hitlerdeutschland. Dennoch kratzen diese Verbrechen am polnischen Selbstverständnis. Denn die meisten Geschichtsbücher stellen die polnische Nation im Zweiten Weltkrieg ausschließlich als Opfer dar. Dass einige Polen auch Täter waren, halten viele deshalb für falsch oder zumindest vernachlässigbar.
Deshalb sei "Nachlese" so wichtig für das Land, erklärte der Schauspieler Daniel Olbrychski, der selbst keine Rolle in dem Film hat.
"Er erlaubt es mir als Polen, aufrecht durch die Welt zu gehen. Wir sind durch diesen Film zum kleinen Kreis der großen Nationen gestoßen, die unvoreingenommen über die eigene Geschichte erzählen können. Als 'antipolnisch' können den Film nur seelisch verkümmerte Menschen bezeichnen."
Antipolnisch nennen den Film nicht nur nationalistische, sondern auch konservative Kommentatoren. Denn er zeichnet ein überaus düsteres Bild von der polnischen Gesellschaft, zumindest auf dem Land.
Die Geschichte: Ein junger, alleinstehender Bauer sammelt Grabsteine vom ehemaligen jüdischen Friedhof des Dorfes, die nach dem Krieg als Baumaterial verwendet wurden. Er kauft sie seinen Nachbarn ab und reißt sie aus Straßen. Auf einem seiner Felder entsteht der Friedhof so aufs Neue. Ein unverständlicher, innerer Zwang treibe ihn dazu, erklärt der Bauer seinem Bruder, der nach 20 Jahren aus Amerika zurückkommt. Gemeinsam finden die beiden später heraus, dass die Juden des Dorfes nicht etwa von den deutschen Besatzern deportiert wurden. Vielmehr trieben die anderen Dorfbewohnern sie in einem Bauernhaus zusammen, um sie dort zu verbrennen. Danach eigneten sie sich die ehemals jüdischen Höfe an.
Die beiden Brüder stoßen bei ihren Nachforschungen fast überall auf Widerstand und sogar Hass. Die Dorfgemeinschaft bringt einen der beiden schließlich um. Maciej Stuhr, der einen der beiden Brüder spielt, wird seit der Filmpremiere heftig attackiert – zumeist anonym im Internet.
"Auch das hat seinen Sinn, so setzen sich diese Leute immerhin mit dem Stoff auseinander. Außerdem beweist es nur, dass wir den Film machen mussten. Das stimmt umso mehr, wenn ich lese, dass mich jemand verprügeln will oder sagt, die polnische Nation werde mir nie verzeihen."
"Nachlese" schlug in Polen auch deshalb so ein, weil er direkt an das sogenannte Massaker von Jedwabne von 1941 anspielt. Polnische Dorfbewohner verbrannten damals über 300 jüdische Mitbürger in einer Scheune. Der US-Historiker Jan Tomasz Gross hat diese Geschichte in seinem Buch "Nachbarn" vor gut zehn Jahren aufgeschrieben – und auch die polnischen Feuilletons setzen sich damit schon viele Jahre auseinander. Doch erst der Film "Nachlese" hat das Thema Hunderttausenden Polen ins Bewusstsein gerufen. Martyna und Rafal kamen mit gemischten Gefühlen aus dem Kinosaal.
"Der Film wühlt auf. Er zeigt ein getreues Bild der Gesellschaft - dass wir uns dieser Vergangenheit nicht stellen wollen."
"Ich finde die Handlung einfach nicht plausibel. Deshalb warte ich noch auf das Werk, das mir erklärt, was in Jedwabne passiert ist."