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Justizreform in Polen
Opposition hofft auf Präsident Duda

Im Streit um die Unabhängigkeit von Polens Justiz sind alle Augen auf Präsident Andrzej Duda gerichtet. An diesem Montag berät das Staatsoberhaupt mit wichtigen Justizvertretern. Die Opposition schöpft neue Hoffnung, dass er die Gesetze der umstrittenen Justizreform nicht unterschreibt.

Von Florian Kellermann |
    Andrzej Duda spricht bei einer Pressekonferenz in ein Mikrofon, im Hintergrund die Flaggen Polens und der EU.
    Polens Präsident Andrzej Duda (picture alliance / dpa / Leszek Szymanski)
    Im Lauf des Wochenendes mehrten sich die Hinweise, dass Präsident Andrzej Duda tatsächlich ein Veto einlegen könnte, zumindest gegen das Gesetz zum Obersten Gerichtshof. Es wurde bekannt, dass Duda sich morgen nicht nur mit der Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs, Malgorzata Gersdorf, treffen wird. Auch der Vorsitzende des Landesjustizrats, der komplett umgestaltet werden soll, erhielt eine Gesprächseinladung des Präsidenten. Duda wird sich also mit zwei profilierten Gegnern der Justizreform zumindest unterhalten.
    Fehler durch Hast entstanden
    Zudem wurde bekannt, dass im Gesetz zum Obersten Gerichtshof ein schwerwiegender handwerklicher Fehler enthalten ist. Dudas Sprecher Krzysztof Lapinski: "Der Präsident ist Jurist und hat festgestellt, dass hier Fehler enthalten sind, offenbar durch die Schuld der Abgeordneten, von denen die Gesetzesvorlage stammt. Eine bestimmte Frage ist in dem Gesetz auf zwei verschiedene Arten geregelt. Der Präsident wird das bei seiner Entscheidung berücksichtigen." Ein Fehler, der offenbar durch die Hast zustande kam, mit der die rechtskonservative Regierungspartei PiS das Gesetz durch das Parlament brachte. Duda könnte das Veto also schon aus rein formalen Gründen einlegen. So würde er sich, zumindest inhaltlich, nicht gegen die Regierungspartei PiS stellen, aus der er stammt. Er könnte das Gesetz allerdings auch unterschreiben und nur eine rasche Novelle fordern.
    Verfassungsrechtler rufen Duda auf, auch die anderen beiden der drei Gesetze, aus denen sich die Justizreform zusammensetzt, zu stoppen. Marek Chmaj, Professor an einer privaten Hochschule in Warschau: "Wenn der Präsident diese Gesetze unterschreibt, dann muss er sich darüber bewusst sein, dass er verschiedene andere Gesetze und die Verfassung verletzt. Dafür kann er vor dem Staatstribunal angeklagt werden."
    Die Bürger wollen den Druck auf Duda erhöhen
    Weiterhin protestieren Zigtausende in den polnischen Großstädten gegen die Reform. Sie wollen den Druck auf Präsident Duda erhöhen. Schon am Samstag schloss sich ihnen Lech Walesa an, der Friedensnobelpreisträger und Regimegegner im kommunistischen Polen. Der herzkranke Walesa trat in seiner Wahl-Heimatstadt Danzig auf die Bühne: "Unserer Generation ist gelungen, Polen in die Freiheit zu führen. Und dazu gehört die Gewaltenteilung. Wer auch immer diesen Sieg in Frage stellt: Ihr Jungen solltet ihm das nicht erlauben. Ich werde trotz meines Zustands immer auf eurer Seite sein."
    Auch einige Publizisten von Medien, die in der Regel die Regierungspartei PiS stützen, haben sich inzwischen kritisch zur Justizreform geäußert. Justizminister Zbigniew Ziobro erhalte zu viele Kompetenzen, erklärte Piotr Semka von der Zeitschrift "Do rzeczy". Solche Äußerungen aus dem Umfeld der PiS geben den Regierungsgegnern Hoffnung, dass die Reform, zumindest in ihrer derzeitigen Gestalt, nicht in Kraft treten wird.