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Kaiser's Tengelmann
"Zerschlagung verhindern"

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hubertus Heil, hofft auf eine einvernehmliche Lösung für die angeschlagene Einzelhandelskette Kaiser's Tengelmann. Heil sagte im Deutschlandfunk, die nächsten 14 Tage müssten dazu genutzt werden, eine Zerschlagung doch noch zu verhindern.

Hubertus Heil im Gespräch mit Jürgen Zurheide |
    Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Hubertus Heil.
    Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Hubertus Heil. (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Das Schicksal tausender Arbeitnehmer dürfe niemandem egal sein, sagte Heil. Zugleich verteidigte Heil die Erteilung der Ministererlaubnis. Die Sicherung von Arbeitsplätzen sei eine Frage des Gemeinwohls.
    Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub hatte gestern die Pläne für eine Zerschlagung zunächst gestoppt. Innerhalb von zwei Wochen soll nun mit Edeka, Rewe und der Gewerkschaft verdi ein letzter Einigungsversuch unternommen werden.

    Das komplette Interview zum Nachlesen:
    Jürgen Zurheide: Das Ringen um die Zukunft von Tengelmann Kaiser’s geht weiter, 14 Tage gibt es noch einmal sozusagen als Galgenfrist. Da geht es um immer noch 15.000 Beschäftigte. Wir wissen, die Übernahme ist blockiert, die Verluste sind hoch, die Zerschlagung droht. Und die Frage ist, was passiert jetzt in den nächsten 14 Tagen. Darüber wollen wir reden mit Hubertus Heil von der SPD im Bundestag, wirtschaftspolitischer Sprecher. Er ist am Telefon, guten Morgen, Herr Heil!
    Hubertus Heil: Schönen guten Morgen, ich grüße Sie!
    Zurheide: Herr Heil, was erwarten Sie denn jetzt in den nächsten 14 Tagen, was kann, was soll, was wird passieren?
    Heil: Ich hoffe – sicher sein können wir uns nicht –, dass die 14 Tage genutzt werden, um jetzt die Zerschlagung zu verhindern im Interesse der Sicherung von Arbeitsplätzen. 8.000 bis 15.000 Beschäftigte, das sind Verkäuferinnen, das sind Lagerarbeiter, das sind Metzger. Und deren Schicksal sollte niemandem egal sein, deshalb ist es gut, dass es die Gespräche gibt. Und alle Beteiligten müssen wissen, dass im Grundgesetz eine Anforderung steht, nämlich, dass Eigentum verpflichtet, auch dem Gemeinwohl zu dienen. Und das heißt in diesem Sinne, Arbeitnehmerinteressen zu schützen.
    Zurheide: Mischt sich die Politik weiter ein oder sagen Sie, na ja, das war alles nicht so produktiv, was wir bisher hatten, das lassen wir jetzt besser?
    Heil: Ich glaube, dass man ein bisschen was sagen muss zum Hergang. Es war tatsächlich so, dass es einen Antrag auf Ministererlaubnis gegeben hat, einen Zusammenschluss zu ermöglichen. Das heißt, die Politik hat sich nicht eingemischt, sondern es war eine Situation, dass Tengelmann tatsächlich diesen Antrag gestellt hat, Edeka auch. Und dass dieser Antrag geprüft und entschieden werden musste und das abgewogen werden musste, unter Auflagen im Übrigen, was zu tun ist. Die Auflagen waren, Beschäftigung zu sichern, einen Tarifvertrag vorzulegen. All das ist passiert, die haben einen Tarifvertrag vorgelegt. Und dann hat ein Gericht behauptet, dass Arbeitsplätze kein Gemeinwohlinteresse sind und das verworfen. Jetzt haben wir eine Situation, dass die Zerschlagung droht durch dieses Gerichtsurteil. Und es gibt den Versuch, in Gesprächen zu ermitteln, ob man das abwenden kann. Und ich kann nur hoffen, dass das gelingt, denn diejenigen, die die Ministererlaubnis kritisiert haben, die würden dann erleben, was passiert, nämlich eine Zerschlagung zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
    Zurheide: Jetzt gibt es natürlich Hinweise und Anmerkungen, die da lauten, na ja, diese Ministererlaubnis ist zwar beantragt worden, aber möglicherweise wussten die, die es beantragt haben, vorher, dass der Wirtschaftsminister, der gleichzeitig SPD-Vorsitzender ist, da durchaus wohlwollend draufschaut. Und der ein oder andere sagt, die Haltung der Tengelmann-Eigentümer habe damit zu tun, dass sie sicher waren, wir kriegen diese Genehmigung. Können Sie das ausräumen?
    Heil: Arbeitnehmerrechte sind Gemeinwohl
    Heil: Ja, das kann man. Also der Minister hat im Bundestagsausschuss Rede und Antwort gestanden. Das ist ja auch keine parteipolitische Angelegenheit. Die Ministererlaubnis wurde begrüßt von Vertretern der CDU/CSU, der Linkspartei und der SPD. Nur die Grünen haben es kritisiert. Und die benehmen sich im Moment eher sowas wie die neue FDP, nach dem Motto, man darf auch nicht eingreifen. Nein, der Gesetzgeber, das sieht ausdrücklich vor, dass es ein Instrument der Ministererlaubnis im Kartellrecht gibt, wenn Gemeinwohlinteressen berührt sind. Und wenn Arbeitnehmerrechte kein Gemeinwohl mehr sind, wenn Arbeitsplätze im erheblichen Umfang, die eine Frage des Gemeinwohls sind … was denn dann, muss man fragen
    Zurheide: Ich glaube, das ist nicht unbedingt der Streit. Ich sehe einen anderen Aspekt.
    Heil: Doch, das ist ein ganz entscheidender Streit.
    Zurheide: Vor Gericht schon, aber es geht natürlich oder es geht auch um die Frage, ob die 16.000 jetzt möglicherweise per Tarifvertrag gerettet werden, dann gehen die Arbeitsplätze aber woanders verloren. Das ist ja die Kaskade der Argumentation. Ganz von der Hand zu weisen ist das bei Überkapazitäten möglicherweise nicht, oder?
    Heil: Verhandlungserfolg für die Beschäftigten ist gefährdet
    Heil: Es geht ja nicht um Überkapazitäten, es ist tatsächlich Ver.di gelungen, die Auflagen, nämlich Tarifverträge abzuschließen, sowohl bei Tengelmann als auch bei Edeka durchzusetzen mit dem Hinweis, dass Beschäftigung gesichert ist. Übrigens auch die Beschäftigung von befristet Beschäftigten dauerhaft gesichert ist. Und das ist ein Riesenerfolg. Der ist gefährdet, wenn jetzt die Zerschlagung tatsächlich droht. Deshalb muss man jetzt hoffen, weil dieses schwebende Gerichtsverfahren sonst eine Zerschlagung zur Folge hätte, dass in vernünftigen Gesprächen alle Beteiligten einen Versuch unternehmen, zu retten, was zu retten ist.
    Zurheide: Das kann aber nur dann heißen, dass es doch zu diesem Komplettverkauf kommt und dass möglicherweise dann Rewe und andere, die da geklagt haben, ihre Klagen zurücknehmen. Das ist dann die einzige Möglichkeit, denn mehr kann in den nächsten 14 Tagen nicht passieren. Dass jetzt doch filetiert wird, schließen Sie ja faktisch auch gerade aus.
    Heil: Nein, ich war am Donnerstagabend bei den Gesprächen nicht dabei. Da waren keine Politiker am Tisch, sondern Ver.di hatte alle Beteiligten, die in diesem Verfahren streiten, an einen Tisch geladen und …
    Zurheide: Mit denen werden Sie ja wohl geredet haben.
    Heil: Ich habe natürlich auch mit Ver.di-Vertretern geredet, weil das eine Sache ist, die uns gemeinsam verbindet, die Sorge um Arbeitsplätze. Und Ver.di hat die Vertreter der verschiedenen Unternehmen, die da streiten und die sich mit Kampagnen überziehen, die übrigens sehr viel Geld kosten, weil es natürlich auch um handfeste Interessen geht, –
    Zurheide: Richtig.
    Heil: – an einen Tisch geladen haben und gesagt, passt auf, bei allem Streit, bei allen Interessen. Unser Interesse ist ein fairer Interessenausgleich im Interesse der Beschäftigten. Lasst uns über Lösungen reden, und offensichtlich waren die Gespräche so, dass der Eigner von Tengelmann gesagt hat, dann werde ich jetzt kein Verfahren der Zerschlagung einleiten, keinen Sozialplan beantragen, sondern dann versuche ich, in den nächsten 14 Tagen dieses Gespräch fortzusetzen, um nach Lösungen zu ringen. Wie die im Einzelnen aussehen, das kann ich nicht beurteilen, wie gesagt, weil ich da nicht am Tisch saß.
    Zurheide: Dann wollen wir hoffen für die Beschäftigten, dass es dazu vernünftigen Lösungen kommt. Wir haben heute Morgen versucht herauszufinden, was die Politik tun kann. Herr Heil, ich bedanke mich für das Gespräch!
    Heil: Ich bedanke mich auch bei Ihnen! Danke, schönen Tag!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.