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Jungen unter sich

Am Collegium Josphinum gibt es keinen Ärger zwischen Jungs und Mädchen, die einzigen weiblichen Personen auf dem Schulgelände sind die Lehrerinnen. In Bonn steht eines der wenigen Jungengymnasien Deutschlands, es fördert christliche Erziehungsziele und gibt den Jungen einen Raum für sich in den Phasen ihrer Pubertät. Kontakt zu Mädchen haben die Jungen dennoch.

Von Andrea Lueg |
    "So meine Herren (...) Salvete discipuli
    Salvete magister et spectator"

    Vierte Stunde am Dienstagmorgen in der siebten Klasse des Collegium Josephinum. 34 Jungens lernen Latein bei Lehrer Matthias Schöndube. Die Atmosphäre ist konzentriert-freundlich, Matthias Schöndube hat seine Schüler im Griff, geht recht zügig voran, sieht zu, dass alle mitmachen und nicht nur ein paar. Am Freitag wird eine Klassenarbeit geschrieben, heute steht Wiederholung des Stoffes an. Nur hin und wieder muss Schöndube zur Ordnung rufen und obwohl es klassischen Frontalunterricht gibt, vergeht die Zeit im Flug und die meisten scheinen sogar Spaß zu haben am Knobeln bei der Übersetzung der lateinischen Sätze. Kaum klingelt es zur Pause, bricht sich allerdings der Bewegungsdrang der Jungen Bahn.

    "Wir sind seit 1880 eine Ordensschule und haben daran festgehalten."

    Erzählt Schulleiter Peter Billig. Heute ist das Collegium Josephinum eines von ganzen fünf Jungengymnasien in ganz Deutschland. Gegründet wurde es von den Redemptoristen, einem der größten Männerorden der katholischen Kirche. Ursprünglich wurde ausschließlich Nachwuchs für den Orden herangebildet. Heute gehen hier ganz normale Jungens zur Schule von denen die wenigsten eine kirchliche Laufbahn einschlagen, deren Eltern allerdings die christlichen Erziehungsziele der Schule unterschreiben müssen. Für Peter Billig liegt der Sinn der reinen Jungenschule, zu der übrigens auch eine Realschule gehört, auf der Hand:

    "Wenn sie ein 13-jähriges Mädchen vergleichen mit dem Entwicklungsstand eines 13-jährigen Jungen wird man sehr schnell sehen, dass gerade in dieser Phase der Pubertät, der Identitätsfindung auch über das Geschlecht, dass es ganz gut ist in dieser Altersstufe getrennt zu sein, auch für die Jungen."

    Das kann Christian Joksch aus der sechsten Klasse nur unterschreiben:

    "Wenn man sich streitet, dass es dann nicht so Rumgeziege gibt wie bei den Mädchen, die rasten dann ja schon mal ziemlich aus, dass man da unter Jungen ist."

    Für Christian war das allerdings, wie für die meisten Schüler keineswegs der ausschlaggebende Punkt, sondern:

    "Ich bin mit einem Freund zusammen hier, wir wollten unbedingt in eine Klasse wegen dem Zoo, wir haben hier auch einen Zoo, wegen den ganzen Tieren und so. Wir haben Schlangen, Fische, kleine Mäuse, Welse, das sind auch so Fische, und noch Leguane und sowas und da macht man halt mal Aquarium sauber und wäscht die Tiere und füttert, ist ganz lustig."

    Mit der Pflege der Tiere sollen die Schüler lernen, Verantwortung zu übernehmen. Es gibt aber auch soziale Projekte zum Beispiel für die Dritte Welt, es gibt einen Chor, ein Orchester, Theater-, Kunst- und Werkgruppen. Die Schüler können an zahlreichen Wettbewerben vom Schachspielen bis zum Wirtschaftsclub teilnehmen, und…

    "…massgeblich bei einer reinen Jungenschule sind natürlich alle Sportangebote, also was so im Fußball zu gewinnen ist in und außerhalb Bonns versuchen wir zu gewinnen und das gelingt uns auch meistens, aber auch viele andere Sportarten bis hin zum Hockey oder bis hin zur Jonglier-AG, wir haben sehr vieles in der Nachmittagsbetreuung."

    Kurz: Das Collegium Josephinum, kurz Cojobo, bietet Viel, einschließlich nachmittäglicher Hausaufgabenbetreuung inklusive Mittagessen. In Bonn genießt die Schule einen ausgesprochen guten Ruf. Der führt in erster Linie dazu, dass die Schule jedes Jahr Bewerber abweisen muss. Doch die Diskussion über Jungen als Verlierer des Bildungssystems hat ein Übriges dafür getan, dass für Eltern auch eine reine Jungenschule infrage kommt, meint Lehrerin Barbara Gauder:

    "In den letzten Jahren war eher die Frage da, ob man das denn in der heutigen Zeit noch machen könne, inzwischen ist es aber durch die öffentliche Diskussion dazu gekommen, dass die Eltern sozusagen Rückenstärkung durch diese Studien haben, und deshalb eigentlich relativ beruhigt sind und diese Frage weniger stellen."

    Ab Klasse 11 gibt es ohnehin eine Kooperation mit einer nahegelegenen Mädchenschule.

    Das Cojobo ist eine katholische Schule, Kinder muslimischer Migranten sind hier die absolute Ausnahme, ebenso Hartz-IV-Empfänger, dafür ist der katholische Mittelstand breit vertreten. Da sie in kirchlicher Trägerschaft ist, kann sich die Schule auch seit Jahrzehnten ihre Lehrer selbst aussuchen. Auch für die sind die vielen Angebote der Schule attraktiv, deshalb kann Peter Billig aus vielen Bewerbern auswählen. So manche Probleme anderer Schulen gibt es am Cojobo einfach nicht. Und den Schülern, wie Marko Vraetz, der in zwei Jahren sein Abi macht, fällt irgendwann gar nicht mehr auf, dass sie auf einer Jungenschule sind.

    "Natürlich geht das auf einer Jungenschule ein bisschen rabiater zu, das denke ich ist ganz normal und wahrscheinlich gibt auch nicht die üblichen Reibereien, die es zwischen Mädchen und Jungen gibt, aber im Allgemeinen ist es der ganz normale Schulalltag."

    Dass es die Kooperation mit einer Mädchenschule gibt, darüber ist Marko aber doch froh, von dort kommt nämlich seine Freundin.