Vor allem junge Menschen gingen 2019 auf die Straße, um gegen Upload-Filter zu protestieren - also Algorithmen, die auf Plattformen automatisch Inhalte sperren, wenn diese womöglich gegen Urheberrecht verstoßen. Die umstrittenen Filter kommen nun wohl trotzdem: Gestern hat das Kabinett das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz beschlossen, das die 2019 beschlossenen EU-Richtlinien zum Urheberrecht in nationales Recht überträgt.
Bis Juni hat Deutschland für die Umsetzung der EU-Entscheidungen Zeit. Damit der entsprechende Gesetzentwurf in Kraft tritt, müssen nun noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. Den Gesetzentwurf hat das Bundesjustizministerium bereits veröffentlicht. Die wichtigsten Punkte für Nutzerinnen und Nutzer im Überblick:
- Wenn das Gesetz so beschlossen wird: Welche Inhalte darf ich als Nutzerin oder Nutzer noch hochladen?
- Was passiert, wenn ein Upload-Filter greift?
- Bin ich beim Urheberrecht auf der sicheren Seite, solange ich mich an die Vorgaben halte?
- Wenn ich selbst ein Foto mache und hochlade – meldet sich Facebook dann bei mir für die Lizenzierung?
- Darf ich künftig überhaupt noch Gifs, Fotocollagen und Memes teilen und verschicken?
Wenn das Gesetz so beschlossen wird: Welche Inhalte darf ich als Nutzerin oder Nutzer noch hochladen?
Wenn das Gesetz so wie jetzt vorgeschlagen in Kraft tritt, dann haften Plattformen wie Facebook und YouTube für sämtliche Inhalte, die sie verbreiten. Sie werden also genau kontrollieren, welche Videos, Fotos und Audios Userinnen und User hochladen und jede Datei vor der Veröffentlichung automatisiert prüfen. Die als Upload-Filter bekannten Algorithmen zur Vorsortierung von Inhalten kommen trotz aller Proteste jetzt also höchstwahrscheinlich doch.
Auf der sicheren Seite sind Nutzerinnen und Nutzer mit allen Inhalten, die unter freien Lizenzen, sogenannten Creative Commons, veröffentlicht werden. Diese Lizenzen geben genau an, unter welchen Bedingungen Inhalte frei verwendet werden dürfen, zum Beispiel mit Nennung der Quelle.
Kompromiss zwischen drei Parteien
Die neuen Regelungen zum Urheberrecht sollen die entgegengesetzten Interessen verschiedener Parteien unter einen Hut bringen. Große Teile der Netzkultur beruhen darauf, dass Nutzerinnen und Nutzer Inhalte verändern, zitieren und verbreiten. Das soll weiterhin möglich sein. Gleichzeitig wollen die Kreativen, die Fotos, Videos und Audios erstellen und zum Teil auch davon leben, für die Nutzung ihrer Inhalte vergütet werden. Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften, wie etwa die GEMA, fordern schon lange, das Urheberrecht im Internet besser durchzusetzen. Hier kommen die Plattformen ins Spiel, also zum Beispiel Facebook und Google. Sie fordern klare und einheitliche Vorgaben, welche Inhalte wann genutzt werden dürfen. Nur so können sie die Flut von täglich hochgeladenen Inhalten automatisiert überprüfen.
Die neuen Regelungen zum Urheberrecht sollen die entgegengesetzten Interessen verschiedener Parteien unter einen Hut bringen. Große Teile der Netzkultur beruhen darauf, dass Nutzerinnen und Nutzer Inhalte verändern, zitieren und verbreiten. Das soll weiterhin möglich sein. Gleichzeitig wollen die Kreativen, die Fotos, Videos und Audios erstellen und zum Teil auch davon leben, für die Nutzung ihrer Inhalte vergütet werden. Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften, wie etwa die GEMA, fordern schon lange, das Urheberrecht im Internet besser durchzusetzen. Hier kommen die Plattformen ins Spiel, also zum Beispiel Facebook und Google. Sie fordern klare und einheitliche Vorgaben, welche Inhalte wann genutzt werden dürfen. Nur so können sie die Flut von täglich hochgeladenen Inhalten automatisiert überprüfen.
Eigene Fotos hochzuladen ist grundsätzlich unproblematisch, schließlich besitzt man selbst die Rechte an dem Material. Das gilt auch für Videos, solange sie nicht mit Musik von einem anderen Urheber unterlegt sind. Mit vielen Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften haben die Plattformen außerdem schon jetzt Lizenzverträge abgeschlossen. Videos und Musik, die davon abgedeckt sind, lassen sich problemlos hochladen und werden entsprechend vergütet.
Anders sieht es mit Inhalten aus, die zwar rechtlich geschützt, aber nicht zur Nutzung lizenziert sind. Versucht ein Nutzer diese hochzuladen, kann es passieren, dass sie herausgefiltert und nicht veröffentlicht werden.
Auch wenn der Filter erkennt, dass eine Datei urheberrechtlich geschützte und nicht lizenzierte Inhalte enthält, können Nutzerinnen und Nutzer sie trotzdem hochladen – wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen und das der Plattform bestätigen.
Sie dürfen mit dem Inhalt keine erheblichen Einnahmen generieren und sie müssen das verwendete Werk mit anderem Inhalt kombinieren. Außerdem dürfen sie von einem fremden Werk maximal die Hälfte verwenden.
Zusätzlich sieht der Entwurf Regeln vor, wie viel man vom einem fremden Werk nutzen darf: Hochgeladen werden können Textausschnitte von weniger als 160 Zeichen Länge, Bilddateien bis 125 Kilobyte Dateigröße und bis zu 15 Sekunden Bild- oder Tonspur.
Auch von diesen Werten gibt es aber wiederum Ausnahmen. Der Nutzer kann angeben, dass sein Inhalt eine Parodie, Karikatur oder ein Pastiche ist oder aber als Zitat gilt. In diesen Fällen kann er den Inhalt hochladen, auch wenn er die Grenzwerte überschreitet.
Die genannten Vorgaben sollen den Plattformen vor allem helfen, die Inhalte effektiv zu filtern. Sie bedeuten nicht, dass die Nutzung der Inhalte ausdrücklich erlaubt ist. Theoretisch kann ein Rechteinhaber im Anschluss immer noch gegen einen Urheberrechtsverstoß vorgehen. Das Gesetz besagt lediglich, dass die Nutzung im Rahmen der Regeln "mutmaßlich erlaubt" ist.
Rechteinhaber werden informiert, sobald eines ihrer Werke verwendet wird, zum Beispiel, weil der Nutzer angegeben hat, es handele sich um eine Parodie. Die Rechteinhaber haben dann die Möglichkeit, die Veröffentlichung sofort zu stoppen, bis der Fall überprüft ist. Nutzerinnen und Nutzer sollten die Funktion, Inhalte als Ausnahme zu kennzeichnen, nicht missbrauchen, sonst kann ihnen die Plattform dieses Recht entziehen.
Wenn ich selbst ein Foto mache und hochlade – meldet sich Facebook dann bei mir für die Lizenzierung?
Jeder, der schon mal ein Urlaubsfoto geknipst hat, besitzt Rechte an diesem Bild. Den Plattformen ist es aber nicht zuzumuten, mit sämtlichen Privatpersonen Lizenzverträge abzuschließen. Das geplante Gesetz soll den Umgang zwischen den so genannten Diensteanbietern, also Google, Facebook und Co., und großen Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften regeln.
Das neue Gesetz betrifft nicht die private Kommunikation über Messenger wie WhatsApp oder Threema. Deren Konversationen sind in den meisten Fällen ohnehin so verschlüsselt, dass die Betreiber die Inhalte nicht sehen und somit auch nicht kontrollieren können. In der Familiengruppe dürfen also weiterhin lustige Bildchen und Gifs geteilt werden.
Wie sich das neue Gesetz auf die Meme-Kultur generell auswirkt, muss sich zeigen. Laut Entwurf soll es im Urheberrechtsgesetz in Zukunft heißen (§51a): "Zulässig ist die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist."
Das sorge für große Rechtsunsicherheit, kritisierte die ehemalige Europa-Abgeordnete Julia Reda, die jetzt für die Gesellschaft für Freiheitsrechte tätig ist, auf Twitter. "Was der 'besondere Zweck' sein soll, konnte mir nicht mal das Bundesjustizministerium erklären und verwies auf Gerichte, die das klären sollen", schreibt auch der Netzexperte Markus Beckedahl auf dem Portal netzpolitik.org. Kritik an dem verabschiedeten Entwurf kam außerdem von Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Die Politik säge immer weiter an den Nutzerrechten, schrieb er in einem Statement.