Es klingelt das Handy von Maja Katinic. Die 26-jährige hat in Zagreb ein Unternehmen gegründet. Es heißt "eWyse" und bietet Firmen E-Learning-Programme an – für Mitarbeiter oder Kunden. Zusammen mit ihrem Kollegen sitzt sie in einem kleinen Büro. Zwei mal drei Meter, zwei Computer, ein Internetanschluss. Mehr brauchen die beiden nicht, um ihren Traum vom eigenen Unternehmen zu verwirklichen.:
"Ich hatte vielleicht Glück. Ich bin sehr früh ins Ausland gegangen, bin herumgereist und habe gesehen, wie es anderswo funktioniert. Als ich nach Kroatien zurückgekommen bin und die Idee hatte, mich selbstständig zu machen, haben mich alle schief angeguckt. Freies Unternehmertum ist hier bei uns nicht besonders populär und entwickelt."
Maja nennt sich selbst eLearning-Architektin. Sie erzählt, wie glücklich sie damit ist, dass sie diesen Schritt gewagt hat. Sie wollte nicht darauf warten, dass der Staat etwas für sie macht. Sie wollte selbst handeln. Und sie kann verstehen, dass viele junge Kroaten ihre Heimat verlassen, nachdem sie ihre Schule abgeschlossen haben:
"Wenn junge Menschen ins Ausland gehen, verdienen sie dort viel mehr als hier. Hier wächst zwar auch der Lebensstandard – aber es steigen nur die Preise, die Löhne dagegen nicht, und es herrscht eine generelle Unzufriedenheit sowohl mit der politischen als auch mit der gesellschaftlichen Situation. Die Krise hat Kroatien stark getroffen, und wir haben eine ganze Generation von Millenials, die nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen und welche Werte diese Gesellschaft vertritt."
Ärger über den Reformstau
Maja hat ihr Büro hinter einer Glasscheibe – im HUB 385. Das ist ein Coworking-Haus, in dem viele junge Leute sich als Unternehmer ausprobieren und Startups gründen. 385 steht für die internationale Telefon-Vorwahl von Kroatien. Luka Susic ist der Geschäftsführer des Hubs. Er lebt davon, dass es nach wie vor junge Menschen in Zagreb gibt, die etwas Neues ausprobieren wollen. Doch auch Luka Susic weiß, dass viele einfach nur weg wollen:
"Im Prinzip haben die meisten Menschen in Kroatien die Hoffnung aufgegeben, dass sich was zum Besseren wenden wird. Das Ergebnis ist, dass die Menschen Kroatien verlassen. Sie glauben den Politikern einfach nicht mehr, dass sie in der Lage oder willens sind etwas zu verändern, und das ist der Grund, warum sie in andere, in erfolgreichere Länder gehen."
Sein Hub 385 hat erst vor wenigen Monaten eröffnet – und schon haben sich dort etwa 100 junge Unternehmer angesiedelt. Sie tauschen sich aus, vernetzen sich und wollen sich von dem Frust in der Gesellschaft nicht anstecken lassen. Vom Ärger über den Reformstau, die Bürokratie, über den politischen Stillstand:
"Sicherlich ist eines der Hauptprobleme in Kroatien, dass Menschen, vor allem junge, ambitionierte Menschen die Nase voll haben von der Politik und vom politischen Streit. Wir erleben politisch gerade eine Rückkehr zu den Zeiten in den 80-ern und den 90-ern. Und die Menschen wollen diese Unsicherheit nicht mehr."
Keine Unsicherheit, kein Stillstand. Stattdessen machen sie einfach. In einem anderen Büro im HUB 385 sitzt Ida Pandur vor dem Computer. Sie hat ebenfalls ein Unternehmen gegründet, ENTG heißt es – und es ist eine Agentur für kreative Technologie, so beschreibt die 29-Jährige ihre Firma. Sie hat bereits 14 Mitarbeiter. Als junge Unternehmerin hat sie vor allem einen Wunsch an die Politik:
"Wenn der kroatische Staat etwas vernünftiger wäre und uns die Arbeit erleichtern würde, uns nicht mit so hohen Steuern und Abgaben belasten würde, dann könnten wir dieses Geld in neue Arbeitsplätze investieren. Dann würden wir nicht daran denken, Kroatien so schnell wie möglich zu verlassen. Sondern würden daran denken, wie wir hier leben und arbeiten können."
Die letzte Koalition hielt nur fünf Monate
Die Politik kann dringend nötige Reformen nicht anpacken, weil sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Die letzte, erst im Januar installierte Koalition aus dem Kroatischen Bund HDZ und der Reform-Partei Most, zu deutsch: Brücke, hielt gerade einmal fünf Monate lang. Jetzt müssen die Kroaten wieder wählen. Und Ida Pandur ist skeptisch:
"Es ist immer eine Hoffnung da, dass es besser wird, deshalb bleibe ich auch hier, aber ich bin nicht sehr optimistisch, denn es kommen immer wieder dieselben Menschen ohne frische Ideen an die Macht, es gibt immer dieselben hundert Gesichter in der kroatischen Politik. Wir können nur das kleinere Übel wählen. Wir müssen uns auf uns selbst verlassen, denn in dieser Situation kann man sich schwer auf den Staat verlassen."
Viele junge Kroaten wünschen sich nichts mehr, als dass sich die Politik endlich auch ihren Problemen zuwendet, dass sie alte Gräben hinter sich lässt. Es ist eine Generation, die sich mit ihrer Zukunft beschäftigen will. Mit Perspektiven, mit Chancen, die der politische Stillstand im Land momentan allzu häufig nicht zulässt.