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JVA Bremen-Oslebshausen
Haft in uralten Zellen

Das Bundesverfassungsgericht hat 2015 Richtlinien für ein menschenwürdiges Leben im Gefängnis festgelegt. Doch einige Zellen der JVA Bremen-Oslebshausen stammen noch aus den Anfangszeiten von 1874 und sind weiter marode, obwohl schon seit sechs Jahren saniert wird.

Von Almuth Knigge |
    Bildnummer: 58859332 Datum: 23.11.2012 Copyright: imago/Michael Bahlo Innenansicht der Justizvollzugsanstalt Bremen Oslebshausen am 23.11.2012. In einem neuen Gebäude werden zukünftig neben der gesamten Verwaltung der JVA auch der Besuchbereich, die Sicherheitszentrale, das Lazarett und weitere zentrale Funktionen der JVA ihren Sitz haben. Außerdem sind in das Gebäude hundert neue Haftplätze integriert. JVA Bremen Oslebshausen Gesellschaft Fotostory x0x xkg 2012 quer Knast Minister Bremen Oslebs Gitter Gefängnis Haft Justizvollzugsanstalt JVA Mauer Stacheldraht Zaun Überwachung 58859332 Date 23 11 2012 Copyright Imago Michael Bahlo Interior view the Prison Bremen at 23 11 2012 in a New Building will future next to the whole Administration the JVA too the the Security headquarters the Military hospital and more Headquarters Functions the JVA theirs Seat have moreover are in the Building Hundred New integrated JVA Bremen Society Photo Story x0x xkg 2012 horizontal Prison Ministers Bremen Grid Prison Arrest Prison JVA Wall Barbed wire Fence Monitoring
    Die Sanierungen in der JVA Bremen-Oslebshausen dauern seit sechs Jahren an und gehen noch mindestens fünf Jahre weiter (imago stock&people)
    JVA Bremen Oslebshausen. Besuch im denkmalgeschützten Backstein-Knast.
    Frank B. sitzt nicht zum ersten Mal im Gefängnis, aber zum ersten Mal bekommt er Besuch in seinem Haftraum und deshalb ist er ein bisschen aufgeregt:
    "Dann können Sie bitte eintreten, wenn Sie möchten."
    "Ja, danke schön."
    "Hallo."
    "Schönen Guten Morgen. Hätten Sie gar nicht aufräumen müssen für mich."
    "Doch, das gehört sich so."
    Ordnung muss sein, gerade auf acht Quadratmetern Lebensraum.
    "Wenn Sie wollen, setzen Sie sich hier."
    Ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch, ein offenes Regal - das WC hinter einer halbhohen Wand in der rechten Ecke des Raums.
    "Also wie Sie jetzt sehen können, es ist ziemlich dreckig."
    Der Betonboden ist nicht dreckig, eher alt. Das Gebäude ist von 1874. Und der Fußboden, die sanitären Anlagen, das Waschbecken und die Fenster sehen auch so aus, als seien sie noch aus den Anfängen der JVA. Abgesehen davon ist jeder Gefangene für die Sauberkeit in seiner Zelle selber zuständig, hier gibt es keine Putzkolonne, die mal kurz feucht durchwischt.
    "Man ist irgendwo lebendig begraben"
    "Ja, verstehen Sie, was ich meine, das ist alles ein bisschen alt."
    Anders ausgedrückt: Dringend sanierungsbedürftig. Die Klagen häufen sich. Man hört von Keimbelastung, kaputten Dächern: "Gehen Sie mal in die Dusche, da ist alles voll Schimmel oben."
    Die Mängelliste wird immer länger: "Und im Winter ist es sehr kalt. Jetzt nicht nur, weil das Fenster auf ist. Das Fenster geht auch gar nicht richtig zu, wenn ich Ihnen das mal zeigen kann. Stellen Sie sich das mal im Winter vor, wenn es eiskalt ist."
    Die Fenster sind nicht nur undicht, sie sind auch sehr, sehr klein. Und hoch. Wenn Frank B. aus dem Fenster schauen will, dann muss er auf den Stuhl steigen.
    "Ja ich weiß, das möchte ich auch nochmal sagen, ich bin in der Haft, ich weiß, wo ich bin. Ich bin hier nicht im Hotel, das ist mir schon irgendwo klar." Aber: "Man ist ja eh schon irgendwo lebendig begraben hier. Man ist ja eingeschlossen, es gibt kaum Arbeit, kaum eine Möglichkeit, sich selber zu beschäftigen hier. Und dann noch in so einem trostlosen Haftraum zu sitzen, das kommt dann noch drauf."
    Elfjährige Sanierung für 100 Millionen Euro
    Auf dem Weg zum Büro des Anstaltsleiters wird der Zustand des Gefängnisses deutlich: Auf dem Boden der Tischlerei stehen Pfützen - es hat mal wieder reingeregnet. Im Keller, dort wo die Ergotherapie sitzt, müffelt es - keiner weiß, wo der Geruch herkommt. An der Wand des sanierten Speisetraktes hingegen hat ein künstlerisch begabter Gefangener sich austoben dürfen: große Wandgemälde mit Wäldern, einer Strandlandschaft. Die Bilder von Freiheit, die er im Kopf gespeichert hat. Ein Kontrast zu dem üblichen grau-weiß. Überall auf dem Gelände stehen kleine Kunstwerke; es gibt eine Bildhauerwerkstatt in der Anstalt.
    "Wir sind mit der Anstalt zufrieden," sagt der Direktor, Carsten Bauer. Er weiß aber auch um die Mängel in den unsanierten Gebäuden, in den Zellen, bei den Sanitäranlagen und die Bauarbeiten, die schon seit sechs Jahren andauern - und noch mindestens fünf Jahre weitergehen. Insgesamt 100 Millionen Euro wird die Sanierung dann gekostet haben. Carsten Bauer sagt, er kenne die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und die hat 2015 festgelegt, wie eine menschenwürdige Haft zu sein hat:
    "Ja, die Unterbringung in den alten Hafträumen von 1874 - das ist nicht mehr zeitgemäß. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Unterbringung, die wir haben, nicht gegen die Menschenwürde verstößt, das ist die Grenze."
    Wohngruppen als erster Schritt zur Resozialisierung
    Die Grenze, das zum Beispiel ist die Größe der Hafträume. Auch die neuen Zellen werden nicht größer als zehn Quadratmeter sein. Nach wie vor gibt es nur eine Toilette und keine eigene Dusche. Dahinter steckt eine Idee:
    "Wir wollen nicht den Insassen große Hafträume zur Verfügung stellen, Fernseher rein, und dann sitzt jeder in seinem Haftraum und guckt schön Fernsehen. In der Anstalt sollen Wohngruppen entstehen, in denen Leben stattfindet, gemeinsames Leben stattfindet, das ist uns wichtiger als ein um zwei Quadratmeter größerer Einzelhaftraum."
    Resozialisierung steht in allen Landesgesetzen zum Strafvollzug, außer dem Bayerischen, an erster Stelle. Danach kommt erst der Strafgedanke.
    "Ich kann nur jedem versichern, Strafvollzug ist auch bei einer angemessenen Unterbringung mit einem hinreichend großen Fenster eine derartige Einschränkung. Und das ist auch die Einschränkung, zu der der Mensch verurteilt ist, das sieht das Strafrecht vor. Eine erniedrigende Behandlung mit einer möglichst schlechten Unterbringung - so etwas ist in Deutschland nicht vorgesehen und da macht auch keinen Sinn."