Archiv

Großbritannien
Kabinettsumbildung: Braverman entlassen - Cameron wird Außenminister

In Großbritannien hat Premierminister Sunak sein Kabinett umgebildet. Innenministerin Braverman wurde entlassen und überraschend Ex-Regierungschef Cameron zum Außenminister ernannt.

    Der neue britische Außenminister Cameron in der Downing Street. Er lächelt in die Kamera.
    Ex-Premier Cameron wurde zum neuen Außenminister in Großbritannien ernannt. (AP / James Manning)
    Braverman, vom rechten Flügel der Konservativen Partei (Tories), hatte zuletzt immer wieder für heftige Debatten gesorgt. Unter anderem bezichtigte sie die Polizei, auf dem linken Auge blind zu sein und Rechtsbrüche durch pro-palästinensische Demonstranten zu dulden. Ihre Vorwürfe hatte sie in einem Gastbeitrag in der britischen "Times" vorgebracht – ohne Abstimmung mit dem Büro des Regierungschefs, wie ein Sprecher von Sunak erklärt hatte.
    Zu Bravermans Nachfolger wurde der bisherige Außenminister Cleverly ernannt, dessen Posten nun Cameron übernimmt. Er war 2016 nach dem verlorenen Referendum über die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens zurückgetreten und hat derzeit kein Abgeordnetenmandat inne; Cameron hatte sich damals für einen Verbleib Großbritanniens in der EU eingesetzt. Die Regierung kündigte an, dass Cameron einen Sitz im Oberhaus des britischen Parlaments, im House of Lords, erhalten werde. Im Rahmen der Kabinettsumbildung kündigte inzwischen auch die britische Umweltministerin Coffey ihren Rücktritt an. Ihr Nachfolger wird Steve Barclay. Neue Gesundheitsministerin wird Victoria Atkins
    Cameron wird dem moderaten Flügel der Konservativen Partei zugerechnet. Dass er nun Minister wird, überraschte in Großbritannien auch politische Kommentatoren. Dort kämpft Premierminister Sunak angesichts äußerst schlechter Umfragewerte und einer für kommendes Jahr erwarteten Parlamentswahl derzeit um sein politisches Überleben. Eine Kabinettsumbildung war bereits seit Längerem erwartet worden. Ob ihm die Berufung Camerons nun die erhoffte Wende in den Umfragen bringen wird, gilt allerdings als fraglich. Cameron gilt nach dem verlorenen Brexit-Referendum eigentlich als politisch gescheitert.

    Lob und Kritik für Camerons Ernennung

    In der Labour-Partei stößt Camerons Ernennung auf Kritik. Der Labour-Abgeordnete McFadden sagte, die Ankündigung von Regierungschef Sunak, dass er für einen Wandel sorgen wolle, sei mit Camerons Ernennung entkräftet. Sunak hatte im Oktober erklärt, er wolle den – wie er sagte – seit 30 Jahren gültigen Status quo in Großbritannien beenden. Er bezog sich damals auch auf vorangegangene Regierungen seiner eigenen Konservativen Partei.
    Auch von EU-Parlamentsvizepräsidentin Barley kam Kritik. Camerons Berufung unterstreiche in erster Linie die fortwährenden Turbulenzen innerhalb der Konservativen Partei, erklärte die SPD-Politikerin. Cameron selbst veröffentlichte ein längeres Statement. Er sprach von großen internationalen Herausforderungen, nannte den Krieg in der Ukraine und die Krise im Nahen Osten als dringlichste Themen.
    Camerons direkte Nachfolgerin in der Downing Street, May, lobte dagegen Camerons "immense Erfahrung", die in einer Zeit großer Unsicherheit in der Welt von unschätzbarem Wert sei. Das Auswärtige Amt in Berlin stellte in einer ersten Reaktion eine enge Zusammenarbeit mit dem neuen Außenminister in Aussicht. Bundesaußenministerin Baerbock habe mit dem bisherigen britischen Amtsinhaber eng und gut zusammengearbeitet und werde dies sicherlich auch mit David Cameron fortsetzen, sagte ein Außenamtssprecher. Baerbock gratulierte Cameron beim Kurznachrichtendienst X auf Englisch.

    Nur ein Ablenkungsmanöver?

    Die britische Zeitung "Times" kommentierte, Sunak sei es gelungen, mit der Personalie Cameron die Schlagzeilen zu bestimmen und somit vom Streit mit Braverman abzulenken. Die entlassene Rechtsaußen-Politikerin hatte zuletzt immer wieder für heftige Debatten gesorgt. Ihre Entlassung kommt daher nicht überraschend.
    Dennoch gilt Braverman als aussichtsreiche Kandidatin für die Parteiführung, sollten die Konservativen - wie von vielen erwartet - die Wahl im kommenden Jahr verlieren. Spekuliert wurde, sie habe sich mit ihrer Polizeischelte und anderen Äußerungen als Kandidatin des rechten Parteiflügels positionieren und womöglich ihren Rauswurf sogar absichtlich herbeiführen wollen.
    Diese Nachricht wurde am 14.11.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.