Der Jurist Marius Breucker sprach in der Sendung "Sport am Samstag" mit Blick auf den Umgang des IOC mit der russischen Staatsdoping-Affäre von einem Dilemma: dem Dilemma, "dass wir einerseits ein strukturelles Dopingproblem haben, dadurch auch den Verband aus meiner Sicht zu Recht ausschließen - andererseits aber Einzelfallgerechtigkeit gewährleisten wollen. Und das geht eben nur, wenn ich jedem Sportler einzeln einen individuellen Verstoß nachweise."
Was die vom IOC vor den Olympischen Winterspielen in Südkorea gesperrten russischen Athleten angeht, ist das offenbar nicht in jedem Fall gelungen: Der internationale Sportgerichtshof CAS hat in der vergangenen Woche die Sperren von 28 Sportlern komplett annulliert. Manche Beobachter, wie zum Beispiel der Chef der dänischen Anti-Doping-Agentur Michael Ask, haben daraufhin die Taktik des IOC kritisiert, keine Kollektivsperre verhängt zu haben.
Es braucht einen individuellen Schuldnachweis
Marius Breucker dagegen machte deutlich, dass er "ein Freund von Einzelfallgerechtigkeit" ist: "Ich glaube nicht, dass wir gut daran tun, Kollektivstrafen zu verhängen", sagte der Jurist im Dlf. Das führe zwar "bei strukturellem Doping dazu, dass wir vielleicht auch einzelne Sportler nicht überführen können und dann letztlich zu den Olympischen Spielen zulassen müssen". Aber dieses Dilemma gehöre für ihn dazu: "Ich denke, man muss dem Einzelnen seinen Dopingverstoß nachweisen und kann nicht einfach aufgrund eines strukturellen Dopings pauschal auf Dopingvergehen der Einzelnen schließen."
In diesem Zusammenhang verwies Breucker auf die Möglichkeit, einzelne Sportler auch aufgrund von Indizien zu sperren: "Es ist nicht so, dass wir jedes Mal eine positive Dopingprobe brauchen, um einen Sportler zu sperren - man kann auch aufgrund von Indizien einen Sportler sperren." Diese Indizien müssten dann aber eben auch "im Einzelfall" vorliegen. "Nur aufgrund der Strukturen den Einzelnen auszuschließen ohne einen individuellen Schuldnachweis", konstatierte Breucker, "das halte ich juristisch und rechtsstaatlich für fragwürdig".
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