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Kaffeetrinken ohne Müll
Hamburger Café setzt auf "Zero Waste"

Was hier auf den Tisch kommt, wurde verpackungsfrei eingekauft: Ein Hamburger Café möchte den Verpackungsmüll reduzieren. Auf der Speisekarte findet sich deswegen nur, was nicht eingeschweißt oder in Kartons geliefert wurde. Auch andere Cafés interessieren sich für das Konzept.

Von Maike Strietholt |
Frühstück auf einem hellen Tisch mit verschiedenen Brotsorten, Aufstrich und Erdnussbutter.
Alles unverpackt: Das Café will Müll vermeiden (imago / Westend61)
Von außen ist nicht zu erkennen, dass dieses Café am Rande des hippen Hamburger Schanzenviertels besonders ist: Über den großen Fenstern prangt lediglich der Name "In Guter Gesellschaft". Im Innenraum ist es bunt und gemütlich: Um ein Dutzend Tische verschiedener Größe und Form tummeln sich unterschiedlichste Stuhlmodelle, auf den Tischen dienen ehemalige Limoflaschen als Kerzenleuchter, Olivendosen als Besteckhalter und die Speisekarte steckt in einem ausgefrästen roten Backstein. Inhaberin Ina Choi-Nathan hat schon bei der Einrichtung des Lokals an das Vermeiden von Müll gedacht. "Wir haben darauf geachtet, dass es einigermaßen passt und dass es auf jeden Fall gebraucht ist. Wir waren bei Gastronomie-Auflösungen und haben uns da viele Teller und Besteck mitnehmen können – was echt cool war."
Verpackungsmüll lasse sich in der Gastronomie leichter vermeiden
Vor eineinhalb Jahren war das. Inas langjährige Freundin Alana Zubritz, die gerade im Urlaub ist, hatte zuvor in England das erste Zero Waste Restaurant Europas kennengelernt. Die jungen Frauen, beruflich eigentlich aus einem ganz anderen Bereich kommend - Ina ist Projektmanagerin und Alana freiberufliche Designerin - probierten das mit dem Müllvermeiden zunächst im Privaten aus. "Also ich finde tatsächlich, im Privathaushalt ist es sehr viel schwieriger – du kaufst ja auch jeden Tag andere Sachen ein. In der Gastronomie hast du es so, dass du deine Karte so aufsetzen kannst, dass du dir vorab überlegst - was bekomme ich unverpackt, und was kann ich anbieten."
Was sich jetzt auf der Speisekarte findet, wirkt keineswegs eintönig: hausgemachte Limonaden, Pfannkuchen, gegrilltes Brot mit hausgemachtem Feigensenf und Bio-Ziegenkäse, Buchweizen-Porridge mit frischem Obst und Mandeln, Käseplatte mit hausgemachtem Zwiebelchutney. Und das heutige warme Gericht ist Wirsingeintopf – es wird gerade in der Küche zubereitet. Dennoch gibt es Dinge, die die beiden gern anbieten würden, die es aber schlichtweg nicht verpackungsfrei gibt. "Pasta, also Nudeln! Wissen wir: Kriegen wir per se nur in Plastik...und passt einfach nicht. Ich glaube, davon haben wir uns jetzt mittlerweile so ein bisschen verabschiedet."
Leere Zuckertüten dienen als Verpackung für Kuchen "to go"
Ina und Alana bevorzugen grundsätzlich Pfandbehältnisse, Papier ist in Ordnung, sofern es im Café wiederverwertbar ist. Die einzige akzeptierte Plastikverpackung ist aktuell die von Gewürzen – denn:
"Da ist es so, dass wir die dann aufheben und die dann noch weiter verwenden – für den Toilettenmüll, der bei den Damen anfällt. Und Altpapier: Wir stempeln zum Beispiel unsere Visitenkarten auf altem Kakaokartonpapier. Oder wir heben alle Zuckertüten auf, um Kuchen 'to go' zu verkaufen."
Als ebenso unvermeidbar stellten sich die Tetrapaks bei Kuhmilchalternativen heraus – also zum Beispiel Hafer- oder Mandelmilch. Ina und Alana entschlossen sich kurzerhand, die Pflanzenmilch selbst herzustellen.
"Da haben wir auch lange probiert und lange recherchiert vor allem. Und dann haben wir irgendwann ein gutes Rezept gefunden und dann auch ewig gebraucht, bis wir eine Milch hingekriegt haben, die auch ein bisschen schäumt - und die dann trotzdem schmeckt. Aber es hat tatsächlich geklappt. Und wir kriegen auch echt viele Komplimente, dass die super lecker ist."
Beim Auskochen von Mandeln und Haferflocken fällt jedoch eine Menge Mandelmus und Haferschleim an – und da es natürlich auch zum Müllvermeidungskonzept gehört, Lebensmittelabfälle zu minimieren, ließen sich die Gründerinnen auch dafür etwas einfallen: Die Reste bieten inzwischen die Basis für leckere Brotaufstriche.
Gäste erkennen das Konzept erst, wenn sie in die Karte schauen
Zwei junge Leute haben sich an einem der Fenstertische eingefunden. Wie so viele Gäste lesen auch sie erst in der Karte vom Zero-Waste-Konzept des Cafés – und sind recht begeistert: "Ich werde es auf jeden Fall irgendwie kommunizieren und auch anderen Leuten erzählen, dass sie das unterstützen sollten!" - "Das ist eine geile Idee, die viel verbreiteter sein sollte und dem auch viel mehr Leute folgen sollten."
Und das Konzept weckt auch an anderer Stelle Interesse: Vor einigen Wochen veranstalteten Ina und Alana einen Workshop für Gastronomen und Gastronominnen – er war innerhalb kurzer Zeit ausgebucht. "Für uns gibt es ja nichts cooleres, als wenn das jetzt breite Wellen schlägt und alle das machen. Wenn wir nicht mehr die einzigen sind, die die Paprika nicht in Plastik verpackt haben wollen, dann wird es vielleicht auch irgendwann für die Händler einen Denkanstoß geben." Und dann kann "In Guter Gesellschaft" vielleicht doch mal Pasta anbieten.