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Juristisches Nachspiel

Der Kleinkrieg auf dem privaten Krankenhausmarkt geht weiter. Mit einer denkbar knappen Mehrheit hat sich das Rhön-Klinikum für eine Übernahme hübsch gemacht. Doch wichtige Aktionäre sehen sich bei der Abstimmung übertölpelt und wollen klagen.

Von Michael Braun |
    Die Schlacht ist womöglich noch nicht geschlagen. Zum letzten Mal sollten gestern 90 Prozent zustimmen, dass beim Krankenhausbetreiber Rhön-Klinikum wichtige Beschlüsse künftig auch mit einer Mehrheit von nur 75 Prozent gültig sind. Es waren 90,54 Prozent. Also denkbar knapp. Einige oppositionelle Stimmen vom Medizintechnikunternehmen B. Braun (Melsungen) wurden aber gestern nicht gewertet. Angeblich fehlte die ordentliche Legitimation. Nun will B. Braun die Hauptversammlungsbeschlüsse anfechten. Wohl auch deshalb war dem Fresenius-Konzern, Eigentümer der größten Klinikkette namens Helios, nicht zu entlocken, ob es einen neuen Übernahmeversuch für die 54 Rhön-Kliniken geben wird. Klar ist: Fresenius-Chef Ulf Schneider will im Krankenhausmarkt wachsen, ob mit oder ohne Rhön:

    "Wir werden unsere führende Stellung im deutschen Krankenhausmarkt durch weitere Zukäufe stärken. Immer mehr Krankenhäuser werden privatisiert. Das bietet uns langfristig Wachstumsmöglichkeiten."

    Der Vorstand von Rhön begrüßte die gestrigen Beschlüsse, mahnte aber, niemand solle nun quasi automatisch auf einen neuen Übernahmeversuch durch Fresenius schließen. Aber der Gründer und Großaktionär von Rhön, Eugen Münch, hat seine Präferenzen deutlich gemacht. Alle anderen möglichen Partner passten nicht:

    "Das ist der Grund, warum ich konkret Fresenius vorziehe."

    Ein Zusammenschluss von Rhön und Helios brächte mit einem addierten Umsatz von sechs Milliarden Euro den größten Krankenhauskonzern hervor. Er wäre dem Umsatz nach doppelt so groß wie Asklepios. Die Zahl der Patienten läge mit mehr als fünf Millionen gut doppelt so hoch wie bei dem Asklepios. Größe zählt etwas, weil sie Spezialisierung erlaubt - und Macht gegenüber Lieferanten, Krankenkassen und der Konkurrenz. Nur Kliniken kaufen und dann besser, also billiger organisieren, das reiche nicht mehr, weiß Rhön-Klinikum-Vorstand Martin Siebert:

    "Die Effizienzreserven der Krankenhäuser erschöpfen sich irgendwann. Was wir daher nicht oft genug anmahnen können, sind substanzielle strukturelle Reformen. Denn die Vergütung der medizinischen Leistungen deckt die Steigerungsraten zum Beispiel bei der Tarifentwicklung nicht."

    In einzelnen Regionen sollen sich Kliniken spezialisieren, aber in einem Netzwerk zusammenarbeiten, dabei auch elektronische Patientenakten austauschen. Nicht jedes Krankenhaus soll mehr alles machen. Die Patienten werden Erfahrungen wie beim Lebensmitteleinkauf machen, sagt Analyst Thomas Schiessle von Equi.ts:

    "Sie werden es mit Ketten zu tun haben - so wie früher der Einzelhandel anders aussah, der Lebensmittelhandel, der heute auch durch Ketten dominiert ist."

    Die wirtschaftliche Lage der gut 2000 Krankenhäuser in Deutschland stützt diese Zukunft der Konzentration und Kettenbildung: Sie habe sich deutlich verschlechtert, hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung festgestellt. 2011 hätten sich 13 Prozent der Krankenhäuser im roten Bereich mit erhöhter Insolvenzgefahr befunden. Bei öffentlich-rechtlichen Häusern habe die Gefahr deutlich höher gelegen, bei privaten Kliniken mit nur zwei Prozent deutlich niedriger.