"Ja, hallo und guten Morgen, ich bin Lisa Badum, ich bin 34 Jahre alt, Abgeordnete der Grünen aus Franken, und wir befinden uns hier im Jakob-Kaiser Haus, einen Steinwurf vom Reichstag entfernt, in meinem Abgeordnetenbüro."
Als die junge Frau im beigefarbenen Hemd und schwarzem Blaser in ihr Büro kommt, macht sie an diesem Morgen erstmal Kaffee. Ein langer Tag steht bevor. Lang, wie auch schon die bisherigen Sitzungstage und -wochen es gewesen sind. Die Politikwissenschaftlerin, die zuvor für einen Ökostromanbieter gearbeitet hat, erinnert sich:
"Für mich war es ein Ankommen in der Fraktion, erstmal die Kolleginnen und Kollegen kennenlernen, gleichzeitig die extrem spannenden Sondierungen verfolgen. Jetzt schauen wir auf die GroKo, man ist ein bisschen auch abhängig von äußeren Umständen, hier als neue Abgeordnete und das ist natürlich auch ein bisschen ein hilfloses Gefühl, aber auch sehr spannend zu sehen wie sich das entwickelt."
Lisa Badum ist Klimapolitikerin und fordert einen schnellen Kohleausstieg. Das ist ihr Herzensanliegen, wie sie sagt. Und schon bald kann sie auch zeigen, wie ernst sie es damit meint:
"Erst einmal bin ich schon seit Tagen aufgeregt und angespannt: Ich hab' schon vor Landesparteitagen alles geredet, aber hier im hohen Hause zu sprechen, das ist ein absoluter Höhepunkt für mich. Und ich werde die Rede natürlich auch einstudieren, auch die Körperhaltung ist wichtig, die Stimme. Und bei mir ist es so, das habe ich ganz oft beobachtet, wenn ich mit dem Herzen dabei bin, dann kann ich das auch überzeugend ausstrahlen."
Falko Mohrs, SPD, wirbt für die GroKo
Einige hundert Meter weiter im Paul-Löbe-Haus herrscht geschäftiges Treiben. Türen knallen zu, Aufzüge rasen rauf und runter. Hier hat Falko Mohrs sein Büro. Der 33-jährige Sozialdemokrat aus dem Wahlkreis Wolfsburg-Helmstedt hatte in den ersten Wochen im Parlament infolge des Medienrummels um die Jamaika-Sondierungen Zeit, sein Büro aufzubauen. Danach war schnelles Umschalten angesagt: Vor SPD-Mitgliedern bei sich zu Hause warb Mohrs schon für Koalitionsverhandlungen mit der Union:
"Ich verfalle nicht in Euphorie, wenn ich mir das Papier angucke, aber ich wäge ab, welche Inhalte reinverhandelt wurden, welche Alternativen eben auch möglich sind. Und da ist es auch meine Aufgabe eben diese Abwägung zu präsentieren, dafür zu werben. Ich habe das auch nicht ohne Grund so abgewogen, insofern werbe ich auch für mein Verständnis."
Falko Mohrs ist kein Politikneuling, das merkt man auch an seinem Auftritt. Verbindlich, modern mit Hemd und Anzug, erinnert der Fertigungskoordinator bei VW ein wenig an Heiko Maas, aber vielleicht ist das auch nur den kreisrunden Brillengläsern geschuldet.
Seit 2013 ist Mohrs Mitglied im Rat der Stadt Wolfsburg; er hat sich jahrelang für Jugendliche eingesetzt, auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses.
Mohrs hofft, in dieser Wahlperiode unter anderem dem Autostandort Wolfsburg und den vom Strukturwandel betroffenen Landkreis Helmstedt im ehemaligen Grenzgebiet zu helfen. Die Taktung des Berliner Politbetriebs könnte dabei eine Herausforderung sein:
"Hier in Berlin ist natürlich der Medienzirkus größer. Das hilft nicht immer dabei, eine gute Entscheidung zu finden, wenn die Zeit manchmal auch für Abwägung fehlt. Und ich glaube, manchmal wäre es für die eine oder andere Entscheidung gut, mal in Ruhe etwas zu durchdenken, beleuchten und diskutieren zu können, bevor gleich eine öffentliche Debatte dazu stattfindet."
Michel Brandt, Linke: "Demokratie findet draußen statt"
Ein ganz anderer Typ als Falko Mohrs ist Michel Brandt. Der 27-Jährige mit Kapuzenpulli wurde an der Eingangsschleuse des Bundestags schon mal gefragt, ob er wirklich Abgeordneter ist: Michel Brandt, Schauspieler aus Karlsruhe, ist für die Linkspartei eingezogen. Er hält wenig von Berufspolitiker-Etikette:
"Ich war beteiligt an den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Hannover, ich war bei den Aktionen von 'Ende Gelände' im Hambacher Forst. Es ist, glaube ich, ein Irrglaube, dass Demokratie von 709 Leuten hier drin stattfindet, sondern die findet im besten Fall draußen statt, in Organisationsformen, Gewerkschaften, in Betrieben. Bei Personalräten, in Unis und Schulen, da wird eigentlich die Politik gemacht."
Michel Brandt wird im Menschenrechtsausschuss aktiv sein. Er will die Arbeit von NGOs erleichtern und nutzt dafür schon die Möglichkeiten des Parlaments:
"Mit den kleinen Anfragen zum Beispiel: Wie kann man nötige Informationen liefern für die Arbeit außerhalb? Wo kann man unterstützen als MdB bei Demonstrationen durch Strukturen, die man hier zur Verfügung hat? Wissenschaftlicher Dienst etcetera. Das ist, glaube ich, für mich die absolute Hauptaufgabe."
Für Emmi Zeulner, CSU, ist es die zweite Legislaturperiode
Die 30-Jährige Emmi Zeulner hat Michel Brandt etwas voraus: Sie ist schon zum zweiten Mal in den Bundestag eingezogen. Im Wahlkreis Kulmbach holte die Krankenpflegerin gut 55 Prozent, das beste Erststimmenergebnis der CSU. Zeulner ist Vizechefin der "Jungen Gruppe".
Das ist der Zusammenschluss der unter 35-jährigen Unionsabgeordneten. Bei insgesamt 246 Abgeordneten von CDU und CSU bildet die Junge Gruppe mit gerade nur 16 unter 35-jährigen eine zwar kleine, aber sinnvolle Gruppe, meint Emmi Zeulner:
"Das ist ein Think Tank, weil man sich in einem geschützten Raum wirklich austauschen kann, was zum Beispiel in der großen Fraktion gar nicht möglich ist, da haben wir gar nicht die Zeit dazu. Zum Beispiel treibt uns auch der Wohnungsraum um, weil es für junge Leute wichtig ist, Wohnraum zu finden, und da haben wir Positionspapiere dazu eingebracht, was unsere Ideen dazu sind."
Die Junge Gruppe ist vernetzt: Es gab auch schon Treffen mit jungen SPD-Abgeordneten. Emmi Zeulner fände es schön, wenn sich alle jungen MdBs in einem Forum zusammenschließen würden.
Für die neu eingezogene Grünen-Abgeordnete Lisa Badum ist der Moment gekommen, auf den sie hin gefiebert hat:
"Thomas Oppermann: Ich möchte hinzufügen, dass Sie ihre erste Rede hier im Deutschen Bundestag haben, Lisa Badum: Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen…."
Fünf Minuten lang wirft sie der Bundesregierung klimapolitisches Versagen vor, energisch, emotional:
"Da wird Ihnen Ihre Politik traurig vor Augen geführt, das tun sie! Anstatt die schmutzigsten Kohlekraftwerke endlich stillzulegen."
Nervös wirkt sie nicht. Zumindest nach außen. Doch innerlich? In einem Internetvideo gibt sie nach ihrer Rede zu:
"Mein Herz hat auch wirklich geklopft bis zum Hals vor dieser Rede. Deswegen bin ich total erleichtert, dass alles gut gegangen ist. Und ich danke euch ganz herzlich für die lieben Kommentare, die mich auf Facebook und anderswo erreicht haben, das ist ein toller Ansporn weiter zu machen."