"Mein Name ist Rubin Lind, ich komme aus Hamm, bin 18 Jahre alt, hab gerade mein Abi gemacht und bin jetzt Gründer und Geschäftsführer von skills4school…"
Auf seiner Homepage stellt der Jungunternehmer sich und sein Produkt in einem kleinen Video vor.
"Skills4school ist eine Lern-App, mit der Schüler die Möglichkeit haben, sich passend auf die Klausuren vorzubereiten. Passend auf das Schulbuch zugeschnitten und passend vom Lehrer ausgewählt."
Die Idee dazu kam dem Jugendlichen kurz vor seinem 17. Geburtstag, als er in einer Matheklausur merkte, dass er wieder einmal am Thema vorbei gelernt hatte. Das muss doch auch anders gehen, ärgerte er sich, und entwickelte eine E-Learning-App, die ein möglichst individuelles und zielführendes Lernen ermöglichen soll. Seine Eltern waren zunächst nur bedingt begeistert von den Gründungsplänen ihres minderjährigen Sohnes.
"Die haben dann gesagt: Rubin, wir haben nur ein Haus. Wir wollen das nicht verlieren."
Dennoch ermächtigten sie ihn ganz offiziell, selbständig einen Betrieb führen zu dürfen. Das ist notwendig, aber nicht ausreichend. Das Vormundschaftsgericht muss diese Ermächtigung genehmigen. Dazu wird ein so genannter Rechtspfleger eingesetzt. Ohne sein Okay keine Gründung, erzählt Rubin Lind.
"Und der setzt sich dann mit dir hin und sagt, traue ich dir das zu oder eben nicht. Bei mir war es so, er hat es mit zunächst nicht zugetraut. Hat gesagt, nee, das ist ein sehr komplexes Vorhaben, so eine App mit so vielen Inhalten, du brauchst einen langen Atem, damit sich das später finanziert. Ich hab gesagt, ja, ist mir bewusst, weiß ich alles."
Junge Gründer sind die Ausnahme
Wer als Minderjähriger eine eigene Firma gründen möchte, muss standhaft sein, betont Hauke Schwiezer von der online-Plattform "Startup-Teens", die Jugendliche auf dem Weg ins Unternehmertum helfen möchte. Und Hilfe ist bitter nötig, denn junge Gründer sind in Deutschland noch eine absolute Ausnahme.
"Zwei Drittel der Lehrer in Deutschland würden jungen Menschen vom Gründen abraten. Und das kann man ihnen nicht verübeln, denn sie haben selber mit Unternehmertum nie etwas zu tun gehabt. Nur das ist für ein Land schwierig, was keine nennenswerten Rohstoffe mehr hat als geistiges Kapital. Das sehen wir auch, wenn Entrepreneurship Education untersucht wird in Schulen. Da sind wir auf Platz 42 von 54."
Die jungen Leute müssen also andere von ihrer Idee überzeugen, sagt Hauke Schwiezer, und ein Netzwerk von Unterstützern aufbauen.
"Das funktioniert unter anderem durch die Teilnahme an Wettbewerben und es funktioniert ganz stark über Eigeninitiative: Auf Menschen zugehen, die in diesen Bereichen erfolgreich sind, die man selber anstrebt. Da das ziemlich wenige tun, gibt es durchaus Chancen, deren Aufmerksamkeit zu bekommen und beispielsweise Praktika zu absolvieren."
Das hat auch Rubin Lind so gemacht. Bei Business-Wettbewerben hat er nicht nur das erste Startkapital eingeheimst, sondern auch gewichtige Unternehmer für sich gewonnen, die halfen, seinen Rechtspfleger doch noch zu überzeugen.
"Die haben Schreiben aufgesetzt, dass sie mich fähig finden, das zu tun. Ich hab das Vorhaben der Presse vorgestellt, und hab ihm das alles zusammen als Mappe zugeschickt. Und da hat er gesagt, ok hier, nimm meine Unterschrift und gründe jetzt endlich."
18-jähriger Chef mit großen Zielen
Mit 17 ist Rubin Lind dann schließlich alleine zum Notar gegangen und hat die notwendigen Papiere unterzeichnet. Seit Februar ist seine App in noch abgespeckter Form freigeschaltet und der inzwischen 18-Jährige ist Chef von drei Angestellten …
"Alle über 30…"
… und neun freien Mitarbeitern. Durch die Unternehmensgründung hat er zwar die Schule etwas vernachlässigt, sagt er. Das Abi hat er dennoch in der Tasche, und einen der begehrten BWL-Studienplätze an einer privaten Uni hätte er auch haben können. Wollte er aber nicht. Er will Unternehmer sein. Einer, der noch zu Hause bei seinen Eltern wohnt, die sich übrigens auch keine Sorgen mehr um ihr Häuschen machen, schmunzelt er.
"Sie verlieren ihr Haus nicht."
Denn es läuft ganz gut für Rubin Lind und seine kleine junge Firma Skills4School, mit der er große Ziele verfolgt.
"Für 2022 haben wir eingeplant, der europäische Marktführer für E-Learning-Software zu sein. Also, das ist in vier Jahren. E-Learning-Software ist bis jetzt einfach schlecht, zumindest in Europa. Und die amerikanische E-Learning-Software tut sich momentan noch schwer, nach Europa und zumindest nach Deutschland zu kommen. Das heißt, wir müssen einfach nur schnell genug, flexibel genug sein, um da eben rein zu kommen und zu sagen: Gut, wir schaffen es erst in die Schulen, dann schaffen wir es in die Unternehmen und dann - sind wir überall."