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Julian Nida-Rümelin vs. Klaus Fiedler
Dürfen Politiker lügen?

"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Das sagte DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 in einer Pressekonferenz. Zwei Monate später war die Mauer erbaut. Politiker lügen. Sie treffen falsche Voraussagen, verdrehen Tatsachen, machen Wahlversprechen, die sie nicht einhalten werden. Darüber streiten der Sozialpsychologe Klaus Fiedler und der Philosoph Julian Nida-Rümelin.

Klaus Fiedler und Julian Nida-Rümelin im Gespräch mit Bettina Schmieding |
    Streitkultur: Julian Nida-Rümelin vs. Klaus Fiedler
    Streitkultur: Julian Nida-Rümelin vs. Klaus Fiedler (picture alliance / dpa / Deutschlandradio / Horst Galuschka)
    Pro und Contra
    "Wenn ich über Politiker rede, dann wende ich gar keine anderen Maßstäbe an als auf andere Menschen, sagt der Sozialpsychologe Klaus Fiedler. Lügen sind "ein notwendiges Schmiermittel" für das Sozialverhalten. "In dem Kräftefeld, in dem Politiker handeln müssen, ist es völlig unrealistisch, zu glauben, dass sie ohne das Lügen unter bestimmten Bedingungen auskommen können."
    "Mehr noch als im Privatleben dürfen Politiker nicht lügen", hält der Philosoph Julian Nida-Rümelin dagegen. "Politik beruht auf einem Vertrauensvorschuss. Und wenn Politiker als Politiker, nicht als Privatpersonen, sagen, die Sache verhält sich so und so, dann muss sich die Öffentlichkeit darauf verlassen können. Sonst beschädigt das die politischen Institutionen."