Ein Beispiel für die neue Selbstverständlichkeit neuen jüdischen Bauens ist Zvi Hekers Gemeindezentrum in Duisburg: Kühn aufragend und weit ausgreifend ins Stadtentwicklungsgebiet direkt am Hafen, setzt es einen unübersehbaren Akzent. Als Auslöser dieser Entwicklung aber ist wohl das Jüdische Museum von Daniel Liebeskind in Berlin zu betrachten. Das eigensinnige Gebäude, zu dem die Menschen schon vor der Eröffnung massenhaft wallfahrteten, hat die Perspektive auf jüdisches Bauen einschneidend verändert. Auch Libeskind versteckt sein Museumsgebäude nicht, gibt ihm einen dramatisch gezackten Grundriss, wählt auffallende, schießschartenartige Fenster. Ein Ausdruck jüdischer Identität?
Frank O. Gehry pflegt gern die Geschichte seines Architekten-Namens zu erzählen: Er habe früher Guldenberg gehießen, doch seine Frau habe gesagt: Frank, mit so einem Namen wirst du nie berühmt, nenn’ dich z.B. Gehry! Und dies tat der gebürtige Kanadier, als er sich 1962 in Los Angeles niederließ. Bis in die 90er Jahre baute er kein einziges jüdisches Gebäude - bis er eingeladen wurde, in Jerusalem ein riesiges "Museum of Tolerance" zu bauen. Viele Israelis empfinden das derzeit mitten in Westjerusalem entstehende, ähnlich wie "Guggenheim Bilbao" mit hybriden Bauformen spielende - Gebäude keineswegs als Ausdruck jüdischer Identität. Ihnen ist der Sperrzaun, der quer durch Palästina wächst, zur Zeit wichtiger. Dennoch erscheint Gehry’s "Museum of Tolerance" wie ein Hoffnungszeichen im zerrissenen Heiligen Land. Es ist sein erstes vom Inhalt her explizit jüdisches Projekt, formal freilich gehorcht es Gehrys postmoderner Gesinnung. Andere jüdische Architekten, wie zum Beispiel Richard Meyer, haben nie jüdische Gebäude gebaut.
Gibt es also überhaupt so etwas wie jüdische Architektur? Dies verneint die Ausstellung; im Gegenteil, sie beweist augenfällig, dass man keineswegs ein jüdischer Architekt zu sein braucht, um Hervorragendes für jüdische Bauherren oder Bauprojekte zu leisten. Wie z. B. der Italiener Mario Botta, dessen mächtige, vor sechs Jahren vollendete Doppelturm-Synagoge in Tel Aviv schon jetzt zu den weltberühmten Gebäuden gehört. - Worum also geht es, wenn von "jüdischer Identität in zeitgenössischer Architektur" die Rede ist?
Wer die 16 internationalen Positionen betrachtet, die jetzt im Osnabrücker Felix Nussbaum-Museum erste Station machen, kann zweierlei beobachten: Zum einen ist da ein unübersehbar gewachsenes, überall zu Stein werdendes neues Selbstbewusstsein; man zeigt sich wieder. Etwa das Holocaust-Museum von Ralph Applebaum in Houston - ein mächtiger steinerner Turm ragt aus einem schrägen Betonbaukörper; das Ensemble trumpft geradezu trotzig auf gegen seine gesichtslose Umgebung. Auf der anderen Seite fällt auf - auch in Zeiten postmoderner Willkür: das Schrundige, das Zerrissene, gelegentlich gleichsam Schwankende dieser neuen jüdischen Bauwerke; es verbindet Architekten wie Zvi Hecker, Gehry und Libeskind sichtlich.
Es gibt zwar eine uralte jüdische Baugeschichte, vom Tabernakel in der Wüste, über den Tempel in Jerusalem bis Massada. Aber Motive des Tempels oder des Zeltes werden nur selten aufgenommen, wie etwa in der neuen Dresdener Synagoge von Wandel, Hoefer, Lorch + Hirsch. Kein Wunder, denn stilistisch ist eine jüdische Bau-Identität kaum dingfest zu machen. Seit ihrer Emanzipation im 19. Jahrhundert suchen die Juden nach ihrem spezifischen Baustil.
Romanik und Gotik waren besetzt von der Kirche, x Elemente davon konnten nur in Abstraktionen adaptiert werden. So verfiel man - wie etwa bei der großen Berliner Synagoge - auf den orientalischen Stil. Doch aus heutiger Sicht sind orientalisch-maurische Formen längst vom Islam besetzt. Und so scheint man nach wie vor auf der Suche nach neuen Bauformen. Wodurch also könnte jüdische Identität verkörpert werden? Diese aktuelle Auswahl gibt die einzig zutreffende Antwort: Das Metropolitane wie auch das Nomadische sucht sich die ihm angemessene, würdige Form.
Frank O. Gehry pflegt gern die Geschichte seines Architekten-Namens zu erzählen: Er habe früher Guldenberg gehießen, doch seine Frau habe gesagt: Frank, mit so einem Namen wirst du nie berühmt, nenn’ dich z.B. Gehry! Und dies tat der gebürtige Kanadier, als er sich 1962 in Los Angeles niederließ. Bis in die 90er Jahre baute er kein einziges jüdisches Gebäude - bis er eingeladen wurde, in Jerusalem ein riesiges "Museum of Tolerance" zu bauen. Viele Israelis empfinden das derzeit mitten in Westjerusalem entstehende, ähnlich wie "Guggenheim Bilbao" mit hybriden Bauformen spielende - Gebäude keineswegs als Ausdruck jüdischer Identität. Ihnen ist der Sperrzaun, der quer durch Palästina wächst, zur Zeit wichtiger. Dennoch erscheint Gehry’s "Museum of Tolerance" wie ein Hoffnungszeichen im zerrissenen Heiligen Land. Es ist sein erstes vom Inhalt her explizit jüdisches Projekt, formal freilich gehorcht es Gehrys postmoderner Gesinnung. Andere jüdische Architekten, wie zum Beispiel Richard Meyer, haben nie jüdische Gebäude gebaut.
Gibt es also überhaupt so etwas wie jüdische Architektur? Dies verneint die Ausstellung; im Gegenteil, sie beweist augenfällig, dass man keineswegs ein jüdischer Architekt zu sein braucht, um Hervorragendes für jüdische Bauherren oder Bauprojekte zu leisten. Wie z. B. der Italiener Mario Botta, dessen mächtige, vor sechs Jahren vollendete Doppelturm-Synagoge in Tel Aviv schon jetzt zu den weltberühmten Gebäuden gehört. - Worum also geht es, wenn von "jüdischer Identität in zeitgenössischer Architektur" die Rede ist?
Wer die 16 internationalen Positionen betrachtet, die jetzt im Osnabrücker Felix Nussbaum-Museum erste Station machen, kann zweierlei beobachten: Zum einen ist da ein unübersehbar gewachsenes, überall zu Stein werdendes neues Selbstbewusstsein; man zeigt sich wieder. Etwa das Holocaust-Museum von Ralph Applebaum in Houston - ein mächtiger steinerner Turm ragt aus einem schrägen Betonbaukörper; das Ensemble trumpft geradezu trotzig auf gegen seine gesichtslose Umgebung. Auf der anderen Seite fällt auf - auch in Zeiten postmoderner Willkür: das Schrundige, das Zerrissene, gelegentlich gleichsam Schwankende dieser neuen jüdischen Bauwerke; es verbindet Architekten wie Zvi Hecker, Gehry und Libeskind sichtlich.
Es gibt zwar eine uralte jüdische Baugeschichte, vom Tabernakel in der Wüste, über den Tempel in Jerusalem bis Massada. Aber Motive des Tempels oder des Zeltes werden nur selten aufgenommen, wie etwa in der neuen Dresdener Synagoge von Wandel, Hoefer, Lorch + Hirsch. Kein Wunder, denn stilistisch ist eine jüdische Bau-Identität kaum dingfest zu machen. Seit ihrer Emanzipation im 19. Jahrhundert suchen die Juden nach ihrem spezifischen Baustil.
Romanik und Gotik waren besetzt von der Kirche, x Elemente davon konnten nur in Abstraktionen adaptiert werden. So verfiel man - wie etwa bei der großen Berliner Synagoge - auf den orientalischen Stil. Doch aus heutiger Sicht sind orientalisch-maurische Formen längst vom Islam besetzt. Und so scheint man nach wie vor auf der Suche nach neuen Bauformen. Wodurch also könnte jüdische Identität verkörpert werden? Diese aktuelle Auswahl gibt die einzig zutreffende Antwort: Das Metropolitane wie auch das Nomadische sucht sich die ihm angemessene, würdige Form.