Digitalisierung ermögliche individuelleres Arbeiten, mehr Selbstständigkeit und am Ende auch mehr Bildungsgerechtigkeit, meint der Lehrer und Youtuber Kai Schmidt. Der Medienwissenschaftler Ralf Lankau hält dagegen: Bei den jetzigen Konzepten gehe es eigentlich um eine Kontrolle der Unterrichtseinheiten und um eine Steuerung von Schülerinnen und Schülern - und diese Form sei keine Option für den Unterricht.
Pro: "Digitalisierung macht die Schule besser"
Kai Schmidt ist Mathelehrer und Rektor der Oberschule in Uelsen in Niedersachsen. Außerdem ist er Youtuber und im Netz besser bekannt als "Lehrer Schmidt". Mehr als 20 Millionen Mal wurden seine Lernvideos schon angesehen und mehr als 200.000 Menschen haben den Kanal von Lehrer Schmidt abonniert. Kai Schmidt sagt:
"Ja, Digitalisierung macht die Schule besser, weil wir als Lehrer, aber auch die Schülerinnen und Schüler mehr Möglichkeiten haben. Also zum einen sehe ich, dass wir individueller arbeiten. Wir können also am gleichen Thema in verschiedenen Niveaustufen arbeiten, wir können mit verschiedenen Fragestellungen arbeiten, wir können differenzierter arbeiten. Wir können Schüler zu mehr Selbstständigkeit heranziehen und insgesamt den Unterricht auch verändern, ich denke an ‚Flipped Classroom‘ oder an offenere Modelle. Dadurch entsteht mehr echte Lernzeit, und auch außerhalb der Schule kann ich mir dadurch eine gewisse Bildungsgerechtigkeit vorstellen. Ich sehe natürlich auch die Problematik, dass das, was dahinter sein muss, gut sein muss."
Contra: "Letzlich geht es um eine algorithmische Steuerung des Unterrichts"
Ralf Lankau ist Grafiker, Kunstpädagoge und Medienwissenschaftler. Er hat eine Professur für Mediengestaltung und Medientheorie an der Hochschule Offenburg. Ralf Lankau ist ein Kritiker der Schul-Digitalisierung:
"Zunächst muss man sich fragen, was bedeutet eigentlich Digitalisierung. Und wenn man dann von der Digitalisierung der Schule oder der Bildung spricht, muss man im Hinterkopf haben, dass das letztlich Automatisierungstechniken sind, das heißt, Inhalte und Informationen werden so umgearbeitet, dass sie maschinenlesbar werden. Es geht eigentlich um eine Kontrolle der Unterrichtseinheiten, um eine Steuerung von Schülerinnen und Schülern, um eine Vermessung und eine algorithmische Steuerung des Unterrichts. Und wenn man das unter Digitalisierung des Unterrichts versteht – und das sind ja jetzt die Konzepte, die akut sind – dann muss man sagen: Diese Form der Digitalisierung ist sicher keine Lösung und keine Option für den Unterricht."