Gerwald Herter: Wenn man über Klagenfurt, die Tage der deutschsprachigen Literatur und den Bachmann-Preis mehr erfahren will, so ist man bei einem österreichischen Schriftsteller sicher ganz besonders gut aufgehoben: bei Josef Haslinger zum Beispiel. Sein vielleicht bekanntester Roman heißt "Opernball". Mit ihm, Josef Haslinger, bin ich nun verbunden. Guten Morgen!
Josef Haslinger: Guten Morgen.
Herter: Herr Haslinger, kommen wir gleich zur Sache: Haben Sie jemals in Klagenfurt vorgelesen?
Haslinger: Ja, das habe ich. Ich habe in Klagenfurt sowohl vorgelesen als auch einmal in der Jury meine Zeit verbracht.
Herter: Und war das eine besonders wertvolle Erfahrung? Was waren so Ihre Empfindungen, als Sie dabei waren im Wettbewerb? Haben Sie sich gedacht, ich habe eh keine Chance, oder das kann mir hier sehr viel bringen?
Haslinger: Ich habe damals keinen Preis gekriegt, aber ich habe einen Verlag gekriegt und da muss man schon dazu sagen, wenn jemand nicht große Probleme hat mit dem ganzen Ritual, das dort stattfindet, und dieser öffentlichen Vorführung, Autoren eigentlich schon in Klagenfurt ganz gute Möglichkeiten haben, was die Literaturvermarktung betrifft, weil es sind mehr oder weniger von allen Medien Kritiker dort, es sind von allen bedeutenden literarischen Verlagen Lektoren dort und auch wenn man keinen Preis kriegt, wenn der Text nicht wirklich vollkommen daneben geraten ist, wird man wahrscheinlich einen Verlag dafür kriegen.
Herter: Also niedrige Ansprüche und gute Kontakte, eine echte Chance für junge Autoren. Wie haben Sie das erlebt? Das geht ja über Tage. Verfolgen dann die Lektoren und die Journalisten diese Lesungen tagelang?
Haslinger: Ja, das machen sie schon und man kommt als Autor auch mit diesen Lektoren und Journalisten ins Gespräch. Insgesamt ist dieser Tross, wenn man das so nennen darf, sehr viel zusammen an diesen drei, vier Tagen. Man kommt ins Gespräch, man lernt sich kennen. Für einen jungen Autor ist das einfach eine gute Möglichkeit, Einblick zu gewinnen, wer sind denn die Leute, die da in den Zeitungen schreiben und vor denen man unter Umständen große Angst hat. Man muss schon sagen, es ist im engeren Sinn kaum eine literarische Veranstaltung. Es wird zwar vorgelesen und es wird über Literatur gesprochen, aber es ist eine große Veranstaltung des Literaturbetriebs. Das ist, glaube ich, das Entscheidende.
Herter: Da muss man also dabei sein. Das ganze wird im Fernsehen übertragen auf 3Sat. Werden Sie das Vorlesen dieses Jahr verfolgen?
Haslinger: So weit ich Zeit habe. Ich habe das nie gezielt verfolgt. Gezielt insofern, dass ich weiß wann das stattfindet, und wenn ich zwischendurch Zeit habe, drehe ich den Fernseher an. Aber es ist nicht so, dass ich von früh bis spät vorm Fernseher sitze und mir das reinziehe. Man kann das ja auch im Internet nachlesen und es gibt dann die Zeitungsberichte darüber. Da wird man auf Texte aufmerksam, die man dann nachlesen kann, sich ausdruckt und so. Ich glaube, es wird nur wenige Leute geben, die das wirklich von früh bis spät sich ansehen.
Herter: Internet ist ein gutes Stichwort und dass Klagenfurt manchmal als Ritual betrachtet wird, haben Sie schon angesprochen. Durch diese Entwicklung, das Internet-Zeitalter, Globalisierung, aber vielleicht auch so Sachen wie Slam Poetry-Lesungen und dergleichen, ist es da nicht doch ein bisschen überholt?
Haslinger: Überholt ist es insofern nicht, als ja der Buchmarkt nach wie vor der wichtigste literarische Markt ist und Klagenfurt ist eindeutig auf den Buchmarkt konzentriert. Daneben gibt es natürlich alle möglichen performativen Literaturveranstaltungen. Das ist Literatur mit Musik und Sie sagten schon Slam Poetry, Spoken Poetry und solche Sachen, also Bewegungen, die großteils aus Amerika zu uns gekommen sind, aber hier ganz gut Fuß gefasst haben, in der Szene ganz gut Fuß gefasst haben und in den verschiedenen Veranstaltungslokalen. Das sind aber einfach zwei Paar Schuhe. Klagenfurt ist eindeutig konzentriert auf die Literatur, die irgendwann, wenn sie gut ist, zwischen Buchseiten auftauchen soll.
Herter: Gewinnen in Klagenfurt im allgemeinen die richtigen Autoren?
Haslinger: Die richtigen, das ist immer schwer zu sagen. Es gibt immer ein Spektrum von Autoren, die in Frage kommen, aber alles in allem würde ich sagen ja. Das kommt durch die wechselnden Jurys. Es gibt natürlich Vorlieben von einzelnen Jurys, die kristallisieren sich heraus, aber nächstes Jahr ist es wieder anders. Im großen und ganzen kann man sagen ja. Ich glaube, es ist selten passiert, dass ein wirklich guter Text in Klagenfurt völlig übersehen worden ist.
Herter: Glauben Sie, dass es wirklich um einen offenen Wettbewerb geht? Es wurde ja kritisiert, dass es immer auch mal wieder Absprachen gibt in der Jury schon im Vorfeld. Haben Sie das so erlebt?
Haslinger: Ich war ja auch in der Jury und habe keine Absprachen erlebt, muss ich sagen. Aber das schließt trotzdem nicht aus, dass es sie geben mag. Ich habe sie nicht erlebt. Aber auch das ist irgendwie kaum zu vermeiden und ich sehe es auch nicht als eine solche Tragik, wenn Kritiker am Abend zusammensitzen, dass sie auch über Texte sprechen und dabei feststellen, welche Vorlieben sie haben. Ich finde nicht, dass das jetzt so eine besondere Tragik ist. Das ganze ist ohnedies längst nicht mehr spontan, denn die Texte werden den Juroren ja schon im Vorfeld zugeschickt. Sie können sich auf das, was sie da sagen, schon vorbereiten.
Herter: Okay. Wenn man gewissenhaft ist, kann man die schon vorher lesen und sich dann auch noch anhören. – Tage für deutschsprachige Literatur. Die deutsche Sprache, ist das immer noch eine gültige Klammer für Literatur im deutschsprachigen Raum?
Haslinger: Ich bin ja ein Verfechter dafür, dass wir eine Internationalisierung dieses Wettbewerbs vornehmen. Das hätte man systematisch schon längst beginnen können. Und es gibt auch, wenn man sich die Website anschaut, zumindest jetzt Übersetzungen in andere Sprachen. Es sind zwar jetzt nach wie vor die deutschsprachigen Autoren, die daran teilnehmen, aber die Texte werden jetzt in anderen Sprachen zugänglich gemacht. Aber man hätte natürlich längst an einer Art Europäisierung des Wettbewerbs arbeiten können, denn nach wie vor ist der Blickwinkel, den man auf junge Literatur hat, sehr auf die eigene Nation beschränkt, weil es halt doch üblicherweise manchmal ziemlich lange, sogar Jahrzehnte dauert, bis man an die Literatur anderer Nationen rankommt.
Herter: Das immerhin wäre eine Entwicklungsperspektive, das ganze zu einem europäischen Wettbewerb zu machen. – Josef Haslinger, österreichischer Autor, im Deutschlandfunk über den Klagenfurter Wettbewerb. Herzlichen Dank!
Haslinger: Bitte schön.
Josef Haslinger: Guten Morgen.
Herter: Herr Haslinger, kommen wir gleich zur Sache: Haben Sie jemals in Klagenfurt vorgelesen?
Haslinger: Ja, das habe ich. Ich habe in Klagenfurt sowohl vorgelesen als auch einmal in der Jury meine Zeit verbracht.
Herter: Und war das eine besonders wertvolle Erfahrung? Was waren so Ihre Empfindungen, als Sie dabei waren im Wettbewerb? Haben Sie sich gedacht, ich habe eh keine Chance, oder das kann mir hier sehr viel bringen?
Haslinger: Ich habe damals keinen Preis gekriegt, aber ich habe einen Verlag gekriegt und da muss man schon dazu sagen, wenn jemand nicht große Probleme hat mit dem ganzen Ritual, das dort stattfindet, und dieser öffentlichen Vorführung, Autoren eigentlich schon in Klagenfurt ganz gute Möglichkeiten haben, was die Literaturvermarktung betrifft, weil es sind mehr oder weniger von allen Medien Kritiker dort, es sind von allen bedeutenden literarischen Verlagen Lektoren dort und auch wenn man keinen Preis kriegt, wenn der Text nicht wirklich vollkommen daneben geraten ist, wird man wahrscheinlich einen Verlag dafür kriegen.
Herter: Also niedrige Ansprüche und gute Kontakte, eine echte Chance für junge Autoren. Wie haben Sie das erlebt? Das geht ja über Tage. Verfolgen dann die Lektoren und die Journalisten diese Lesungen tagelang?
Haslinger: Ja, das machen sie schon und man kommt als Autor auch mit diesen Lektoren und Journalisten ins Gespräch. Insgesamt ist dieser Tross, wenn man das so nennen darf, sehr viel zusammen an diesen drei, vier Tagen. Man kommt ins Gespräch, man lernt sich kennen. Für einen jungen Autor ist das einfach eine gute Möglichkeit, Einblick zu gewinnen, wer sind denn die Leute, die da in den Zeitungen schreiben und vor denen man unter Umständen große Angst hat. Man muss schon sagen, es ist im engeren Sinn kaum eine literarische Veranstaltung. Es wird zwar vorgelesen und es wird über Literatur gesprochen, aber es ist eine große Veranstaltung des Literaturbetriebs. Das ist, glaube ich, das Entscheidende.
Herter: Da muss man also dabei sein. Das ganze wird im Fernsehen übertragen auf 3Sat. Werden Sie das Vorlesen dieses Jahr verfolgen?
Haslinger: So weit ich Zeit habe. Ich habe das nie gezielt verfolgt. Gezielt insofern, dass ich weiß wann das stattfindet, und wenn ich zwischendurch Zeit habe, drehe ich den Fernseher an. Aber es ist nicht so, dass ich von früh bis spät vorm Fernseher sitze und mir das reinziehe. Man kann das ja auch im Internet nachlesen und es gibt dann die Zeitungsberichte darüber. Da wird man auf Texte aufmerksam, die man dann nachlesen kann, sich ausdruckt und so. Ich glaube, es wird nur wenige Leute geben, die das wirklich von früh bis spät sich ansehen.
Herter: Internet ist ein gutes Stichwort und dass Klagenfurt manchmal als Ritual betrachtet wird, haben Sie schon angesprochen. Durch diese Entwicklung, das Internet-Zeitalter, Globalisierung, aber vielleicht auch so Sachen wie Slam Poetry-Lesungen und dergleichen, ist es da nicht doch ein bisschen überholt?
Haslinger: Überholt ist es insofern nicht, als ja der Buchmarkt nach wie vor der wichtigste literarische Markt ist und Klagenfurt ist eindeutig auf den Buchmarkt konzentriert. Daneben gibt es natürlich alle möglichen performativen Literaturveranstaltungen. Das ist Literatur mit Musik und Sie sagten schon Slam Poetry, Spoken Poetry und solche Sachen, also Bewegungen, die großteils aus Amerika zu uns gekommen sind, aber hier ganz gut Fuß gefasst haben, in der Szene ganz gut Fuß gefasst haben und in den verschiedenen Veranstaltungslokalen. Das sind aber einfach zwei Paar Schuhe. Klagenfurt ist eindeutig konzentriert auf die Literatur, die irgendwann, wenn sie gut ist, zwischen Buchseiten auftauchen soll.
Herter: Gewinnen in Klagenfurt im allgemeinen die richtigen Autoren?
Haslinger: Die richtigen, das ist immer schwer zu sagen. Es gibt immer ein Spektrum von Autoren, die in Frage kommen, aber alles in allem würde ich sagen ja. Das kommt durch die wechselnden Jurys. Es gibt natürlich Vorlieben von einzelnen Jurys, die kristallisieren sich heraus, aber nächstes Jahr ist es wieder anders. Im großen und ganzen kann man sagen ja. Ich glaube, es ist selten passiert, dass ein wirklich guter Text in Klagenfurt völlig übersehen worden ist.
Herter: Glauben Sie, dass es wirklich um einen offenen Wettbewerb geht? Es wurde ja kritisiert, dass es immer auch mal wieder Absprachen gibt in der Jury schon im Vorfeld. Haben Sie das so erlebt?
Haslinger: Ich war ja auch in der Jury und habe keine Absprachen erlebt, muss ich sagen. Aber das schließt trotzdem nicht aus, dass es sie geben mag. Ich habe sie nicht erlebt. Aber auch das ist irgendwie kaum zu vermeiden und ich sehe es auch nicht als eine solche Tragik, wenn Kritiker am Abend zusammensitzen, dass sie auch über Texte sprechen und dabei feststellen, welche Vorlieben sie haben. Ich finde nicht, dass das jetzt so eine besondere Tragik ist. Das ganze ist ohnedies längst nicht mehr spontan, denn die Texte werden den Juroren ja schon im Vorfeld zugeschickt. Sie können sich auf das, was sie da sagen, schon vorbereiten.
Herter: Okay. Wenn man gewissenhaft ist, kann man die schon vorher lesen und sich dann auch noch anhören. – Tage für deutschsprachige Literatur. Die deutsche Sprache, ist das immer noch eine gültige Klammer für Literatur im deutschsprachigen Raum?
Haslinger: Ich bin ja ein Verfechter dafür, dass wir eine Internationalisierung dieses Wettbewerbs vornehmen. Das hätte man systematisch schon längst beginnen können. Und es gibt auch, wenn man sich die Website anschaut, zumindest jetzt Übersetzungen in andere Sprachen. Es sind zwar jetzt nach wie vor die deutschsprachigen Autoren, die daran teilnehmen, aber die Texte werden jetzt in anderen Sprachen zugänglich gemacht. Aber man hätte natürlich längst an einer Art Europäisierung des Wettbewerbs arbeiten können, denn nach wie vor ist der Blickwinkel, den man auf junge Literatur hat, sehr auf die eigene Nation beschränkt, weil es halt doch üblicherweise manchmal ziemlich lange, sogar Jahrzehnte dauert, bis man an die Literatur anderer Nationen rankommt.
Herter: Das immerhin wäre eine Entwicklungsperspektive, das ganze zu einem europäischen Wettbewerb zu machen. – Josef Haslinger, österreichischer Autor, im Deutschlandfunk über den Klagenfurter Wettbewerb. Herzlichen Dank!
Haslinger: Bitte schön.