Seit ein paar Wochen ist es sicher: Edina Müller darf ihren Sohn Liam mit zu den Paralympics nach Tokio nehmen. Für die Kanutin, die im Einer-Kajak antritt und in der Disziplin bereits Weltmeisterin ist, gab es nur diese Option. Die Alternative wäre aus ihrer Sicht nur eine Kamikaze-Aktion gewesen: "Kurz vor dem Wettkampf hin, Wettkampf, und dann wieder zurück". Das wäre aber auch "sportlicher Selbstmord" gewesen, wie Müller es bezeichnet.
Bei den Anträgen für Liams Mitnahme habe sie sehr viel Unterstützung vom Verein Athleten Deutschland bekommen, erzählt Müller im Dlf-Gespräch. Es gehe international nur um eine Handvoll stillende Mütter, die ihre Kinder mitnehmen möchten. Aber dennoch gebe es den Bedarf und das Problem sei, dass die Kinder aufgrund ihres Alters nicht akkreditiert werden könnten: "Und ohne Akkreditierung gibt es im Moment für Japan auch kein Visum." Für ihren Sohn Liam gebe es jetzt aber eine spezielle Akkreditierung und damit auch ein Visum. Außerdem darf der Vater ihres Kindes mitkommen, um es während ihres Wettbewerbs zu betreuen.
Forderung nach besserer finanzieller Unterstützung für Mütter
Müller sieht für Schwangere und junge Mütter im Leistungssport noch ein anderes Problem: Finanziell werde es schwierig. In ihrem Fall seien zwar ihre Sponsoren an Bord geblieben, aber sie sei aus allen Sportförderungen herausgefallen, so die Kanutin. Sie habe dadurch, dass sie ihr Kind stille und deshalb in alle Trainingslager mitnehme, einen "wahnsinnigen finanziellen Mehraufwand". Das habe sie vollständig mit Sponsorengeldern abdecken müssen.
In Zukunft müssten Schwangere abgesichert sein, findet die Kanutin. Müller fordert: "Dass es im Kopf gar nicht mehr diese Angst und diese Unsicherheit geben darf: Kann ich weitermachen? Kann ich meine Familie danach noch ernähren? Kann ich meinen Sport weiter finanzieren?" Ein weiterer Punkt sei der Umgang mit dem Kind, sobald es auf der Welt ist: Die Frage, ob man es mit ins Trainingslager nehmen dürfe, sei abhängig von den jeweiligen Trainern. Es müsse aber eine feste Regel geben, findet Müller. Sie hoffe insgesamt, dass ihre Geschichte dazu beitrage, dass es für zukünftige Mütter im Leistungssport einfacher wird.
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