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"Jugend forscht"-Siegerin Katja Schmitz
"Am Ende wollte ich alle Fachgebiete durchbekommen"

Was "Jugend forscht" angeht, ist Katja Schmitz eine Serientäterin: In allen sieben Fachrichtungen des Wettbewerbs hat sie teilgenommen - und dabei jedes Mal gewonnen. Sie wurde zur wissenschaftlichen Allrounderin, die sich schließlich doch für ein Fachgebiet entschieden hat.

Von Afanasia Zwick |
    Katja Schmitz ist heute Professorin für Biologische Chemie an der Technischen Universität Darmstadt
    Katja Schmitz ist heute Professorin für Biologische Chemie an der Technischen Universität Darmstadt (Afanasia Zwick / Michael Böddeker)
    "Wenn es in irgendeiner Unterhaltung um was auch immer geht, es gibt immer einen Bezug zur Biochemie. Weil das eine Disziplin ist, die sehr viel mit unserem täglichen Leben zu tun hat. Von Ernährungsgewohnheiten, zu Krankheiten, zu Dingen, die man draußen in der Natur beobachtet."
    Die Welt verstehen, wollte die 36-jährige Chemie-Dozentin schon immer, sagt sie. Seit dreieinhalb Jahren ist Katja Schmitz Professorin an der Technischen Universität Darmstadt und leitet den Arbeitskreis für Biologische Chemie. Sich irgendwann auf ein Wissensfeld beschränken zu müssen, sei das einzig Blöde an so viel Neugierde:
    "Ich habe in meinem Leben viel mit Entscheidungen gerungen, weil ich mich irgendwie für alles interessiert habe. Wie die Natur um mich herum funktioniert oder was in der Geschichte von antiken Völkern passiert ist. Wenn das dann zufällig einen Überlapp zum Schulstoff hatte, dann wusste ich halt wieder mehr als die anderen, aber nicht weil ich systematisch nach dem Lehrplan irgendwas vorgelernt hätte, sondern weil das interessant war."
    Als Einzelkind hatte sie nicht nur viel Freiraum, erzählt sie. Sondern ihre Eltern, die beide keinen akademischen Abschluss haben, hatten ihr Forschertalent auch immer hingebungsvoll unterstützt - denn direkt nach der ersten Teilnahme bei "Jugend forscht" packte sie das Wettbewerbsfieber:
    "Wann war immer der Wettbewerb? Im Februar. Dann war irgendwann im Januar Einsendeschluss, das waren dann immer so Nachtschichtaktionen, wo dann auf dem letzten Blatt die Tintenpatrone leer war oder der Drucker das Papier gefressen hat, sodass wir dann nicht mehr in der Postfiliale in Andernach, sondern irgendwo in Koblenz die Dinger einwerfen mussten, damit die noch den richtigen Poststempel hatten."
    Siebenmal mit Erfolg
    Sieben Jahre lang das gleiche Spiel. Und siebenmal mit Erfolg - jede ihrer Teilnahmen: ein Sieg. Auf Landesebene gewann die Schülerin immer den ersten Platz, auf Bundesebene kam sie meistens unter die besten fünf, oder gewann Sonderpreise wie Exkursionsreisen oder Studienaufenthalte:
    "Nach dem Wettbewerb war für mich immer vor dem nächsten Wettbewerb. Und gut, ich gebe zu, am Ende hatte ich auch den Ehrgeiz, alle Fachgebiete durchzubekommen."
    Mit insgesamt zehn Projekten ist die Pfälzerin bei "Jugend forscht" angetreten. Die Projektideen sprudelten nur so aus ihr heraus. Alles, was sie im Alltag beobachtete und spannend fand, untersuchte sie: Weshalb zum Beispiel verzieht man das Gesicht, wenn man in Rhabarber beißt? Schmitz testete und stellte vor: "Auf den Spuren der Oxalsäure" - ihr Wettbewerbsbeitrag 1995:
    "Wir hatten mehrere Lehrer, die da sehr unterstützend waren, die mich dann nachmittags in die Chemiesammlung gelassen haben, damit ich da ein paar Versuche machen konnte, oder die mir geholfen haben, an Geräte oder an Geräte oder Chemikalien zu kommen, an die man normalerweise nicht rankommt."
    "Später haben wir uns abgesprochen"
    Aber das Wichtigste war für sie der Kontakt zu anderen Jungforschern. Mit ihnen konnte sie sich austauschen und oft wurden aus Konkurrenten Freunde. Sich beim Wettbewerb gegenseitig auszustechen, versuchten sie zu vermeiden:
    "Da hatten wir dann auch in den ersten Jahren immer im gleichen Fachgebiet die Projekte. Dann später haben wir uns abgesprochen, damit wir uns da nicht gegenseitig im Weg stehen. Weil ja dann normalerweise immer nur einer zum Wettbewerb weiterkommen kann."
    Während Katja Schmitz erzählt und dabei Kaffee trinkt, überlegt sie, wie es nach "Jugend forscht" überhaupt weiterging. Dass sie studierte, war klar. Die Studienfachwahl fiel ihr anfangs aber schwer. Für Chemie hat sie sich schließlich entschlossen, weil sie sich damit die meisten Chancen auf dem Arbeitsmarkt versprochen hat.
    Oxford, Harvard, Costa Rica - und dann nach Darmstadt
    Und sie behielt recht: Nachdem sie in Regelstudienzeit ihre Prüfungen abgelegt und zwischendurch noch ein Auslandssemester in Oxford absolviert hatte, promovierte sie in Harvard. Mit ihrem Abschluss wäre Katja Schmitz von vielen Unternehmen, besonders aus der Industrie, mit Handkuss genommen worden. Doch mit 28 Jahren entschied sie sich für die Wissenschaft:
    "Es gab da so ein Schlüsselerlebnis. Als ich Postdoktorandin war und da auf einem Workshop in Costa Rica war, da war halt diese ganze Gruppe von internationalen Teilnehmern, die da durch das Labor wuselten und irgendwo sprühte da alles vor Begeisterung. Und in dem Moment habe ich gedacht: Wow, das ist! So das, was Forschung ausmacht: also diese geteilte Begeisterung für irgendein Forschungsthema, und man ist im Grunde mit den Händen mit dabei."
    Wissensdurstig ist Katja Schmitz noch immer. Jetzt will sie aber vor allem die Erfahrung, die sie durch "Jugend forscht" gewonnen hat, an ihre Studierenden weitergeben. Dafür ist sie in einem Mentoren-Programm, in dem sie ihren Schützlingen unter anderem erklärt, wie man wissenschaftliche Themen attraktiv und allgemein verständlich präsentiert:
    "Weil es so ein bisschen zurückgeben ist. Jetzt einer neuen Generation das Wissen weiterzugeben, das ist schon eine wahnsinnig schöne Sache."