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Juncker zur Schuldenpolitik
Schongang für Paris und Rom

Euro-Länder mit Schuldenproblemen wie Frankreich und Italien können vorerst aufatmen: EU-Kommissionspräsident Juncker hat entschieden, zunächst keine Sanktionen zu verhängen. In einem Interview mit mehreren europäischen Zeitungen wies er zudem die Vorwürfe in der Steueraffäre um Luxemburg zurück.

    EU-Komissionspräsident Juncker und Frankreichs Präsident Hollande
    EU-Kommissionspräsident Juncker und Frankreichs Präsident Hollande (rechts) (picture alliance / dpa / Olivier Hoslet)
    Haushaltssünder unter den EU-Ländern wie Frankreich und Italien müssen vorerst nicht damit rechnen, für das Überschreiten der Schuldengrenze bestraft zu werden.
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte der "Süddeutschen Zeitung" und weiteren europäischen Blättern, er habe "die Wahl getroffen, nicht zu sanktionieren".
    Die Kommission bewertet an diesem Freitag die Haushaltspläne, welche die
    Euro-Länder für 2015 eingereicht haben. Dennoch schließt Juncker Blaue Briefe an Paris und Rom nicht aus. Im März oder April werde seine Behörde über Konsequenzen entscheiden, sagte er.
    Länder sollen Haushaltspolitik erklären
    Juncker sagte, es wäre einfach gewesen, jetzt schon Sanktionen zu verhängen. Er habe sich aber anders entschieden, um die Länder selber erklären zu lassen, wie sie ihre Haushalte in Ordnung bringen wollen.
    Hintergrund sind Beschwerden aus den Hauptstädten, die EU-Kommission diktiere, wie nationale Haushaltspläne auszusehen hätten. Sie greife damit in nationale Hoheiten ein. "Dieses Mal werde ich Frankreich, Belgien und Deutschland nicht diktieren, was sie zu tun haben", sagte Juncker in dem Interview. "Die Länder mögen die Lektionen nicht, die aus Brüssel kommen."
    Die Regierungen der Euro-Länder hatten sich auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise 2011/2012 verpflichtet, enger zusammenzuarbeiten und ihre Haushaltspläne vorab der EU-Kommission vorzulegen.
    "Ich antworte nicht auf widerliche Fragen"
    Juncker wies Vorwürfe zurück, in seiner Zeit als Regierungschef und Finanzminister sein Heimatland Luxemburg mit Steuertricks reich gemacht zu haben. Ziel sei es nicht gewesen, anderen Ländern Steuereinnahmen wegzunehmen. "Wir haben um moderne Unternehmen wie AOL, Amazon geworben. Die dazugehörigen Steuerbeschlüsse haben die Steuerbehörden getroffen, nicht die Regierung."
    Dass er lange Zeit zu den Vorwürfen geschwiegen hat, begründete der Christsoziale mit der Art der Fragestellung: "Ich antworte nicht auf widerliche Fragen." Gestern hatte Juncker ein Misstrauensvotum aus den Reihen der Europaskeptiker im Parlament überstanden.
    (lob/lie)