Es war ein Kraftakt für die Koalition, dass der Durchbruch am Ende noch gelungen ist. Darüber freut sich ganz besonders ein Vizekanzler, der Kanzler werden möchte. SPD-Finanzminister Olaf Scholz: "Wir brauchen eine ordentliche Bezahlung von Männern und Frauen, die harte Arbeit leisten. Und es darf nicht bei Worten bleiben. Es muss zu Taten und zu richtigen Überweisung kommen. Das haben wir jetzt gesetzlich möglich gemacht."
Auf dem Höhepunkt der Pandemie wurde auf Balkonen für den Einsatz der Pflegekräfte geklatscht. Doch Gesundheitsminister Jens Spahn musste sich anhören lassen, die Alten- und Krankenpfleger nicht dauerhaft finanziell besser zu stellen. So räumt der Christdemokrat heute ein: "Auch der Pflegebonus, der bezahlt worden ist, steuerfrei im letzten Jahr in der Altenpflege und zweimalig in besonderen Bereichen der Krankenhauspflege, alleine jedenfalls reicht nicht, sondern es braucht über die einmalige Leistung hinaus strukturelle Veränderungen."
Finanzierung durch Steuergeld
Mehr Geld für die Pflegenden. Das soll nicht zulasten der Heimbewohner gehen. Weiterer Kernpunkt der Reform ist im Gegenteil eine Entlastung der Pflegebedürftigen. Gut 2.000 Euro durchschnittlich kostet derzeit die Betreuung im Heim pro Monat. Die Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil der Kosten. Ursprünglich wollte Gesundheitsminister Jens Spahn den Eigenanteil auf 700 Euro im Monat begrenzen. Die jetzt geplante Entlastung fällt deutlich geringer aus. Im ersten Pflegejahr soll die Pflegekasse fünf Prozent der Kosten übernehmen, im zweiten bereits 25 Prozent. Ab dem vierten Jahr übernimmt der Staat 70 Prozent. Die Koalition rechnet dadurch mit einer monatlichen Entlastung von 640 Euro nach drei Jahren Pflege.
"Wir wissen, dass insbesondere dann, wenn es bei Pflege im Altenheim nicht um Monate, sondern um Jahre geht, viele Familien trotzdem auf Sozialhilfe angewiesen sind, weil natürlich über die Jahre sehr hohe Summen zusammenkommen."
Finanziert wird die Reform durch Steuergeld. Geplant ist ein Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro im Jahr. Zunächst war die Rede von 2,6 Milliarden Euro gewesen. Die Beiträge zur Pflegeversicherung sollen nicht erhöht werden. Ausnahme: Kinderlose müssen künftig 3,4 statt 3,3 Prozent des Bruttolohnes für die Pflege aufbringen. Schon vor 20 Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht eine Mehrbelastung von kinderlosen Paaren gutgeheißen.
VdK befürchtet Personaleinsparungen
Aus Sicht von DAK-Chef Andreas Storm steht die Finanzierung der Reform dennoch auf sehr wackeligen Füßen. Er rechnet schon im kommenden Jahr mit einem Defizit von zwei Milliarden Euro. Gesine Lötzsch, Fraktionsvize der Linkspartei, verweist zudem darauf, dass es in der Pflegebranche gar keinen flächendeckenden Tarifvertrag gibt. Von guter Bezahlung kann ihrer Ansicht nach auch künftig keine Rede sein.
"Darum wäre die Forderung, einen festen Betrag, der mindestens zusätzlich auf diese Lohnerhöhung kommen muss, festzulegen. Wir als Linke sagen, sie müssten mindestens 500 Euro mehr Grundgehalt für die Pflegekräfte realisieren."
Verena Bentele vom Sozialverband VdK fürchtet Personaleinsparungen im Pflegebereich, um höhere Löhne auszugleichen. Die FDP stößt sich an der Beitragserhöhung für Kinderlose. Wenn die Reform Ende des Monats den Bundestag passiert, soll sie im kommenden Jahr in Kraft treten.