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Jung bleiben im Kopf

Dass regelmäßige Bewegung nicht nur Herz-Kreislaufkrankheiten vorbeugt, sondern auch bei älteren Menschen die geistige Fitness trainiert, das zeigt nun eine Studie der Bremer Jacobs University. 92 Männer und Frauen wurden in drei Gruppen eingeteilt: Sie trainierten Ausdauer, Koordination oder lernten Entspannungsübungen.

Von Eva Schindele | 13.07.2010
    Zehn Uhr morgens am Ententeich im Bremer Bürgerpark. Drei Mal in der Woche trifft sich hier eine Gruppe von älteren Leuten zwischen 68 und 78 Jahren, um gemeinsam eine Stunde zu walken.

    "Ich bin immer die Letzte, weil ich nicht so kann, weil ich Rheuma habe und jetzt habe ich wieder eine solche Nervenentzündung. Deswegen habe ich keine Stöcke."

    "Sie hat sich so gesteigert, ihre Leistungsfähigkeit so gesteigert – um 300 Prozent. Das ist unglaublich nicht."

    Seit drei Jahren walken die Senioren zusammen. Alle nahmen an einer wissenschaftlichen Studie der Bremer Jacobs-University teil, die den Effekt von verschiedenen Bewegungsarten auf die geistige Fitness messen wollte. Verglichen wurde der Effekt von Entspannungsübungen mit Koordinations- beziehungsweise Ausdauertraining. Studienleiterin war die Sportwissenschaftlerin Dr. Claudia Volker-Rehage.

    "Was man hier zeigen kann ist, egal wann ich anfange, egal ob früh oder spät, es ist immer gut für mich und meinen Körper. Und auch spät anfangen ist durchaus effektiv."

    Aus Tierversuchen weiß man schon lange, dass sich durch Ausdauertraining Nervenzellen im Gehirn vermehren und besser verschalten. Auch Studien bei Menschen zeigten, dass Bewegungstraining das Gehirn besser durchblutet und mit mehr Sauerstoff versorgt.

    "Wir haben sowohl für unsere Ausdauergruppe als auch für unsere Koordinationsgruppe einen positiven Trainingseffekt gefunden. Das heißt, die Aktivierungsmuster im Gehirn haben sich verändert und auch die Leistungsfähigkeit, die wir bei den Tests gemessen haben, hat sich verändert."

    Die Mitglieder der Entspannungsgruppe fühlten sich zwar gut, aber die Übungen hatten keinen positiven Effekt auf das Gehirn. Die Koordinationsübungen dagegen trainierten das räumlich-visuelle Netzwerk. Am effektivsten war aber das Walken, drei mal die Woche für eine Stunde. Die Teilnehmer konnten ihre Aufmerksamkeit und ihre Gedächtnisleistung steigern. Doch wie lange dieser Nutzen anhält, weiß man bisher nicht.

    "Wenn es langsamer gehen würde, würden wir es auch machen. Aber wir würden auch laufen, wenn es fürs Gehirn nichts bringt, weil es einfach Spaß macht."

    Nicht nur die Gehirnleistung, sondern auch die Persönlichkeit ist für die Wendigkeit im Alter wichtig: Wie offen ist ein älterer Mensch für neue Erfahrungen und Herausforderungen? Und ist er sozial gut integriert? Überschätzt werden dagegen, die Angebote für ein Gehirnjogging, die derzeit den Markt überschwemmen, meint der Berliner Altersforscher Florian Schmiedek:

    "Was man sich verspricht vom Training ist, dass es durch solche Trainings zu einer allgemeinen Verbesserung der Leistungsfähigkeit, also der allgemeinen Merkfähigkeit und Denkfähigkeit kommt und das würde ja bedeuten, dass die Leistungen auch bei allen anderen nicht geübten Aufgaben besser werden. Also dass bei einem Training, bei denen Leute üben, sich Wortlisten besser merken zu können, die Merkfähigkeit im Allgemeinen verbessert, dass im Alltag überall da, wo Gedächtnis gefragt ist, sich dies verbessert: Man sich Einkaufslisten besser merken kann, besser Namen zu Gesichtern, wo man das Auto geparkt hat, und so weiter. Und da sind die bisherigen Befunde ziemlich ernüchternd."