Pipilotti ist Horror, und Pipilotti ist sehr lustig. Schon der Künstlername, den sich die gelernte Computergrafikerin Charlotte Pipi (Langstrumpf) Rist gegeben hat, soll uns ja vorwarnen: Hier hat jemand einfach nur Ekel vor dem vorgefertigten bürgerlichen Frauenleben, das sich in Kinderaufzucht in der Neubausiedlung erschöpft, und will alles anders machen. Dabei geht es immer um den Körper und die Rolle der Frau und um Video - und die Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim liefert den Beweis, dass man Videoprojektionen wirklich überall, in jeder Ritze und jeder Ecke anbringen kann, in Handtaschen und Muscheln, in Glaskugeln und Blumenvasen und Kochtöpfen, auf Bücherregalen, Gardinen, Unterhosen, in Kinderbetten, in seltsamen, uterusartigen Panzerfäusten und in Mannheim sogar auf dem Besucherklo. Immer rein mit der Kamera in den menschlichen Körper, ist die Devise, immer dahin, wo es wehtut, in grotesker Verzerrung, mit Fischaugenkamera, drauf auf die nackte Haut, ins Gesicht und in den Mund und in noch ganz andere Regionen - und das Ganze dann dort installieren, wo kein Mensch es erwartet. Und der Betrachter bleibt in einer Mischung aus Verstörung und amüsierter Verzückung zurück, wenn er sich all diesen Pickelpornos und inszenierten Hilfeschreien aus dem Fegefeuer dann wirklich aussetzt.
Die größte Videoinstallation ist wandhoch, Pipilotti wandert durch einen Supermarkt und schaut uns drohend oder sagen wir: durchdringend an. Die kleinste Installation versteckt sich in einem winzigen, taubeneigroßen Loch im Museumsboden, danebensteht eine riesige Betonwelle von Anselm Kiefer, und unten aus dem Teppich schreit uns die Künstlerin in mehreren Sprachen ihr "Rette mich" entgegen, aus einer feuerlodernden Videohölle.
So ist das in Mannheim, und die Kuratorin Stefanie Müller, die diesen aufwendigen, nervenaufreibenden Aufbau bewerkstelligt hat, ist trotzdem ganz beseelt von dem, was da zu sehen ist - und von diesem völlig unverkrampften, selbstironischen Feminismus der Künstlerin.
"Wenn Pipilotti Rist diese starken Charaktere in ihren Videos zeigt, diese starken Frauen, wie auch in ihrem Spielfilm "Pepperminta", eine Anarchistin, eine Heldin, die versucht, die Welt glücklicher und fröhlicher zu machen, dann sind das alles Ideale, die im Raum stehen. Und durch ihre Arbeit versucht Pipilotti Rist auch ihre eigenen Mankos, Schwächen, Ängste zu thematisieren. Auch zu kompensieren durch die Rollen, die sie in den Arbeiten einnimmt."
Am bekanntesten ist natürlich jenes Video, auf dem eine fröhliche Frau im Sommerkleid durch die Straßen läuft und mit einer als Blume getarnten Stahlrute Autoscheiben zertrümmert, unter den Augen der Polizei übrigens. Das ist so spielerisch und schön, so jugendlich befreit, dass der aggressive Akt etwas völlig Unschuldiges bekommt und man sich hinterher wundert, warum so viele unzertrümmerte Autos in den Straßen stehen. In Mannheim sieht man aber auch die verzappelten frühen Einkanal-Arbeiten, "I'm not the Girl who misses much": Man muss dazu den Kopf von unten in eine riesige, aus der Wand ragende, phallusartig nach Westen zeigende Holzskulptur stecken, dann bekommt man jenes Kopfkino, bei dem der fetischisierte weibliche Körper plötzlich von einer schrillen Pipi-Göre bewohnt wird.
25 Jahre Pipilotti Rist: In der Ausstellung gibt es eine Liegewiese, umgeben von drei Videowänden, auf denen man quasi in die Natur kriechen kann. Es gibt die neueste Arbeit, "Administrating Eternity", wo man durch einen Wald aus fahnenartigen Videoprojektionen schleicht und wo einem stoppelbärtige Götter begegnen. Am Anfang steht ein Kronleuchter aus Unterhosen - sehr lustig, dieser Lüster. Am Ende steht eine Hommage an die Ahnen Nam June Paik und Wolf Vostell, der, umgeben von Pipilottis Wohnzimmertapete, das manipulierende Medium Fernsehen per Betonblock sperrt. Und im Hintergrund droht immer das Einfamilienhaus, hier als Architekturmodell.
Diese Ausstellung muss man sehen: Sie besteht aus kämpferischer weiblicher Selbstironie und videokünstlerischer Innovation. Don't miss it!
Die größte Videoinstallation ist wandhoch, Pipilotti wandert durch einen Supermarkt und schaut uns drohend oder sagen wir: durchdringend an. Die kleinste Installation versteckt sich in einem winzigen, taubeneigroßen Loch im Museumsboden, danebensteht eine riesige Betonwelle von Anselm Kiefer, und unten aus dem Teppich schreit uns die Künstlerin in mehreren Sprachen ihr "Rette mich" entgegen, aus einer feuerlodernden Videohölle.
So ist das in Mannheim, und die Kuratorin Stefanie Müller, die diesen aufwendigen, nervenaufreibenden Aufbau bewerkstelligt hat, ist trotzdem ganz beseelt von dem, was da zu sehen ist - und von diesem völlig unverkrampften, selbstironischen Feminismus der Künstlerin.
"Wenn Pipilotti Rist diese starken Charaktere in ihren Videos zeigt, diese starken Frauen, wie auch in ihrem Spielfilm "Pepperminta", eine Anarchistin, eine Heldin, die versucht, die Welt glücklicher und fröhlicher zu machen, dann sind das alles Ideale, die im Raum stehen. Und durch ihre Arbeit versucht Pipilotti Rist auch ihre eigenen Mankos, Schwächen, Ängste zu thematisieren. Auch zu kompensieren durch die Rollen, die sie in den Arbeiten einnimmt."
Am bekanntesten ist natürlich jenes Video, auf dem eine fröhliche Frau im Sommerkleid durch die Straßen läuft und mit einer als Blume getarnten Stahlrute Autoscheiben zertrümmert, unter den Augen der Polizei übrigens. Das ist so spielerisch und schön, so jugendlich befreit, dass der aggressive Akt etwas völlig Unschuldiges bekommt und man sich hinterher wundert, warum so viele unzertrümmerte Autos in den Straßen stehen. In Mannheim sieht man aber auch die verzappelten frühen Einkanal-Arbeiten, "I'm not the Girl who misses much": Man muss dazu den Kopf von unten in eine riesige, aus der Wand ragende, phallusartig nach Westen zeigende Holzskulptur stecken, dann bekommt man jenes Kopfkino, bei dem der fetischisierte weibliche Körper plötzlich von einer schrillen Pipi-Göre bewohnt wird.
25 Jahre Pipilotti Rist: In der Ausstellung gibt es eine Liegewiese, umgeben von drei Videowänden, auf denen man quasi in die Natur kriechen kann. Es gibt die neueste Arbeit, "Administrating Eternity", wo man durch einen Wald aus fahnenartigen Videoprojektionen schleicht und wo einem stoppelbärtige Götter begegnen. Am Anfang steht ein Kronleuchter aus Unterhosen - sehr lustig, dieser Lüster. Am Ende steht eine Hommage an die Ahnen Nam June Paik und Wolf Vostell, der, umgeben von Pipilottis Wohnzimmertapete, das manipulierende Medium Fernsehen per Betonblock sperrt. Und im Hintergrund droht immer das Einfamilienhaus, hier als Architekturmodell.
Diese Ausstellung muss man sehen: Sie besteht aus kämpferischer weiblicher Selbstironie und videokünstlerischer Innovation. Don't miss it!