"Islam heißt Frieden, Islam ist Frieden, ich will mit den Deutschen in Frieden zusammen leben."
Das sagte Metin Kaplan kurz nach seiner Haftentlassung im Frühjahr 2003. Friedliche Worte aus dem Mund eines Mannes, der sich in den Jahren davor als Hassprediger einen Namen gemacht hatte. Der selbst ernannte Kalif, der mit seiner Familie in Köln lebte, hetzte gegen die Demokratie, die gefährlicher sei als Krebs, AIDS oder die Pest. Als sich ein politischer Gegenspieler in Berlin ebenfalls zum Kalifen ausrief, forderte Kaplan seine Anhänger in einer Versammlung auf, ihn umzubringen. "Schluss mit dem falschen Kalifen!", schrie er in den Saal.
Vier Jahre Freiheitsstrafe für den Kalifen von Köln
Tatsächlich tötete einige Zeit später ein Killerkommando den Mann mit mehreren Schüssen ins Gesicht. Wegen öffentlichen Aufrufs zu einer Straftat wurde Metin Kaplan deswegen zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Seinen angeblich "versöhnlichen" Worten glaubte man nicht. Bloße Lippenbekenntnisse, sagte der Sprecher des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Matthias Henning:
"Die Ausländerbehörde Köln und der Regierungspräsident Köln sehen das so und auch wir haben keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es anders sein sollte, seine Aussagen, die zum Teil auch als Charme-Offensive bezeichnet wurden, halten wir für Lippenbekenntnisse und taktisches Vorgehen."
Die Kölner Ausländerbehörde und vor allem auch der damalige Bundesinnenminister Otto Schily betrieben mit Macht die Abschiebung des Islamistenführers in die Türkei.
"Kaplan ist eine ganz üble Figur. Ein Mann dieser Art hat in unserem Lande nichts zu suchen."
Juristische Hürden
Bis Kaplan endlich ausgeflogen werden konnte, waren noch zahlreiche juristische Hürden zu nehmen. Seit Anfang der 90er-Jahre lebte er als anerkannter Asylberechtigter in Köln. Von seinem Vater hatte er die radikale Organisation Föderativer Islamstaat Anatolien übernommen. Er ließ sich als "Emir der Gläubigen und Kalif der Muslime" anreden und verfolgte mit seinem Verein Kalifatstaat das Ziel, den laizistischen türkischen Staat zu zerstören und das Kalifat wieder zu errichten.
Schon während seiner Haftzeit wurde der Verein Kalifatstaat in Deutschland verboten. Der Asylstatus wurde Kaplan 2003 wieder aberkannt. Das Kölner Verwaltungsgericht entschied jedoch gleichzeitig, dass er nicht abgeschoben werden dürfe, weil ihm in der Türkei ein unfaires Strafverfahren drohe. Gegen Kaplan wurde in der Türkei wegen Hochverrats ermittelt. Darauf stand damals noch die Todesstrafe.
Nach dem Ausländerrecht darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn ihm im Zielstaat die Todesstrafe droht. Im Mai 2004 dann entschied das Oberverwaltungsgericht in Münster, dass auch dieses Abschiebungshindernis nicht mehr bestehe. Otto Schily kurz nach der Urteilsverkündung:
"Ich glaube, das hängt auch damit zusammen, dass die Türkei inzwischen entscheidende Schritte vorgenommen hat in ihrer rechtlichen Struktur, hat die Todesstrafe abgeschafft, hat in jüngster Zeit auch diesen sogenannten Staatssicherheitsgerichtshof abgeschafft und ist ernsthaft darum bemüht, auch da, wo noch Folterverdacht entsteht, dem mit der notwendigen Härte entgegen zu treten, dafür verbürgt sich auch der türkische Ministerpräsident. Also das sind alles sehr positive Entwicklungen."
Abgeschoben wurde Kaplan noch nicht, weil das Gericht ausdrücklich die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen hatte. Außerdem stellte Kaplans Anwältin beim Kölner Verwaltungsgericht noch einen Eilantrag gegen die drohende Abschiebung. Damit hatte sie letztlich keinen Erfolg. Am 12. Oktober 2004 gab der Gerichtssprecher bekannt: "Das Verwaltungsgericht hat heute entschieden, dass Metin Kaplan sofort abgeschoben werden darf, es hat ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Abschiebung bejaht, ein überwiegendes öffentliches Interesse."
Die Abschiebung
Metin Kaplan wurde am selben Tag festgenommen und in die Türkei ausgeflogen. Dort wurde er wegen Hochverrats und Terrorismus zu lebenslanger Haft verurteilt, die Strafe wurde später von einem anderen Gericht auf 17 Jahre Freiheitsstrafe reduziert.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die zum Zeitpunkt seiner Abschiebung noch ausstand, kam im Dezember 2004 und bestätigte: Der Kalif von Köln hat zu Recht keinen Abschiebungsschutz erhalten.