Die Entscheidung des Zweiten Senats fiel einstimmig aus: Das Bundesverfassungsgericht verwarf die Klage der AfD in allen Punkten. Die hatte eigentlich erreichen wollen, dass das Bundesverfassungsgericht die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung des Jahres 2015 beanstandet. Da es dafür aber keinen Rechtsweg gibt, hatte die Fraktion zu einem Trick gegriffen. Der Bundestag, so die Argumentation, hätte befasst werden müssen. Die Fraktion strengte deshalb eine sogenannte Organklage an, in der sie behauptete, die Rechte des Bundestages seien verletzt worden.
So geht das nicht, entschieden die Verfassungsrichter nun. Der Bundestag habe zwar eigene Rechte, er sei aber nicht dazu da, eine allgemeine Aufsicht über die Rechtmäßigkeit von Regierungshandeln vorzunehmen oder durchzusetzen. Genau das hätte die AfD aber gern gehabt.
Die Verfassungsrichter waren nicht überzeugt
"Die schieben das auf die formelle Schiene und sagen: Formell geht es so nicht. In der Sache hat das Bundesverfassungsgericht kein Wort dazu gesagt",
kritisiert Stephan Brandner als Justiziar der Fraktion. Die verkenne allerdings damit die eigene Rolle und die des Verfassungsgerichts, antwortet die rechtspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker.
"Es gibt im Organstreitverfahren keinen allgemeinen Verfassungsmäßigkeits-Prüfungsanspruch oder ähnliches, sondern es ist begrenzt darauf, eigene Rechte geltend zu machen."
Die Abgeordneten der AfD hatten in ihrer Klage konkret die Entscheidung der Bundesregierung aus dem Sommer 2015 kritisiert, Drittstaatsangehörige, die in Deutschland um Schutz nachsuchten, nicht an der Grenze zurückzuweisen. Wenn man eine solche Entscheidung treffe, müsse das durch ein Gesetz geschehen, das gleichzeitig festlege, wann und für wen das gelten solle. Die Verfassungsrichter überzeugte das nicht. Denn gleichzeitig machte die AfD-Fraktion im selben Antrag deutlich, dass sie – wörtlich – selbst "am allerwenigsten" bereit wäre, an einem solchen Gesetz mitzuwirken. Nach Ansicht der Richter wird also deutlich, dass es den Abgeordneten nicht um ihre Mitwirkung und ihre eigenen Rechte gehe, und nur die könne sie einklagen, nicht das – wörtlich – "Unterbinden von Regierungshandeln", um das es der Fraktion gehe.
Die Unzulässigkeit der AfD-Klage war erwartet worden
"Das Bundesverfassungsgericht sagt viele andere Sachen, mit denen wir nicht einverstanden sind", antwortet Stephan Brandner. Als die AfD ihre Klage eingereicht hatte, war die Unzulässigkeit zwar erwartet worden. Trotzdem hatten auch Vertreter der Regierungskoalition bedauert, dass dann keine inhaltliche Klärung möglich wäre. Das läge aber in der Natur der Sache, sagt heute die CDU-Politikerin Winkelmeier-Becker.
"Für mich ist in der Bewertung, in der Rückschau der Zeit auch letztendlich das Entscheidende, dass es eine sehr große, breite Zustimmung zu der Politik im Bundestag gab, und das alles, was man ändern wollte, und, wofür es eine politische Mehrheit gab, ja dann auch einschränkend geregelt worden ist."
Schriftlich beklagte die AfD-Fraktion, entscheidend sei gewesen, dass die AfD 2015 nicht im Bundestag war. Tatsächlich hätte nahe gelegen, dass das Bundesverfassungsgericht den AfD-Antrag schon allein deshalb als unzulässig abweist. So leicht allerdings machten es sich die Richter nicht: Da die Klage ohnehin unzulässig sei, entschieden sie nun, könne dahinstehen, ob diese zeitliche Komponente überhaupt eine Rolle spiele.