Archiv


Jugendliche und ihr politisches Engagement

Gerade mal 21 Jahre jung ist Anna Lührmann heute, Studentin der Politikwissenschaften mit fast zwei Jahren Bundestagserfahrung. Ihr politisches Engagement begann aber schon lange vor ihrem Mandat – in der Grundschule, im hessischen Lich:

Von Agnes Steinbauer |
    " Meine persönlichen Helden waren Greenpeace-Aktivisten, was die da alles so gemacht haben, wie die auch ein Stück weit geschafft haben, die Welt zu verändern. "

    Das wollte Anna auch und gründete in ihrer Klasse das "Greenteam" – eine Jugendgruppe von Greenpeace. Einige Jahre später schockte sie mit ihrer Truppe Besucher auf dem Kasseler Weihnachtsmarkt, als sie im Schutzanzug gegen den Castor zu demonstrierte. Dass sie in die Politik wollte, war ihr sehr früh klar:

    "Mich hat vor allem die Umweltzerstörung aufgeregt und ich wollte selber was daran ändern und nicht immer nur rummeckern. "

    1998 beschloss Anna Lührmann – inspiriert durch eine Veranstaltung bei den Jungen Grünen in Kassel- sich für diese Partei zu engagieren – Schließlich waren Ziele wie Umweltschutz und Kampf gegen eine ungerechte Globalisierung auch ihre Ziele. Dann ging alles – wie das meiste in Annas Leben – ganz schnell. Sie wurde Mitbegründerin und Sprecherin der Grünen Jugend im Main-Taunus-Kreis, Anfang 2002 Beisitzerin im Bundesvorstand der Grünen Jugend und schließlich im Oktober 2002 über die hessische Landesliste regelrecht in den Bundestag "katapultiert". Die lebhafte junge Frau mit der dunklen Brille schmunzelt, wenn sie sich daran erinnert. Was diese rasante Karriere tatsächlich bedeutete – wurde erst später klar: Eine 60- bis 70-Stunden-Woche, jede Menge Akten "fressen", mit 19 Jahren plötzlich Chefin eines Mitarbeiter-Teams - Das fiel anfangs schwer – Auch das große Medieninteresse an ihrer Person und dass sie nicht – wie ihre Freunde – feiern gehen konnte, die Freiheit nach der Schule genießen. Trotzdem: Anna ist am richtigen Platz, davon ist sie heute überzeugt. Wichtig auf dem Weg dahin war für sie:

    "Ich hatte immer sehr gute Lehrer in Sozialkunde und Gemeinschaftskunde. Die haben sich vor allem dadurch ausgezeichnet, dass sie aktuelle Themen, die in den Medien waren, mit Hintergrundwissen unterfüttert haben und dann die Möglichkeit gaben, in der Schule darüber zu diskutieren. "

    Im Bundestag ist Europa ihr Kern-Thema. Die EU-Verfassung, die jüngst vom Bundestag verabschiedet wurde, gehört für sie zu den wichtigsten Weichenstellungen der Gegenwart – besonders für junge Leute:

    "Ich glaube, die EU-Verfassung kommt da sehr gut an. Es gibt zahlreiche Jugendliche, die sich dafür engagiert haben und ich merke bei Terminen mit Schulklassen oder Studenten, dass die viel mehr wissen über Europa, als viele ältere. "

    Was Anna Lührmann in Gesprächen mit Jugendlichen auch feststellt: Viele interessieren sich nicht für Politik oder wissen wenig darüber, wie kürzlich in einem Gespräch mit einer Schülerin deutlich wurde:

    "Die war ganz erstaunt darüber, dass ich nicht für immer im Bundestag sitze, der war gar nicht klar, dass ich auf vier Jahre gewählt bin und dass ich mich zur Wiederwahl stellen muss. Ich glaube, diese Grundbildung muss man erst einmal vermitteln. "

    Zum Beispiel viel mehr, als bisher an der Schule, findet Anna. Politische Themen, die gerade Jugendliche bewegen, gebe es schließlich genug:

    "Bei ganz vielen ist es die Frage nach Arbeit, Ausbildung, Bildungssystem das ganze Globalisierungsthema: Was können wir tun, auf Wirtschaft Einfluss zu nehmen, Umweltthemen haben nach wie vor einen großen Stellenwert. "

    Politikverdrossenheit lässt Anna Lührmann nicht gelten und wenn es darum geht, den Ruf ihrer Zunft zu verteidigen, kann die Profi-Politikerin ihren jugendlichen Zorn nicht ganz im Zaum halten:

    "Ich hab da klare Prinzipien, ich würde kein Geld von jemanden annehmen für eine politische Entscheidung. Ich habe bisher nicht den Eindruck gehabt, dass ich charakterlich bedroht bin. Ich finde, gerade, weil viele Politiker einen so schlechten Ruf haben, ist das ein Grund in die Politik zu gehen und es selber besser zu machen. Ich fordere immer alle Leute, die bei mir ankommen und sagen: Ihr Politiker seid doch alle korrupte Schweine, sag ich, na gut, geh in die Politik und mach es mal besser, wenn Du es besser kannst. "