Jasper Barenberg: Die Lage der SPD nach der Wahl als misslich zu beschreiben, ist fast noch untertrieben. Die 25,7 Prozent vom Sonntag sind zu schlecht, um auch nur halbwegs glaubwürdig als Erfolg durchzugehen, aber wiederum nicht so schlecht, dass wie bei FDP und Grünen schon die Köpfe rollen oder rollen müssten, und so hadern die Sozialdemokraten vor allem mit einer Frage: soll die SPD eine Große Koalition eingehen, noch einmal nach den schlechten Erfahrungen vom letzten Bündnis, die der SPD noch in den Knochen stecken? Dem Parteichef jedenfalls bläst der Wind ordentlich ins Gesicht.
Am Telefon begrüße ich Johannes Kahrs, den Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD. Schönen guten Morgen!
Johannes Kahrs: Moin!
Barenberg: Herr Kahrs, ist die SPD schon auf dem Weg zu einer Koalition mit der Union, mag es nur nicht öffentlich sagen?
Kahrs: Die SPD ist der Meinung, und das sagen ja auch viele meiner Kollegen, dass jetzt eigentlich erst mal Schwarz-Grün dran wäre. Wir hätten ansonsten demokratietheoretisch ein Problem, insbesondere wenn Sie sich anschauen, dass diese neue Koalition, wenn sie denn eine Große wäre, 80 Prozent aller Abgeordneten umfassen würde. Das ist vollkommener Wahnsinn, weil es der CDU ja nur an vier, fünf Abgeordneten fehlt für ihre absolute Mehrheit, und dann, glaube ich, müssten, da alle demokratischen Parteien miteinander koalieren können, doch bitte schön erst mal die Grünen mit der CDU verhandeln.
Barenberg: Das ist ja ganz verständlich, Herr Kahrs, dass Sie da die Union jetzt am Zug sehen. Was halten Sie denn von dem Grundsatz: Erst das Land, dann die Partei?
Kahrs: Das ist immer so und das kann man den Sozialdemokraten, glaube ich, nicht vorwerfen, dass sie das in den letzten Jahren teilweise bis zur Selbstverleugnung nicht getan hätten.
Barenberg: Nun hat unser Korrespondent gerade davon gesprochen, dass es im Grunde genommen keine Alternative zur Großen Koalition gibt. Wie sehen Sie das?
Kahrs: Na ja, wenn Sie sich das angucken, dass Grüne und CDU Schnittstellen haben, ja in der Vergangenheit auch oftmals zusammengearbeitet haben, dass es einfach bestimmte Punkte gäbe, wo es zusammenpasst und auch in der Praxis funktionieren sollte.
Gucken Sie sich einfach mal an: Ich sitze im Haushaltsausschuss. Wir haben künftig 13 SPD-Abgeordnete, 18 CDU-Abgeordnete, zwei von den Linken und zwei von den Grünen. Wie soll das denn funktionieren? Da haben Sie eine Opposition von vier Abgeordneten, zwei Grüne, zwei Linke.
Barenberg: Sie haben keine Lust zu regieren, Herr Kahrs?
Kahrs: Das hat mit Lust zu regieren nichts zu tun. Ich glaube nur, eine Große Koalition ist eine Geschichte, das geht nur fifty fifty, das geht nur mit, sage ich mal, gleichberechtigten Inhalten, Themen, und ich glaube nicht, dass die CDU dazu bereit ist, und in solchen Fällen nimmt man sich einen kleineren Partner, der meistens auch sehr viel preisgünstiger ist.
Barenberg: Im Unterschied zu 2005, oder sagen wir, 2005 war es ja so, dass SPD und Union auf Augenhöhe waren. Es gab ein desaströses Ergebnis von Angela Merkel und einen Sensationserfolg der SPD. Nun ist die Situation so, dass die SPD 116 Abgeordnete weniger hat. Sind Sie da in einer Position, so harte Bedingungen zu stellen, wie Sie das genannt haben, also fifty fifty Themen und Personal in einer möglichen Zusammenarbeit?
Kahrs: Ich glaube, wir stellen gar keine Bedingungen. Wir gehen im Moment davon aus, dass die CDU mit den Grünen redet. Das macht man normalerweise so, wenn man eine fast absolute Mehrheit hat und einem nur noch wenige Stimmen fehlen. Wenn man dann aber aus Gründen, die die CDU kennen muss, mit uns verhandeln will, dann muss man wissen: Wenn die beiden Volksparteien koalieren, geht das nur auf Augenhöhe, geht es nur bei Inhalten, bei Themen, bei fifty fifty.
Barenberg: Und da spielt der Abstand von 16 Prozentpunkten immerhin im Wahlergebnis dann keine Rolle?
Kahrs: Nein.
Barenberg: Was würden Sie denn verlangen wollen von einer Union, um sich überreden zu lassen zu koalieren?
Kahrs: Ich glaube, dass man bei allen Themen, wenn man da gleichberechtigt herangeht, geben und nehmen muss. Und bei uns gibt es Themen, die für uns unverzichtbar sind. Das Thema Mindestlohn ist, glaube ich, abgehakt, hat, glaube ich, die Union inzwischen auch akzeptiert, und zwar ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. Für uns ist es natürlich wichtig, dass wir den Spitzensteuersatz bekommen, den wir uns vorstellen. Ich glaube auch, dass die Öffnung der Ehe, die Gleichstellung von Lesben und Schwulen nicht verhandelbar ist, genauso wie die doppelte Staatsbürgerschaft nicht verhandelbar ist. Dann wird man sich das Thema Kurzarbeit, Werkverträge angucken müssen, um auf dem Arbeitsmarkt ein bisschen mehr Ordnung zu schaffen, und in diesen Punkten wird es dann bei uns so weitergehen und die Union wird andere Themen haben. Aber am Ende muss es, wenn es überhaupt funktionieren soll, für beide Parteien etwas geben, was sie dann ihren jeweiligen Gremien vorstellen können, und das wird bei uns nicht einfach.
Barenberg: Was wäre das auf Seiten der Union? Was würden Sie der Union zugestehen? Auf was würden Sie verzichten?
Kahrs: Ich glaube, da muss die Union sagen, was sie will, was ihre Schwerpunkte sind. Ich glaube, dass das, was ich eben vorgeschlagen habe, ein Großteil dessen ist, was die SPD fordern wird, und ich werde jetzt nicht für die Union Koalitionsverhandlungen führen.
Am Telefon begrüße ich Johannes Kahrs, den Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD. Schönen guten Morgen!
Johannes Kahrs: Moin!
Barenberg: Herr Kahrs, ist die SPD schon auf dem Weg zu einer Koalition mit der Union, mag es nur nicht öffentlich sagen?
Kahrs: Die SPD ist der Meinung, und das sagen ja auch viele meiner Kollegen, dass jetzt eigentlich erst mal Schwarz-Grün dran wäre. Wir hätten ansonsten demokratietheoretisch ein Problem, insbesondere wenn Sie sich anschauen, dass diese neue Koalition, wenn sie denn eine Große wäre, 80 Prozent aller Abgeordneten umfassen würde. Das ist vollkommener Wahnsinn, weil es der CDU ja nur an vier, fünf Abgeordneten fehlt für ihre absolute Mehrheit, und dann, glaube ich, müssten, da alle demokratischen Parteien miteinander koalieren können, doch bitte schön erst mal die Grünen mit der CDU verhandeln.
Barenberg: Das ist ja ganz verständlich, Herr Kahrs, dass Sie da die Union jetzt am Zug sehen. Was halten Sie denn von dem Grundsatz: Erst das Land, dann die Partei?
Kahrs: Das ist immer so und das kann man den Sozialdemokraten, glaube ich, nicht vorwerfen, dass sie das in den letzten Jahren teilweise bis zur Selbstverleugnung nicht getan hätten.
Barenberg: Nun hat unser Korrespondent gerade davon gesprochen, dass es im Grunde genommen keine Alternative zur Großen Koalition gibt. Wie sehen Sie das?
Kahrs: Na ja, wenn Sie sich das angucken, dass Grüne und CDU Schnittstellen haben, ja in der Vergangenheit auch oftmals zusammengearbeitet haben, dass es einfach bestimmte Punkte gäbe, wo es zusammenpasst und auch in der Praxis funktionieren sollte.
Gucken Sie sich einfach mal an: Ich sitze im Haushaltsausschuss. Wir haben künftig 13 SPD-Abgeordnete, 18 CDU-Abgeordnete, zwei von den Linken und zwei von den Grünen. Wie soll das denn funktionieren? Da haben Sie eine Opposition von vier Abgeordneten, zwei Grüne, zwei Linke.
Barenberg: Sie haben keine Lust zu regieren, Herr Kahrs?
Kahrs: Das hat mit Lust zu regieren nichts zu tun. Ich glaube nur, eine Große Koalition ist eine Geschichte, das geht nur fifty fifty, das geht nur mit, sage ich mal, gleichberechtigten Inhalten, Themen, und ich glaube nicht, dass die CDU dazu bereit ist, und in solchen Fällen nimmt man sich einen kleineren Partner, der meistens auch sehr viel preisgünstiger ist.
Barenberg: Im Unterschied zu 2005, oder sagen wir, 2005 war es ja so, dass SPD und Union auf Augenhöhe waren. Es gab ein desaströses Ergebnis von Angela Merkel und einen Sensationserfolg der SPD. Nun ist die Situation so, dass die SPD 116 Abgeordnete weniger hat. Sind Sie da in einer Position, so harte Bedingungen zu stellen, wie Sie das genannt haben, also fifty fifty Themen und Personal in einer möglichen Zusammenarbeit?
Kahrs: Ich glaube, wir stellen gar keine Bedingungen. Wir gehen im Moment davon aus, dass die CDU mit den Grünen redet. Das macht man normalerweise so, wenn man eine fast absolute Mehrheit hat und einem nur noch wenige Stimmen fehlen. Wenn man dann aber aus Gründen, die die CDU kennen muss, mit uns verhandeln will, dann muss man wissen: Wenn die beiden Volksparteien koalieren, geht das nur auf Augenhöhe, geht es nur bei Inhalten, bei Themen, bei fifty fifty.
Barenberg: Und da spielt der Abstand von 16 Prozentpunkten immerhin im Wahlergebnis dann keine Rolle?
Kahrs: Nein.
Barenberg: Was würden Sie denn verlangen wollen von einer Union, um sich überreden zu lassen zu koalieren?
Kahrs: Ich glaube, dass man bei allen Themen, wenn man da gleichberechtigt herangeht, geben und nehmen muss. Und bei uns gibt es Themen, die für uns unverzichtbar sind. Das Thema Mindestlohn ist, glaube ich, abgehakt, hat, glaube ich, die Union inzwischen auch akzeptiert, und zwar ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. Für uns ist es natürlich wichtig, dass wir den Spitzensteuersatz bekommen, den wir uns vorstellen. Ich glaube auch, dass die Öffnung der Ehe, die Gleichstellung von Lesben und Schwulen nicht verhandelbar ist, genauso wie die doppelte Staatsbürgerschaft nicht verhandelbar ist. Dann wird man sich das Thema Kurzarbeit, Werkverträge angucken müssen, um auf dem Arbeitsmarkt ein bisschen mehr Ordnung zu schaffen, und in diesen Punkten wird es dann bei uns so weitergehen und die Union wird andere Themen haben. Aber am Ende muss es, wenn es überhaupt funktionieren soll, für beide Parteien etwas geben, was sie dann ihren jeweiligen Gremien vorstellen können, und das wird bei uns nicht einfach.
Barenberg: Was wäre das auf Seiten der Union? Was würden Sie der Union zugestehen? Auf was würden Sie verzichten?
Kahrs: Ich glaube, da muss die Union sagen, was sie will, was ihre Schwerpunkte sind. Ich glaube, dass das, was ich eben vorgeschlagen habe, ein Großteil dessen ist, was die SPD fordern wird, und ich werde jetzt nicht für die Union Koalitionsverhandlungen führen.
Große Koalition heißt Finanzminister für die SPD
Barenberg: Dann lassen Sie uns bei der SPD bleiben. Allgemein wird ja gesagt, das mindeste, was strategisch wichtig wäre, wäre, dass die SPD dann für die nächsten vier Jahre den Finanzminister stellt, weil es da um Europapolitik, um Steuern, um soziale Gerechtigkeit und andere wichtige Themen geht. Ist das auf jeden Fall nötig aus Ihrer Sicht?
Kahrs: Wenn die eine Partei den Bundeskanzler stellt, dann muss die andere Partei den Finanzminister stellen. Ansonsten war es das.
Barenberg: Und was haben Sie weiter noch für Ansprüche, was die Ministerien angeht? Haben Sie da schon Vorstellungen?
Kahrs: Ich glaube nicht, dass man das groß sagt. Ernsthafterweise verhandelt das dann die Verhandlungskommission und das muss man im Einzelfall sehen. Das hängt ja auch von den Inhalten ab. Aber es ist doch gar nicht vorstellbar, dass sie in eine Große Koalition gehen und die eine Seite hat den Bundeskanzler und die andere nicht den Finanzminister. Das ist nicht vorstellbar.
Barenberg: Am Freitag wird es, morgen also, den Parteikonvent der SPD geben. Da ist ja jetzt in Rede, ob es eine Mitgliederbefragung geben soll, auf welche Koalition oder ob sich die SPD auf eine Koalition einlassen sollte. Halten Sie die für unabdingbar?
Kahrs: Ich glaube, wir haben einen Bundesparteitag, der kann das auch beschließen. Es gibt dazu mehrere Abstufungen. Aber ich glaube, der Parteivorsitzende wird da einen Vorschlag machen. Sigmar Gabriel hat ja diese Partei fulminant 2009 aus dem Elend gezogen, hat die Partei zusammengeführt, hat die klare Abgrenzung zur Linkspartei im Westen durchgesetzt, hat einen hervorragenden Job gemacht, und ich gehe davon aus, dass er am Freitag einen vernünftigen Vorschlag hat, dem die Partei dann auch folgen wird.
Barenberg: Mit anderen Worten: Die Befragung der Mitglieder halten Sie für entbehrlich?
Kahrs: Ich glaube, dass es eine Beteiligung geben wird. Ich weiß nur nicht welche. Aber grundsätzlich gibt es ja Gremien und wenn man die für solche wichtigen Fragen nicht braucht, dann fragt man sich, warum man diese ganzen Gremien hat.
Barenberg: Johannes Kahrs, der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Kahrs.
Kahrs: Frohes Schaffen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Kahrs: Wenn die eine Partei den Bundeskanzler stellt, dann muss die andere Partei den Finanzminister stellen. Ansonsten war es das.
Barenberg: Und was haben Sie weiter noch für Ansprüche, was die Ministerien angeht? Haben Sie da schon Vorstellungen?
Kahrs: Ich glaube nicht, dass man das groß sagt. Ernsthafterweise verhandelt das dann die Verhandlungskommission und das muss man im Einzelfall sehen. Das hängt ja auch von den Inhalten ab. Aber es ist doch gar nicht vorstellbar, dass sie in eine Große Koalition gehen und die eine Seite hat den Bundeskanzler und die andere nicht den Finanzminister. Das ist nicht vorstellbar.
Barenberg: Am Freitag wird es, morgen also, den Parteikonvent der SPD geben. Da ist ja jetzt in Rede, ob es eine Mitgliederbefragung geben soll, auf welche Koalition oder ob sich die SPD auf eine Koalition einlassen sollte. Halten Sie die für unabdingbar?
Kahrs: Ich glaube, wir haben einen Bundesparteitag, der kann das auch beschließen. Es gibt dazu mehrere Abstufungen. Aber ich glaube, der Parteivorsitzende wird da einen Vorschlag machen. Sigmar Gabriel hat ja diese Partei fulminant 2009 aus dem Elend gezogen, hat die Partei zusammengeführt, hat die klare Abgrenzung zur Linkspartei im Westen durchgesetzt, hat einen hervorragenden Job gemacht, und ich gehe davon aus, dass er am Freitag einen vernünftigen Vorschlag hat, dem die Partei dann auch folgen wird.
Barenberg: Mit anderen Worten: Die Befragung der Mitglieder halten Sie für entbehrlich?
Kahrs: Ich glaube, dass es eine Beteiligung geben wird. Ich weiß nur nicht welche. Aber grundsätzlich gibt es ja Gremien und wenn man die für solche wichtigen Fragen nicht braucht, dann fragt man sich, warum man diese ganzen Gremien hat.
Barenberg: Johannes Kahrs, der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Kahrs.
Kahrs: Frohes Schaffen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.