"An die Kölner Ratsherren! Durch allgemeines Gesetz erlauben wir allen Stadtsenaten, dass Juden in den Stadtrat berufen werden.“
Mit diesen Worten beginnt ein Schreiben, das der römische Kaiser Konstantin am 11. Dezember 321 nach Köln, in die Colonia Claudia Ara Agrippinensium sendet. „Decurio“ im etwa hundertköpfigen Stadtrat zu sein, gilt als besondere Auszeichnung, ist aber auch mit der Pflicht verbunden, den Bau von Straßen und öffentlichen Gebäuden mitzufinanzieren und hohe Steuerabgaben zu leisten. Um die damals noch kleine jüdische Gemeinschaft im römischen Köln nicht über Gebühr zu strapazieren, ergänzt Konstantin seinen Gesetzestext durch einen wichtigen Zusatz:
„Zu ihrem Trost (…) gestatten wir mit einem immerwährenden Privileg, dass je zwei oder drei von ihnen durch keine Nominierungen in Anspruch genommen werden.“
Dürre historische Beweislage
Konstantins Verordnung gilt als frühestes Zeugnis für die Existenz jüdischer Gemeinschaften nördlich der Alpen und bietet die historische Grundlage für das 2021 begangene Jubiläum „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“. Zwar geht die Wissenschaft davon aus, dass Jüdinnen und Juden schon vor 321 aus dem Mittelmeerraum zugewandert sind, doch sei die historische Beweislage dafür dürftig, sagt der Kölner Archäologe Sebastian Ristow:
„In Frankreich gibt es Inschriften mit hebräischen Bestandteilen aus dem ersten Jahrtausend, aber in Deutschland nicht. Das fängt dann erst an um die Jahrtausendwende. Und damit bleibt uns fast nur diese Überlieferung von 321 und noch eine aus dem späteren vierten Jahrhundert, die besagt, dass man keine Soldaten in Synagogen einquartieren darf.“
Roms Religionspolitik
Solche Verordnungen sollen die friedliche Koexistenz von Juden und Christen gewährleisten. Zwar hat sich unter Konstantins Ägide das Christentum zur Staatsreligion im Römischen Reich entwickelt, doch Juden ist es weiterhin erlaubt, ihren Glauben frei zu leben. Eine wichtige Voraussetzung für die Gründung jüdischer Gemeinden, die vor allem entlang des Rheins in den großen Handelsmetropolen entstehen.
Im Jubiläumsjahr wird direkt neben dem Historischen Rathaus wird ein neues Museum errichtet, das sich der jüdischen Geschichte der Domstadt widmen soll. Das moderne Gebäude erstreckt sich über ein 6.000 Quadratmeter großes archäologisches Ausgrabungsareal. Was man hier gefunden habe, "stammt aus der Zeit seit dem 11. Jahrhundert, also aus dem Hochmittelalter", so die Kölner Historikerin und Judaistin Ursula Reuter. „Es gibt archäologische und auch schriftliche Zeugnisse, die ganz klar belegen, dass es dort eine jüdische Gemeinde gab, also ein jüdisches Viertel erst einmal, eine Synagoge, die Mikwe, also das rituelle Tauchbad.“
Das gut erhaltene Tauchbad und die anderen Mauerreste des mittelalterlichen Judenviertels, sollen zu begehbaren Bestandteilen des Museums werden.
Wie
Worms, Speyer oder Mainz
war auch Köln im Mittelalter ein Zentrum jüdischen Lebens: Juden waren in die Stadtgesellschaft integriert und nahmen am politischen und wirtschaftlichen Geschehen teil, so Ursula Reuter: „Sicherlich hatten sie in dieser Zeit eine wichtige Funktion in der Stadtgesellschaft. Man kann annehmen, dass das eben vor allen Dingen auch Fernhändler waren, die die Kölner jüdische Gemeinde geprägt haben.
Kölns jüdische Gemeinde im Mittelalter nahezu ausgelöscht
Doch das friedliche Zusammenleben von Juden und Christen währt nicht ewig. Ab 1096 kommt es während der Kreuzzüge zu schweren Ausschreitungen gegen Juden. Die schwelende antijüdische Stimmung in Köln eskaliert, als man 1349 die Juden für die Pest verantwortlich macht und die jüdische Gemeinde fast vollständig auslöscht. Dazu Ursula Reuter:
„Die Stadt Köln war sehr strikt, hat über Jahrhunderte darauf bestanden, dass Juden, wenn sie überhaupt diese Stadt betreten, hier nicht übernachten dürfen. Und erst Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts ist dann die moderne jüdische Gemeinde entstanden.“
Ein wirklich gleichberechtigtes Miteinander bleibt den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in Köln und anderswo in Deutschland allerdings verwehrt. Antijudaismus und Antisemitismus ziehen sich durch alle Epochen jüdischer Vergangenheit, gipfeln im Holocaust und sind auch im Jubiläumsjahr traurige Realität.