Laurence stammt aus Paris. Aber die junge Mutter hat ihre Heimat verlassen, lebt seit Anfang des Jahres in Tel Aviv. Eine Entscheidung, die sie jetzt auf tragische Weise bestätigt sieht:
"Ja, ich bin direkt nach den Terror-Attacken im Januar nach Israel gekommen. Da habe ich ein Flugticket gekauft, habe die Koffer gepackt und bin mit den Kindern hierhergekommen, um zu bleiben. Nur ein paar Stunden vor dem Überfall auf den koscheren Supermarkt war ich noch dort, mit den Kindern."
Laurence sitzt in einem französischen Bistro in Tel Aviv, draußen auf der Ibn Gvirol rauscht der Feierabendverkehr vorbei, drinnen läuft französische Musik. Überhaupt, Frankreich ist allgegenwärtig in Israel: Allein im zurückliegenden Jahr kamen offiziell fast 30.000 jüdische Einwanderer aus Frankreich. Laurence glaubt, jetzt, nach dem Terror von Paris, werden es noch mehr:
"Ach, Frankreich kannst Du vergessen. Das ist ein Staat von Arabern. Die machen schon längst was sie wollen, jetzt noch mehr. Es gibt keine echte Sicherheit dort, das ist nicht wie in Israel. Egal ob in der Metro oder im Bus – überall ist es gefährlich."
Und ihr Mann arbeitet die meiste Zeit noch in Paris, er wohnt ganz in der Nähe vom Musik-Club Bataclan, wo die Attentäter am Freitag so viele Menschen erschossen.
Schon seit 20 Jahren ist Eric Rouach in Israel. Er ist Immobilienmakler und hat immer mehr französische Kunden, auf der Suche nach einer Wohnung. Als gebürtiger Parisienne sagt Eric, er sei inzwischen Israeli, nicht mehr so sehr Franzose. Aber trotzdem berührt ihn der Terror:
"Samstag früh habe ich erst mal auf Facebook geschaut, ob in Paris jemand betroffen ist. Viele in Israel haben auf Facebook alles blau-weiß-rot gemacht, aber das finde ich irgendwie scheinheilig. Denn die jüdischen Franzosen hier haben doch nicht mehr viel mit Frankreich zu tun. Ja, das ist alles sehr beunruhigend, aber überraschend ist der Terror nicht."
"Wir in Israel", sagt Eric, "sind doch Terror gewohnt." Ärgerlich findet er es, dass jetzt alle Welt nach Paris schaue. Wenn aber Israel von Terror betroffen sei, dann interessiere das fast niemanden.
Blau-weiß-rot – eine kleine Fahne in den französischen Farben hat Claude Samuel in sein Schaufenster am Habima-Platz gehängt, mit einem Trauerflor. Den Optiker mit der runden schwarzen Brille wühlt der Terror von Paris auf, obwohl er schon 20 Jahre in Israel lebt.
"Traurig aber wahr: Es werden harte Entscheidungen nötig sein. In Frankreich werden sie alle Imame der radikal-islamischen Gruppierungen verhaften müssen. Frankreich braucht aber auch Erziehung, Bildung, die sowohl den christlichen als auch den moslemischen Kindern den Wert der Demokratie und des Lebens erklärt."
Er sei Franzose gewesen, jetzt lebe er in Israel, sagt Claude. Seine Kunden im Laden müssen noch ein bisschen warten, denn der Optiker muss noch erklären, dass Frankreich zu bequem sei, keine Konsequenzen ziehe. Das Land müsse seine Balance finden, zwischen der eigenen Kultur und der muslimischen Minderheit, die sei nicht der Feind. Aber Claude sagt auch:
"Frankreich müsse Frankreich bleiben, vor allem als Rechtsstaat. Die französischen Auswanderer sehen sich als Israelis oder wollen welche werden. Trotzdem schauen sie sorgenvoll nach Frankreich."