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Juncker über das Treffen mit Trump
Der Erfolg der Sojabohne

Es war eine Überraschung, als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump eine Übereinkunft im Handelsstreit verkündeten. In einem Interview mit der ARD erzählte Juncker, wie das Treffen mit Trump verlief - und was entscheidend für den "Deal" war.

Von Kai Küstner |
    US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus (25.7.2018).
    US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus. (AP)
    Es sind Worte, die von US-Präsident Donald Trump hätten stammen können. Gesagt hat sie aber der EU-Kommissionschef: "Ich kam, um einen Deal zu erreichen – und wir haben einen Deal", erklärte Jean-Claude Juncker nach stundenlangen Verhandlungen mit Trump im Weißen Haus am Mittwoch. Doch erst rückblickend wird nun klar, an welch seidenem Faden die Einigung lange hing:
    "Woran ist der Deal fast gescheitert? Weil die Amerikaner massiven Druck gemacht haben, insbesondere der Präsident, dass Landwirtschaftsfragen in den Gesamtdeal hineinpassen müssen." Gibt Juncker im Interview mit dem ARD-Europastudio Brüssel jetzt zu. Der EU-Kommissionspräsident blieb hart: Von dem nun auszuhandelnden Zollabkommen mit den USA sind – außer Soja – alle landwirtschaftlichen Produkte ausgenommen. Was auf Europas Bauern beruhigen wirken dürfte. Müssen sie doch damit keine US-Konkurrenz fürchten.
    "Das Gespräch verlief freundschaftlich"
    Den "Deal" bekamen die Europäer trotzdem. Ein Erfolg, der laut Juncker auch einem ausdauernden Einwirken auf Donald Trump zuzuschreiben ist. Immer und immer wieder habe er dem US-Präsidenten vorgerechnet, dass die USA eigentlich - wenn man Dienstleistungen hinzurechnet - gar kein Minusgeschäft im Handel mit Europa machen, sondern einen Überschuss erzielen: "Er hat diese Zahlen immer in Abrede gestellt, bis ich ihm beweisen konnte, dass das die Zahlen der amerikanischen Statistiker sind, und das Gespräch verlief freundschaftlich", so Juncker.
    Am Ende der Verhandlungen war es dann der US-Präsident, der per Twitter-Botschaft ein mittlerweile schon sagenumwobenes Foto verbreitete: Es zeigt Trump und Juncker, wie sie sich gegenseitig umarmen und der Europäer dem Amerikaner einen Männerkuss auf die Wange drückt: "Erstaunlicherweise im Gegensatz zu meinem üblichen Benehmen ging die Initiative nicht von mir aus. Ich wusste auch nicht, dass ein Fotograf im Oval Office war. Aber es hat das Ambiente des Moments eigentlich gut zusammengefasst", berichtet der Kommissionschef im ARD-Interview rückblickend. Juncker ist in Brüssel berühmt-berüchtigt dafür, fast sämtliche offiziellen Gäste - auch vor laufenden Kameras - mit Umarmungen und Küssen zu beglücken. Offenbar war es aber diesmal nicht der Luxemburger, der den aktiven Part übernahm. Und überhaupt: Für Juncker war es der erste Kuss mit Trump.
    "Die Fortsetzung einer alten Freundschaft"
    Der US-Präsident, der keine zwei Wochen zuvor die Europäer noch als "Gegner" bezeichnet hatte, lobt nun Juncker als "hartnäckigen, sehr guten, sehr klugen Mann" und befand, die USA und die EU würden "sich lieben".
    "Für mich bedeutet der Deal - das Abkommen - mit Herrn Trump nicht der Beginn einer neuen Freundschaft, sondern die Fortsetzung einer alten Freundschaft," erklärte Juncker dazu.
    Entscheidend dabei geholfen, den lange auf der Kippe stehenden "Deal" doch zustande zu bringen, hat letztlich auch die Sojabohne. "Das war eine Eingebung des Momentes, die gewirkt hat", verrät Juncker. Sojabohnen nämlich will die EU den US-Farmern nun in höherer Zahl abkaufen, so lautet das Versprechen:
    "Wer denkt, dass die Kommission verfügen könnte, wer was von woher importiert, der überschätzt die Möglichkeiten der Kommission."
    Kein genmanipuliertes Soja in Europa
    Womit Juncker klarstellt, dass Brüssel den EU-Einzelstaaten nicht einfach Daumenschrauben anlegen und sie zum US-Soja-Kauf zwingen kann. Regeln soll das der sinkende Preis. Und noch etwas stellte Juncker klar: Genmanipuliertes Soja werde nicht in die EU eingeführt, das sei nicht Teil des Abkommens.
    Bleibt die Frage, wie verlässlich die Übereinkunft mit einem bisweilen durchaus sprunghaften US-Präsidenten für die Europäer ist. "Ich gehe davon aus, dass dieser Deal hält", meint Juncker. Man sei schließlich mit einem "Vertrauensvorschuss" in die durchaus "anstrengenden" Gespräche gegangen. Ein entscheidender Gradmesser für die weitere Entwicklung der EU-US-Beziehungen dürfte sein, ob sich die beiden beim nächsten Mal mit Küsschen begrüßen.