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"Jugend forscht"-Gewinnerin Ilona Schulze
"Andere gingen reiten, ich ging ins Labor"

Ilona Schulze hat 1967 beim Wettbewerb "Jugend forscht" den Bundessieg in der Kategorie Chemie geholt. Später wurde sie Lehrerin und trieb die Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Unterrichts voran. Und auch jetzt, wo sie pensioniert ist, lässt sie das Thema Naturwissenschaft im Unterricht nicht los.

Von Michael Böddeker |
    1967 holte Ilona Schulze in der Kategorie Chemie den Bundessieg beim Wettbewerb "Jugend forscht"
    1967 holte Ilona Schulze in der Kategorie Chemie den Bundessieg beim Wettbewerb "Jugend forscht" (Michael Böddeker / Afanasia Zwick)
    Ilona Schulze hat sich schon immer für die Naturwissenschaften interessiert. 1967 macht sie deshalb mit einem eigenen Experiment bei "Jugend forscht" mit. Die 16-Jährige gehört damals zu den ersten Teilnehmern des Wettbewerbs.
    "Der Jugend-forscht-Wettbewerb hatte gerade begonnen, war also der zweite Jahrgang quasi, an dem ich teilgenommen habe, und das habe ich über eine Lehrerin erfahren."
    Ihre Eltern fanden das gut.
    "Ich glaube, Eltern sind immer froh, wenn 16-jährige Mädchen etwas haben, womit sie sich beschäftigen. Dann weiß man auch, wo sie sind. Und wenn sie dann in Ruhe in der Schule forschen, ist das ja auch keine schlechte Sache für Eltern. Andere gingen reiten, und ich ging halt ins Labor."
    Dort forscht die Schülerin an Pflanzen. Ihre Fragestellung: Wie wirken sich verschiedene Umweltbedingungen auf den Vitamin-C-Gehalt von Gartenkresse aus - zum Beispiel Dünger oder Umweltverschmutzung?
    "So eine Fragestellung, die zu der damaligen Zeit noch nicht in aller Munde war, weil man eben eher auf Wachstum und nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet war."
    "Und man hatte immer so den Eindruck, es geht alles immer höher, besser, schneller weiter. Und dann dachte ich mir irgendwie, muss es aber doch auch irgendwelche Ergebnisse in der Natur hinterlassen, wenn man stark düngt."
    Populär dank Kresse
    "Heutzutage ist das eine Selbstverständlichkeit, und da würde man sicher keine Preisgelder mehr mit gewinnen."
    Viele Zeitungen berichten damals über Ilona Schulzes Sieg bei "Jugend forscht".
    "Ilona holt sich den Bundessieg."
    "Ilona und das Geheimnis der Gartenkresse."
    "Kressen-Ilona freut sich auf Amerika."
    "Mit Grips und Gold nach San Francisco."
    "Was natürlich auch das Highlight war, war hinterher auch die Reise."
    Die Bundessieger von "Jugend forscht" werden nämlich nach dem Wettbewerb rund um die Welt geschickt. Ilona Schulze und die drei etwas älteren männlichen Gewinner fliegen nach Nordamerika - zur Weltausstellung nach Montreal und auf einen Wissenschaftswettbewerb nach San Francisco.
    "Jugend forscht" machte Mut aufs Studium
    Der Sieg bei "Jugend forscht" ist der Startschuss für ein ganzes Leben, in dem Ilona Schulze versucht, den naturwissenschaftlichen Unterricht zu verbessern. Zurück in der Deutschland studiert sie dafür zunächst Chemie und Physik.
    "Ich war mir eigentlich sehr früh schon sicher, dass ich Lehrerin werden will. Ich hätte mich damals aber ohne die Teilnahme bei "Jugend forscht" nicht getraut, Naturwissenschaften zu studieren. Da wusste ich nicht, ob ich das machen kann. Ich habe Chemie und Physik gemacht, und Erdkunde als Fach. Aber mit dem Sieg im Hintergrund dachte ich mir, dann kriegst du das auch noch hin. Dann habe ich's gemacht, und habe das auch nie bereut, weil das eben auch so schöne Fächer sind, wo sie über das Experiment schon direkt motivieren können. Und ich bin halt jemand, der sehr gerne Experimente macht."
    Lernen mit kleinen Experimenten
    Einige kleine physikalische Spielzeuge aus dem Schulunterricht stehen noch heute auf Ilona Schulzes Schreibtisch. Zum Beispiel der Klassiker: fünf Metallkugeln, die an Fäden nebeneinander hängen. Stößt links eine Kugel dagegen, wird die rechtsaußen liegende Kugel abgestoßen.
    "Und das kann man in der Physik sehr schön berechnen, als Beispiel für Impulserhaltung."
    Mit kleinen Experimenten Schülern etwas beibringen - das liegt Ilona Schulze.
    "Es hat mir immer Spaß gemacht, wenn ich mich mit Kindern unterhalten habe, und konnte denen irgendwas erklären, und die leuchtenden Augen der Kinder, wenn die was verstanden haben. Das hat mich einfach fasziniert, wenn man das so hinkriegen kann. Nicht als der einzelne Forscher selber, aber als Multiplikator für die Sache selber dabei tätig ist."
    Obwohl Ilona Schulze so gerne unterrichtet, wechselt sie im Laufe ihrer Karriere öfter mal die Seiten. Zum Beispiel geht sie für einige Jahre ins Schulministerium. Ein weiterer Seitenwechsel: Als Schülerin ist Ilona Schulze nervös, als die "Jugend forscht"-Jury an ihren Stand kommt. Später darf sie dann als Jury-Mitglied selbst Nervosität verbreiten.
    "Tja, da war man in einer anderen Rolle. Hat aber immer versucht, möglichst wenig Angst und Schrecken zu verbreiten. Aber dass das immer mit einer gewissen Anspannung verbunden ist, das bleibt auch so."
    Ideen für die Zukunft
    Außerdem arbeitet die Lehrerin einige Jahre in der Kölner Bezirksregierung. Dort berät sie Schulen dazu, wie man einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt einrichtet.
    "Es ist ja schwierig, wenn jeder das Rad neu erfindet. Es ist ja viel, viel einfacher, wenn irgendwo die ganzen Modelle zusammenkommen, und man kann dann demjenigen, der etwas Neues machen will, schon mal sagen, wo die Erfahrungen sind, damit sie nicht alle die gleichen Anfangsfehler machen."
    Seit ihrer eigenen Schulzeit in den 60er-Jahren habe sich zwar schon viel getan, sagt sie. Aber sie hat auch noch Ideen für die Zukunft.
    "Ich würde gerne ein Schüler-Forschungszentrum aufmachen, wo Schüler der verschiedensten Schulen dann kommen können, die Interesse haben daran, und die dort dann eben auch "Jugend forscht" arbeiten, oder auch andere Dinge machen können. Muss nicht unbedingt im Wettbewerb enden. Kann ja auch für einen selber sein. Da sind die Kinder ja auch ganz unterschiedlich in ihren Wünschen. Das fänd ich toll. Ein schönes großes Schülerlabor."