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Jugendberufsagenturen
Beratung unter einem Dach

Wie weiter nach dem Schulabschluss? Unterschiedlichste Antworten bekommen junge Menschen an vielen Orten. Am praktischsten wäre aber eine Beratung unter einem Dach. Dieses Konzept der Jugendberufsagentur wird derzeit in vier Berliner Bezirken in der Praxis getestet.

Von Kemal Hür |
    Eine Beraterin unterhält sich in Hamburg in einer Jugendberufsagentur mit einem Jugendlichen.
    Das Informationsangebot der Jugendberufsagenturen reicht von der Schuldnerberatung über Fragen um Gesundheit und Wohnen bis hin zu Informationen über Beruf und Studium. (dpa / picture alliance / Angelika Warmuth)
    "Hallo, Alperen."
    "Hallo."
    "Ich freue mich, dass Sie da sind und dass es so schnell geklappt hat mit uns beiden. Nun geht's um Berufswahl und studienorientierte Beratung hier und heute. Zeugnis haben Sie mitgebracht. Wie läuft's denn so am Gymnasium im Augenblick?"
    "Soweit so gut. Es sind halt nur die Noten, die nicht so mitmachen."
    Alperen Avci ist 17 Jahre alt. Er ist groß und sportlich gebaut, tritt aber etwas unsicher und schüchtern auf. Nächstes Jahr wird er vermutlich sein Abitur machen. Wie es dann weitergehen soll, das weiß er noch nicht. Deswegen lässt er sich beraten – von Melanie Nassauer in der Jugendberufsagentur in Berlin-Tempelhof.
    "Sehen Sie sich nach dem Abitur eher als Student, oder sehen Sie sich nach dem Abitur eher in der Ausbildung?"
    "Ich hab mir gedacht, erst zur Polizei zu gehen nach meinem Abitur. Und ich weiß nicht, ob man für den gehobenen Dienst studieren muss."
    "Das tut man, ja."
    "Dann hätte ich jetzt gedacht, in den gehobenen Dienst zu kommen. Und falls ich das nicht schaffe, würde ich gerne in den mittleren Dienst gehen, weil ich da halt nur meinen MSA brauche."
    Den mittleren Schulabschluss MSA hat Alperen Avci bereits. Aber sein Wunsch ist es, Kriminalbeamter im gehobenen Dienst zu werden. Ob er mit seinem aktuellen Notendurchschnitt von 3,5 das Abitur bestehen und studieren kann, ist noch unsicher. Melanie Nassauer berät Jugendliche wie Alperen seit vielen Jahren in diesen Fragen. Sie ist Berufsberaterin bei der Arbeitsagentur. Seit gut einer Woche hat ihre Arbeitsstelle einen neuen Namen: Jugendberufsagentur. Hier sollen alle Informationen rund um den Berufsweg unter einem Dach angeboten werden, sagt Nassauer.
    "Es ist die Agentur für Arbeit mit der Berufsberatung, es ist das Jobcenter mit seinen Leistungen und mit der Fallberatung, es ist das Gesundheitsamt, es ist das Sozialamt. Es sollen die Kinder und Jugendlichen Ansprechpartner an einer Stelle vorfinden, so dass sie nicht von Amt zu Amt gehen müssen, sondern das wirklich konzentriert an einem Ort vorfinden."
    Jährlich sollen mindestens 22.000 Jugendliche beraten werden
    In vier Berliner Bezirken wurden solche Jugendberufsagenturen eingerichtet. Bis Ende nächsten Jahres sollen sie in allen zwölf Bezirken entstehen. Sie sollen besonders Jugendliche beraten, die keine Ausbildung begonnen oder diese abgebrochen haben. Im vergangenen Monat waren in Berlin knapp zehn Prozent der Jugendlichen bis 25 Jahre ohne Arbeit. Um diese jungen Menschen will sich die Agentur verstärkt kümmern. Im Jahr sollen mindestens 22.000 Jugendliche beraten werden. Alperen Avci ist einer der ersten, die in der neuen Agentur beraten wurden. In dem einstündigen Gespräch ging es ihm nur um die Berufsberatung. Die Leistungen der anderen Ämter unter dem Dach der Jugendberufsagentur benötigte er nicht. Er verlässt das Gespräch sichtlich zufrieden.
    "Jetzt weiß ich in etwa, was auf mich zukommt, was ich noch alles machen muss und bin ich auch froh darüber, dass ich hergekommen bin. Jetzt soll ich halt diesen Online-Test machen, noch mal bisschen reingucken bei der Polizei, bzw. beim Bankkaufmann, was ich da noch bringen sollte. Dann guckt sie mal, wie wir's machen können am besten."
    Die Beraterin Melanie Nassauer hat dem 17-jährigen Abiturienten Internetseiten empfohlen, auf denen er sich auf den Einstellungstest bei der Polizei vorbereiten und sich über seinen zweiten Berufswunsch Bankkaufmann informieren kann. Die beiden vereinbaren einen Termin und wollen sich Mitte November wiedersehen.
    "Also Alperen, dann verbleiben wir so, wie wir es besprochen haben. Hat mich gefreut, dass Sie heute hier waren und dass es so schnell geklappt hat."
    "Vielen Dank für das Gespräch. Sie haben meinen Horizont erweitert. Und ich freue mich auch auf das kommende Gespräch am 9. November."
    "Tschüss."
    "Tschüss."