US-Wahlen
Kamala Harris macht Gouverneur Tim Walz zu ihrem Vize

US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat sich entschieden: Sie will mit dem Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, in den Kampf um das Weiße Haus ziehen. Wer ist der Mann und warum hat ihn Harris ausgesucht?

06.08.2024
    Der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, in seinem Büro.
    Bodenständig und progressiv: der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, in seinem Büro. (picture alliance / AP / Steve Karnowski)
    Die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat sich im Schnelldurchlauf für ihren Vizekandidaten entschieden: Tim Walz. Drei Kandidaten waren zuletzt noch in der Auswahl, der Gouverneur von Minnesota machte schließlich das Rennen. Wer ist Walz und wie kann er helfen, den Kampf um das Weiße Haus zu entscheiden?

    Wer ist Tim Walz?

    Der 60-Jährige ist seit 2019 Gouverneur des Bundesstaats Minnesota und saß vorher viele Jahre als Abgeordneter im Repräsentantenhaus. Vor seiner politischen Laufbahn war er Lehrer. Der zweifache Vater hat noch kein besonders starkes nationales Profil, ist aber bekannt für seine bodenständige und direkte Art, politische Botschaften zu transportieren.
    Walz hat außerdem im ländlichen Raum Wahlsiege errungen - in Gebieten, in denen sonst die Republikaner stark sind. Dabei verfolgt er in seinem Bundesstaat auch eine progressive Politik. Minnesota wird in den USA als gut regiert betrachtet - und bietet unter anderem kostenloses Schulessen und eine gute gesundheitliche Betreuung. Walz ist außerdem ein Militär-Veteran und gewerkschaftsnah. Zu seiner Agenda gehören der Schutz von Abtreibungsrechten und großzügige Hilfen für Familien.
    Mit 60 Jahren ist Walz nur ein Jahr älter als Harris, aber Kritiker sagen, er sehe viel älter aus - was die Schwachstelle einer Kampagne sein könnte, die sich derzeit noch von Bidens Rücktritt wegen Bedenken über sein Alter erholt. Walz reagierte auf diese Kritik auf der Plattform X und sagte, er sehe so aus, weil er Lehrer an einer High School gewesen sei und 20 Jahre lang die Mittagspause überwacht habe: "Man verlässt diesen Job nicht mit vollem Haar. Vertrauen Sie mir."

    Warum hat sich Harris für Walz entschieden?

    Harris beendete ihre Suche nach ihrem Running Mate mit Gesprächen mit den drei Top-Kandidaten: dem Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, dem US-Senator aus Arizona, Mark Kelly, und dem Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro.

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    In der engeren Auswahl waren nur weiße Männer, die in der Vergangenheit Erfolge bei weißen Wählern und in ländlichen Gebieten verzeichnet hatten - dort, wo das konservative Amerika zuhause ist. Vizekandidat Walz soll dort punkten, wo Harris mit ihren Botschaften nicht mehr hinkommt.
    Die Wahl des Vizekandidaten ist eine der wichtigsten Entscheidungen in Harris' politischer Karriere. Sie muss nun schnell eine Kampagne entwerfen, die Wähler aus allen möglichen Schichten und Lagern anspricht. Oberstes Ziel ist es, Donald Trump bei der Wahl am 5. November zu schlagen.
    Wichtig bei der Auswahl des Vizekandidaten war auch, dass dieser möglichst keine Leichen im Keller hat: Die Republikaner werden die Vergangenheit von Walz genau durchleuchten und nach Schwachstellen suchen, um das Harris-Team dann anzugreifen. Insgesamt blieb den Demokraten nur wenig Zeit, um offene Flanken zu prüfen.
    Und schließlich ging es bei der Auswahl auch darum, mit wem Harris am besten zusammenarbeiten kann. Tim Walz muss sie in diesem Punkt überzeugt haben.

    Wie lief die Suche nach dem Vizekandidaten ab?

    Die Auswahl eines sogenannten Running Mates im US-Wahlkampf ist üblicherweise ein komplizierter und aufwendiger Prozess, der monatelang dauern kann. Dieser ist nun im Eiltempo abgelaufen. Die Suche nach einem Vizekandidaten begann, kurz nachdem Präsident Joe Biden aus dem Rennen ausgestiegen war und Harris als seine Nachfolgerin unterstützte.
    Zuletzt hatte sich Harris sich mit ihrem Überprüfungsteam getroffen, zu dem auch der ehemalige Generalstaatsanwalt Eric Holder gehört, dessen Anwaltskanzlei die Finanzen und Hintergründe der potenziellen Kandidaten durchleuchtete. Holder und sein Büro präsentierten detaillierte Informationen zu jedem der Finalisten: Walz, Kelly und Shapiro. Harris traf die Entscheidung dann zusammen mit ihrem Ehemann Doug Emhoff und einem kleinen Kreis von Beratern.

    Welche Rolle spielt der Vizepräsident im politischen System der USA?

    Vizepräsidentschaftskandidaten, auch Running Mates genannt, sind im US-Wahlkampf sehr wichtig. Sie können die Stärken des Präsidentschaftskandidaten ergänzen und helfen, mehr Wähler anzusprechen. Der jetzige US-Präsident Joe Biden war ehemals der Running Mate von Barack Obama und zog dann später selbst ins Oval Office ein - die Vizepräsidentschaft kann also Sprungbrett zu den höchsten Weihen sein. Für seine eigene Präsidentschafts-Kampagne wählte Biden wiederum Kamala Harris als seine Vizekandidatin, die sich nun anschickt, es Biden nachzumachen. Der republikanische Kandidat Donald Trump hat für seine aktuelle Kampagne den Senator J.D. Vance als seinen Running Mate ausgewählt.

    Wie stehen derzeit die Chancen für Kamala Harris?

    Eine Blitz-Wahlkampftour wird Kamala Harris und Tim Walz nun durch die sieben sogenannten Swing States - Pennsylvania, Wisconsin, Michigan, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada - führen. In diesen Bundesstaaten steht nicht schon vorab fest, ob aus Tradition der Kandidat der Republikaner oder jener der Demokraten siegen wird. Daher sind diese Staaten wahlentscheidend. Der Parteitag der Demokraten, wo das Kandidaten-Paar noch einmal gebührend gefeiert werden wird, beginnt dann am 19. August.

    In den Swing States mit Trump gleichauf

    Durch den kurzfristigen Wechsel an der Spitze der Demokraten richtet sich derzeit viel Aufmerksamkeit auf Harris. Sie hat es geschafft, in kurzer Zeit Wählergruppen zu mobilisieren, die sonst eher nicht zur Wahl gegangen wären oder vielleicht den Kandidaten einer dritten Partei gewählt hätten. Lag Joe Biden zuletzt gegenüber Donald Trump klar zurück, liegt Harris aktuell in den meisten Swing States mit Trump gleichauf. In manchen der Schlüsselstaaten sogar vorn, sagt der Meinungsforscher Frank Luntz.
    Harris werde unter anderem viele junge Frauen an die Wahlurnen bringen, die die sich bisher weder für Biden noch für Trump interessiert und sonst gar nicht gewählt hätten, meint Luntz. Er glaubt, dass Harris in den Umfragen weiter zulegen kann - auch durch den Parteitag der Demokraten. Dann komme es auf die TV-Debatten mit Trump an, wenn sie denn stattfinden. Harris' Anziehungskraft auf Wählergruppen, die die Politik schon aufgegeben hatten, sei eindeutig, meint Luntz. Sein Fazit: Der Harris-Boom könnte bis November anhalten. Doch noch sind es drei Monate bis zur Wahl.
    ema / ahe