"Seit 23 Monaten geht das jetzt so. Und das ist eine Zumutung…"
Volker Bohne macht aus seinem Ärger keinen Hehl. Als Betriebsratsvorsitzender von Kaiser's-Tengelmann Berlin könne er ihn wenigstens öffentlich artikulieren, sagt er in die Mikrofone. Aber seinen Kollegen und Kolleginnen gehe es ganz genauso.
"Natürlich, die Angst gibt es seit drei Monaten."
"Und jetzt kocht sie hoch – das sehen sie an meinem Dings, ich bin eigentlich ruhig und gelassen."
Bohne und seine Betriebsrats-Kollegin Janetta Jöckertitz kommen gerade aus der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages. Dort hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel noch einmal seine Ministererlaubnis zur Übernahme von Kaiser's-Tengelmann durch Edeka verteidigt. Doch die steht, weil sich der Abschluss immer weiter verzögert, vor dem möglichen Aus. Unter anderem Mitbewerber Rewe ist vor Gericht gezogen, das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Übernahme trotz Ministererlaubnis gestoppt und Minister Gabriel Verfahrensfehler vorgeworfen.
Die juristische Klärung könnte Jahre dauern
Edeka, Tengelmann und Gabriel gehen nun vor dem Bundesgerichtshof gegen das Oberlandesgericht vor. Da die juristische Klärung Jahre dauern könnte, haben sich Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub und Edeka-Chef Markus Mosa darauf verständigt, den Kaufvertrag, den sie vor zwei Jahren geschlossen haben, aufzulösen, sollte das für heute von Verdi organisierte Spitzengespräch, zu dem auch Rewe-Chef Alain Caparros eingeladen ist, keine Lösung bringen. Das aber würde wohl bedeuten, dass Kaiser's-Tengelmann zerschlagen würde und Tausende Arbeitsplätze verloren gingen. Schon morgen könnte dann auf der Tengelmann-Aufsichtsratssitzung die Schließung zahlreicher Filialen auf der Tagesordnung stehen. Deshalb appelliert Sigmar Gabriel gestern nach der Ausschusssitzung noch einmal an die Supermarktchefs:
"Das ist nur dadurch aufzuhalten, dass die beteiligten Unternehmen zu etwas bereit sind, zu dem sie vor dem Verfahren nicht bereit waren, nämlich eine gemeinsame Lösung zu finden. Ich kann nur daran appellieren, dass das gemacht wird, ich weiß, dass es Unternehmen, egal, um welche es geht, um ihre Stellung am Markt geht, aber es gibt auch eine Verpflichtung gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern."
Kaiser's retten: Kette regional aufteilen. An mehrere Erwerber verkaufen.
Denen ist herzlich egal, ob es vielleicht Verfahrensfehler bei der Ministererlaubnis gegeben hat, sagt Betriebsratschef Volker Bohne – oder dass das Bundeskartellamt und die Monopolkomission die Übernahme durch Edeka abgelehnt haben, weil Edeka, ohnehin Marktführer, dadurch noch größer würde, was schlecht für den Wettbewerb und damit für die Verbraucher wäre.
Die Mitarbeiter hätten sich immer gewünscht, von einem großen Unternehmen übernommen zu werden, sagt Bohne:
"Weil dann alles gerettet werden kann: Fleischwerke, Lagerstandorte, Zentralen. Wenn kein Großer das nehmen darf, was passiert dann? Lager zu. Fleischwerk zu. Zentrale zu. Das ist dann so. Außer wenn es an Einen geht, haben wir keine Chance."
Der ehemalige Chef der Monopolkommission, Daniel Zimmer, der aus Protest gegen Gabriels Ministererlaubnis zurückgetreten war, ist hingegen der Ansicht, Kaiser's könne eher gerettet werden, wenn die Kette regional aufgeteilt und an mehrere Erwerber verkauft würde. Dann gebe es aus seiner Sicht auch keine Wettbewerbsprobleme.
Zunächst werden aber heute Abend die Chefs von Kaisers-Tengelmann, Edeka und Rewe nach einer möglichen Lösung suchen.