Bis zu 200 Kilometer hoch soll der Wasserdampf aus dem Eis an Europas Südpol ins All schießen. Und doch wurden diese imposanten Fontänen bislang nur ein einziges Mal mit dem Weltraumteleskop Hubble beobachtet. Das war Ende 2013. Damals war der Mond auf seiner elliptischen Umlaufbahn um Jupiter am weitesten von dem Planeten entfernt. Weil die Anziehungskräfte Jupiters dann nicht so stark sind, öffnen sich zu der Zeit Risse im Eispanzer Europas, aus denen der Wasserdampf in den Weltraum entweicht.
"Der Mond Europa ist sehr weit entfernt. Unsere Möglichkeiten mit Hubble sind begrenzt. Wir konnten die Geysire vor einigen Wochen jedoch erneut nachweisen. Derzeit untersuchen wir ihre Höhe und ihre Zusammensetzung. Die Existenz solcher Fontänen wäre der Beweis, dass dieser Mond geologisch aktiv ist. Über solche Geysire steht der Ozean unter dem Eis in direktem Kontakt mit der Oberfläche des Mondes."
Jim Green ist der Direktor der Abteilung für Planetenwissenschaften beim Hauptquartier der US-Raumfahrtbehörde NASA in Washington, D.C. Der jüngste Nachweis der Wasserdampffontänen gelang Wissenschaftlern am Space Telescope Science Institute, das das Weltraumteleskop Hubble betreibt. Diese Entdeckung kommt der NASA gerade Recht. Denn schon in sechs Jahren wollen die Amerikaner erstmals eine Sonde zu Europa schicken. Die europäische Weltraumagentur ESA soll sich mit einer Nutzlast daran beteiligen, die eine Vierteltonne wiegen darf. Dafür kämen drei Modelle in die engere Wahl, erklärt Michel Blanc vom International Space Science Institute in Bern.
"Es gibt die Idee eines Free Flyers. Das wäre eine kleinere Sonde, die sich vom amerikanischen Mutterschiff löst. Sie könnte flexibel einzelne Ziele ansteuern, beispielsweise durch die Wasserdampffontänen fliegen, Proben entnehmen und zurückkehren zum Mutterschiff."
Geschosse auf die Mondoberfläche
Die zweite Möglichkeit für eine europäische Nutzlast wären Penetratoren. Solche patronenförmigen Geschosse werden derzeit bereits vom University College in London getestet. Sie sind etwa einen halben Meter lang. Ihre Aufgabe: sich senkrecht in die Eiskruste Europas zu bohren. Beim Aufschlag können sie einen halben bis mehrere Meter tief ins Eis eindringen.
"Und dann gibt es da noch eine ehrgeizigere und kompliziertere Idee. Wir könnten nämlich auch eine Tochersonde bauen, die in eine Umlaufbahn um Europa eintritt. Aus einer Umlaufbahn heraus könnten wir die Tiefe des Ozeans unter dem Eis bestimmen. Allerdings müsste solch eine Sonde über eine Isolierschicht verfügen, die sie vor der hochenergetischen Strahlung Jupiters schützt. Und das würde mehr Gewicht bedeuten."
Noch ist nicht klar, ob sich ein Europa Orbiter mit einer Gewichtsvorgabe von 250 Kilogramm realisieren lässt. Denn auch der Treibstoff, der zum Abbremsen und zum Einschwenken in eine Umlaufbahn nötig wäre, würde das Gesamtgewicht erhöhen. Im Laufe dieses Jahres wird die ESA auf verschiedenen Konferenzen Wissenschaftler zum Für und Wider der einzelnen Modelle befragen. Den Europäern bleibt nicht viel Zeit, denn mit dem Bau der Sonde muss bald begonnen werden. 2022 soll die Europa-Mission starten. An Bord wird dann auch ein amerikanischer Lander sein. Dessen Design steht zwar noch nicht fest. Eines werde er aber auf jeden Fall können, so Jim Green von der NASA: Hören.
"In unseren Ozeanen können sich Schallwellen weitläufig ausbreiten. Als Taucher habe ich vor Hawaii unter Wasser den Gesang von Buckelwalen gehört. Wir werden auch in Europas Ozean hineinhorchen, ob es dort komplexe Organismen gibt, die Geräusche machen. Wenn wir etwas hören, wäre das ein Volltreffer. Und dann wäre unsere nächste Sonde mit Sicherheit ein U-Boot."