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Jüdisches Leben in Russland
Noch immer auf der Hut

Viele Juden loben, dass sich das religiöse Leben im heutigen Russland besser als je zuvor entfalten kann. Doch euphorisch werden sie nicht. Sie fürchten, dass sie unter der Isolierung Moskaus leiden könnten und der Antisemitismus zurückkehrt, wenn der Staat sich einen neuen Feind sucht.

Von Sabine Adler |
    Ein Mann betet in einer Synagoge in Moskau.
    Ein Mann betet in einer Synagoge in Moskau. (AFP / Natalia Kolesnikova)
    Mehrfach täglich erinnert derzeit das russische Fernsehen an die letzten Monate des Zweiten Weltkrieges, der in Russland der "Große Vaterländische Krieg" genannt wird: "Das sowjetische Informationsbüro meldet: In der Nacht zum 19. März griffen unsere Bombenflugzeuge Militärobjekte in den Städten Danzig, Gdingen und Königsberg an. Infolge der Angriffe brach Feuer aus. Einheiten der Ersten Weißrussischen Front griffen heute Stadt und Festung Küstrin an der Oder an. Am heutigen Tag verloren die Deutschen 134 Panzer. In Luftkämpfen und durch Flak-Artillerie wurden neun Flugzeuge des Gegners vernichtet."
    Dokumentationen, Diskussionen und Filme im Fernsehen, Plakate, Fahnen allerorten. Nun haben sich in die russischen Vorbereitungen zum 70. Jahrestag des Sieges über Hitler-Deutschland am 9. Mai Stimmen gemischt, die man mit diesem Feiertag nicht sofort in einen Zusammenhang bringt: Die der Juden Russlands. German Sachajajew, Mitglied im Präsidium des Russischen Jüdischen Kongresses, hat vorgeschlagen, den Tag des Kriegsendes in den jüdischen Feiertagskalender aufzunehmen. Eine Idee, für die er zu Hause Werbung macht, aber auch in Israel und sogar - wie hier - in den USA:
    "Es soll der Sieg, die Rettung gefeiert werden. Diejenigen, die überlebt haben, sind schließlich gerettet worden. Denn es sollte ja das ganze jüdische Volk vernichtet werden. Überraschenderweise haben viele meine Idee unterstützt. Der Oberrabbiner Lau in Israel zum Beispiel. Er hat den Holocaust überlebt."
    Immer mehr jüdische Schulen eröffnen
    In einer Gasse, wenige Schritte von der Zentrale des russischen Geheimdienstes FSB entfernt, liegt die Moskauer Hauptsynagoge. Ein Bau, der äußerlich genauso gut ein Theater oder eine Akademie sein könnte. Auf Plakaten wird ratsuchenden jüdischen Eltern Hilfe angeboten: "Wie bereite ich meine Tochter auf ein Leben als gute jüdischen Ehefrau vor?", steht da beispielsweise.
    Pinchas Goldschmidt ist in der Moskauer Choral Synagoge, wie sie offiziell heißt, der Oberrabbiner. Der Schweizer hat mit seiner amerikanischen Ehefrau sieben Kinder, seit 25 Jahren leben sie in der russischen Hauptstadt. Vor seinem Büro wartet ein Ehepaar mit einem etwa 12-jährigen Sohn. Der behinderte Vater sitzt in einem altmodischen Rollstuhl, die Mutter schiebt den Sohn, der in die jüdische Schule wechseln soll, nach vorne, damit sich Rabbi Goldschmidt den Jungen anschauen kann.
    "Welche Feiertage feiert Ihr?", fragt der Rabbiner. "Jüdische", sagt der Junge. "Nur jüdische? Wie ist dein Name?" - "Leonid." - "Na gut, morgen geben wir Bescheid." Der Vater fragt: "Sollen wir Sie anrufen?" - "Ja."
    Der Junge aus der sichtbar armen Familie hat gute Chancen. Plätze sind vorhanden, seitdem immer mehr Schulen eröffnet werden. Rabbi Goldschmidt misst den Schulen weit größere Bedeutung zu für die Wiederbelebung des jüdischen Lebens in Russland als den Synagogen.
    Der Präsident der europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, der europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, spricht in der Beth-Zion-Synagoge in Berlin bei einer Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Pogromnacht von 1938.
    Der Präsident der europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt. (picture alliance / dpa / Stephanie Pilick)
    "Es gibt jüdische Schulen und Kindergarten. Heute gibt es mehr als 30 Synagogen in Moskau. Als ich nach Moskau kam, gab es nur zwei Synagogen. Aber das wichtigste sind nicht die Synagogen, sondern die Schulen. Weil die meisten sowjetischen oder ex-sowjetischen Juden säkular sind. Sie kommen nicht in eine Synagoge. Aber die jüdische Identität ist das wichtigste in der Erziehung in den jüdischen Schulen. In der Ex-Sowjetunion gibt es jüdische Staatsschulen, die vom Staat Subventionen erhalten. Und das ist einer der wichtigsten Faktoren der heutigen jüdischen Renaissance in Moskau."
    Würdigung für jüdische Soldaten
    Die vielen neuen jüdischen Einrichtungen und Organisationen werden sowohl vom russischen Staat als auch von zum Teil äußerst wohlhabenden jüdischen Unternehmern finanziert. Wie von German Sachajajew, der den 9. Mai auch zum jüdischen Feiertag machen möchte. Rabbi Goldschmidt begrüßt an sich die Initiative.
    "Diese Initiative von Sachajajew hat hier sehr viel Anklang gefunden und auch im Westen. Am Tag des Endes der Schoah ist das auch der Tag der Würdigung der jüdischen Soldaten, die in den alliierten Armeen gekämpft haben. Wir reden von über 200.000 jüdischen Soldaten, die in der Roten Armee gekämpft haben und gefallen sind, wir reden von rund 30.000 amerikanische Soldaten und noch von rund 10.000 jüdischen Soldaten in der polnischen Armee von Anders. Und dann noch Tausende in der französischen und britischen Armee, die gefallen sind."
    Aber: So sehr der Rabbi das Erinnern an das Ende des Zweiten Weltkrieges unterstützt, so wenig kann er sich den 9. Mai als einen Feiertag im jüdischen Kalender vorstellen. "Also, wir können nicht von einer Feier reden. Es war kein "Djen Pobeda" oder "Victory day". Für uns war das das Ende der Hölle, das Ende des Holocaust. Wir haben nichts gewonnen, wir haben ein Drittel unseres Volkes verloren."
    Die Urgroßeltern des Rabbi sind im Holocaust getötet worden. Als er kurz vor dem Ende der Sowjetunion nach Moskau kam, bemerkte er einen wesentlichen Unterschied im Umgang mit der Schoah. "Für die Juden in Europa bedeutete der Holocaust, die Schoah: Wir waren die Opfer. Für das russische Judentum waren sie auch die Opfer, aber auch die Kämpfer. Wir sehen die Schoah als Kinder und Enkel von Opfern. Juden in der Sowjetunion kannten überhaupt nicht den Begriff von den sechs Millionen. Das wussten sie nicht. Ich erinnere mich, hier in der Großen Synagoge hat man nicht vom Holocaust gesprochen, nicht von der Schoah, man hat gesprochen vom Großen Krieg gegen die Faschisten. Wir kämpften zusammen in der Roten Armee, gegen die Nazis. 500.000 Juden haben gegen die Nazis mitgekämpft. 130.000 Juden kamen um im Kampf und 70.000 oder 80.000 kamen um im KZ, als Kriegsgefangene. Deshalb ist für das ex-sowjetische Judentum die Schoah nicht nur als Opfer, sondern vielmehr: Wir haben gekämpft und wir haben gewonnen."
    "Heute können Juden tun, was sie möchten"
    Wenige Tage vor dem diesjährigen Pessachfest strömen Moskauer Juden in die Obraszowa-Straße. Hier gleich neben dem neuen "Museum für Toleranz", im "Jüdischen Sozialzentrum", bekommen Bedürftige das Getreide für das traditionelle Matzebrot kostenlos. Die Gemeinde kümmert sich um ihre Mitglieder. Weit über 600 jüdische Organisationen ganz unterschiedlicher Art gibt es gegenwärtig in Russland. Nie sei es den Juden so gut gegangen wie im heutigen Russland, sagt Michail Tschlenow vom Eurasischen Jüdischen Kongress:
    "Heute können Juden tun, was sie möchten: Willst du nach Israel oder wohin auch immer ausreisen? Bitte! Willst du an zwei Wohnorten leben? Tu es! Willst du eine Synagoge eröffnen? Wenn du Geld hast, mach sie auf! Genauso mit einer Schule. Es gibt keine Hindernisse. Ob zu Sowjet- oder zu Zarenzeiten oder im 19. Jahrhundert - Juden wurden immer diskriminiert. Heute nicht mehr. Man muss anerkennen, dass es Juden heute in Russland so gut geht wie noch nie in der Geschichte des Landes."
    Mehr als 156.000 Personen bezeichnen sich heute in Russland als Juden, die allermeisten haben das Land verlassen, nach dem Ende der Sowjetunion rund zwei Millionen Juden. Sie glaubten nicht an ein gutes Leben in ihrer Heimat. Michail Tschlenow harrte aus. Er machte zu Beginn des Ukraine-Konfliktes eine überraschende Feststellung: "Es ist etwas - historisch gesehen - ganz Erstaunliches passiert: Man bezichtigt sich gegenseitig, Antisemiten zu sein. Russland beschuldigt die Ukraine und will ukrainische Juden retten. Und die Ukraine: Wirft Russland Antisemitismus vor. Genaugenommen gibt es weder da noch dort einen besonders besorgniserregenden Antisemitismus."
    Ein Davidstern über einer Synagoge
    Mehr als 156.000 Personen bezeichnen sich heute in Russland als Juden (Picture Alliance / dpa / Jan Woitas)
    Kaum Attacken auf jüdische Einrichtungen
    2014 verzeichneten der Euroasiatische Jüdische Kongress und die jüdischen Organisationen in der Ukraine auf dem gesamten Territorium der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten insgesamt fünf Gewalttaten, die als antisemitisch eingestuft worden seien, sagt Michail Tschlenow. Sie alle seien in der Ukraine geschehen. Wenn man bedenke, dass dort Krieg herrsche, sei es erstaunlich, dass es nur fünf Zwischenfälle gegeben habe. Die von Russland beschworene Gefahr der so genannten "faschistischen Junta" in Kiew, vor der Juden hätten fliehen oder geschützt werden müssen, konnten weder Vertreter von jüdischen Organisationen noch der Moskauer Rabbi Pinchas Goldschmidt erkennen: "Das war alles andere als überzeugend."
    "Wo gab es ein Pogrom, wo sind die Toten? Wo sind die Verletzten, in welchem Spital sind sie? Warum gibt es nicht 5.000 Demonstranten vor der ukrainischen Botschaft in New York oder Tel Aviv? Es gab im Maidan rechtsextreme Gruppen, die dort waren, das stimmt. Es gab drei oder vier Attacken gegen Synagogen in Kiew und anderen Plätzen. Der Antisemitismus ist überall ein Problem, nicht nur in der Ukraine. Aber bei der Präsidentschafts- und Parlamentswahl hatten die extremen Rechten weniger als ein Prozent. Und der offizielle Kandidat der jüdischen Gemeinde, Wadim Rabinowitsch, hat zweimal mehr, nämlich zwei Prozent erhalten."
    Beide, die loben, dass sich das jüdische Leben im heutigen Russland besser als je zuvor entfalten kann, werden beim Stichwort "Ukraine-Krieg" vorsichtig, vermeiden jede offene Kritik an der vom russischen Präsidenten initiierten Annexion der Krim ebenso wie an der Unterstützung der Aufständischen in der Ostukraine mit Waffen und Kämpfern:
    "Die Juden verstehen sich nicht als Teil dieses Konfliktes. Unsere Position ist die einer positiven Neutralität. Wir beobachten alles mit Sorge, auch das Schicksal der jüdischen Gemeinde in der Ostukraine. Wir machen keiner der Seiten Vorwürfe. Der Konflikt zielt nicht auf Juden als einzelne Gruppe."
    Der Funktionär geht noch einen Schritt weiter, um zu erklären, warum sich dieser Konflikt für Juden nicht dafür eigne, sich besonders zu positionieren: "Der ukrainische Konflikt ist nach meinem Verständnis ein Familienzwist. Ukrainer und Russen betrachten sich als Brüder, noch immer. Und wir wissen ja, dass sich Brüder häufig gegenseitig umbringen. Aber Juden werden nicht als Brüder angesehen. Und wenn die Brüder fertig sind mit ihrem Kampf, werden sie einen Wodka trinken und fragen: Wer hat sich das eigentlich ausgedacht, waren das nicht die Juden? Ich bin absolut überzeugt davon, dass das so kommt, das sehen wir doch jetzt schon."
    Kein Kampf gegen Antisemitismus
    Ludmila Ulitzkaja, eine der wichtigsten Schriftstellerinnen Russlands, beklagt, dass der Kampf gegen Antisemitismus in Russland zu keiner Zeit geführt worden sei. Kurz vor einer Lesereise ergänzt sie rasch noch per Telefon:
    "Das ist ein im ganzen Volk verbreiteter Antisemitismus, den es schon sehr lange gibt, mit dem man sich aber nie auseinandersetzt hat. Es ist eines von vielen Problemen, vor denen man einfach die Augen verschließt. Der Staat greift heute nicht auf Antisemitismus zurück, aber wenn er es täte, würde er sofort in die Gesellschaft zurückkehren. Ich bekomme bis heute Briefe, in denen steht: 'Ulitzkaja, hau ab in Dein Israel!', was doch heißt, dass der Antisemitismus existiert."
    Seit zehn Jahren gibt sie Broschüren für Jugendliche heraus, in denen sie für Toleranz wirbt. "Viele Menschen in Russland kennen das Wort 'Toleranz' nicht und verstehen es nicht. Toleranz fehlt uns völlig." Dass Juden in Russland wie auch in der Ukraine keine einheitliche Position zu dem Krieg im Donbass einnehmen, bestätigt sie. "Mir ist diese Position unangenehm. Schließlich bin ich Bürgerin Russlands. Man muss doch sagen, dass das unser Krieg ist, den Russland in die Ukraine getragen hat. Die Gesellschaft ist kolossal gespalten wegen der Krim und Russlands Politik und das hat nichts mit der Nationalität zu tun."
    Dass Juden heute nicht diskriminiert würden wie zu Sowjet- oder Zarenzeiten, stimme zwar, habe aber nicht wirklich mit einem neuen Demokratieverständnis oder Minderheitenschutz zu tun, sondern lediglich damit, dass heute jemand anders als Feind herhalten müsse.
    "Der Staat dirigiert völlig die öffentliche Meinung und vermag es, den Hass und Ärger in eine beliebige Richtung zu lenken. Vor zehn Jahren wurde der Pfeil auf die kaukasischen Völker gerichtet. Und diese Manipulation, wer jetzt gerade der nationale Feind ist, besteht ständig. Heute sind die Juden tatsächlich nicht die nationalen Feinde. Heute sind die Feinde außerhalb Russlands. Es gibt hier einen Anti-Amerikanismus, den man selbst im Kalten Krieg so nicht kannte. Dieser Pfeil zielt heute in der Tat auf ein anderes Objekt."
    Angst vor der russischen Isolation
    Matwej Tschlenow hat die Geschichte der jüdischen Untergrundliteratur zu Sowjetzeiten erforscht. Der Moskauer Historiker, Mitte 30, macht sich seit einem guten Jahr deutlich mehr Sorgen um seine jüdische Zugehörigkeit. Nun treibt ihn der zunehmende Isolationskurs der russischen Regierung um:
    "Mich und viele andere Juden beunruhigt die selbst gewählte Isolierung, denn in Deutschland leben mittlerweile genauso viele russische Juden wie hier. Mein Bruder ist in den USA, meine Schwester in Israel, und ich hoffe inständig, dass Russland ein freies und offenes Land bleibt, das seinen Bürgern erlaubt zu reisen und mit dem Rest der Welt in Kontakt zu bleiben."
    Der junge Historiker beobachtet, dass sich seit der Annexion der Krim und den Kämpfen im Donbass der Umgang mit Gewalt in Russland verändert hat: "Viele Leute glauben jetzt aufgrund der Lage in der Ukraine, dass es normal geworden ist, Probleme gewaltsam zu lösen. Da ist ein Tabu gebrochen worden, das eine potenzielle Gefahr für Russland insgesamt darstellt - und speziell für die jüdische Minderheit."
    Soldat vor zerstörter Kirche im ukrainischen Dorf Pisky.
    "Viele Leute glauben jetzt aufgrund der Lage in der Ukraine, dass es normal geworden ist, Probleme gewaltsam zu lösen" (imago/stock&people/EST&OST)
    Nur leise Kritik
    Der amtierende Präsident Wladimir Putin wuchs im damaligen Leningrad inmitten von Juden auf. Juden bildeten die größte nationale Minderheit in den sowjetischen Städten. Putins Judo-Trainer, sein Deutschlehrer, viele Nachbarn in der Gemeinschaftswohnung waren Juden.
    "Sowohl unter Putins Feinden wie unter seinen Freunden befanden und befinden sich Juden. Die Oligarchen Wladimir Gusinskij, Boris Beresowskij und Michail Chodorkowskij, waren persönliche Feinde Putins. Die Oligarchen Boris Rotenberg, Gennadi Timtschenko oder Roman Abramowitsch dagegen gelten als ihm nahe stehend, gehören zur engeren Umgebung Putins."
    Dass Putin am 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz in Moskau das "Museum für Toleranz" besucht hat, rechnet ihm Rabbi Goldschmidt hoch an. In Russland, wo die Zivilgesellschaft schwach sei, wiege ein solches Zeichen doppelt schwer. Doch dass wenig später ein vom Kreml geduldetes Treffen der europäischen Ultrarechten in Sankt Petersburg stattfand, habe neue Verunsicherung ausgelöst. Einige jüdische Organisationen kritisierten die Petersburger Versammlung von Neofaschistischen und Rechtsextremen, doch ihre Kritik fiel nicht grundsätzlich aus, man hielt sich zurück. Pinchas Goldschmidt, der auch Präsident der europäischen Rabbiner-Konferenz ist, bleibt lieber auf der Hut:
    "Vorsicht ist immer eine gute Idee. Als wir den russischen Jüdischen Kongress 1996 organisiert haben, wurde auch der damalige junge Vize-Premier Nemzow eingeladen mitzumachen. Aber er hat abgesagt. Seine Mutter hatte ihm gesagt, dass es gefährlich wäre, in Russland eine jüdische Gemeinde aufzubauen. Leute, nicht nur in der Opposition, auch Kreml-treue Politiker, Juden, glauben, dass es besser wäre, das Judentum zu verschweigen und zu verstecken. Der Platz der Ermordung Nemzows war symbolisch: Zwischen der Kreml-Mauer, der Basilius-Kathedrale und der israelischen Botschaft. Für viele russische Juden heute ist jetzt die Frage, wo wir sind: Sollen wir näher zur Kathedrale gehen oder näher zur israelischen Botschaft?"