Parteitag der US-Demokraten
Kamala Harris: Eine Hoffnungsträgerin wird gefeiert

Nach dem Verzicht von Joe Biden geht seine Vize Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin in den Kampf um das Weiße Haus. Auf dem Parteitag der US-Demokraten werden noch einmal ihre Vorzüge herausgestellt. Kann sie Donald Trump besiegen?

    Nahaufnahme einer Frau mit braunen Haaren. Sie lächelt und hält ein Mikrofon in der Hand.
    Liegt in vielen Umfragen inzwischen vor Donald Trump: Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris auf dem Parteitag der Demokraten. (picture alliance / AP / Jacquelyn Martin)
    Generationenwechsel auf dem Parteitag: In einer emotionalen Rede hat US-Präsident Joe Biden seiner Vizepräsidentin Kamala Harris Unterstützung bei ihrer Kandidatur für das Weiße Haus zugesichert. Biden lobte Harris als "zäh" und "erfahren" sowie als Mensch von "enormer Integrität". Sie zur Vizepräsidentin gemacht zu haben, sei die "beste Entscheidung" seiner gesamten Laufbahn gewesen, sagte Biden.
    Harris ist tatsächlich in mehrfacher Hinsicht eine besondere Besetzung für ihr bisheriges Amt: Sie ist die erste Frau auf diesem Posten und zugleich die erste schwarze sowie asiatischstämmige Vizepräsidentin der USA.
    Ihre Nominierung als Präsidentschaftskandidatin hat den Demokraten jede Menge Rückenwind verschafft, auf dem Parteitag sollen nun noch einmal alle ihre Vorzüge hervorgehoben werden. Auch ihr Vize Tim Walz, Gouverneur von Minnesota, darf mit Begeisterung und Applaus rechnen.
    Bei der Wahl am 5. November konkurriert Harris mit dem Republikaner und ehemaligen Präsidenten Donald Trump um das höchste Amt im Staat – und könnte als erste Frau in der Geschichte der USA ins Weiße Haus einziehen. Lange sah es so aus, als hätte Trump die Nase vorn. Doch inzwischen hat Harris viel Boden gutgemacht.

    Inhalt

    Wer ist Kamala Harris?

    Kamala Harris wurde am 20. Oktober 1964 in Kalifornien geboren, als Tochter einer indischen Mutter und eines jamaikanischen Vaters. Beide waren Bildungsmigranten, wie die Publizistin Constanze Stelzenmüller betont: hochqualifizierte Akademiker. Harris studierte an der schwarzen Eliteuniversität Howard und an der University of California, einer weiteren Eliteuni.
    Danach machte Harris Karriere als Staatsanwältin, sie interessierte sich besonders für den Schutz von Frauen und Kindern. Sie stieg zur Generalstaatsanwältin und Justizministerin in Kalifornien auf.
    Vier Jahre lang vertrat Kamala Harris zudem den Bundesstaat als Senatorin in Washington. Sie hatte auch Ambitionen für das höchste Amt im Staat, führte allerdings einen „schwachen“ parteiinternen Wahlkampf, so Stelzenmüller, und schloss sich danach dem „Biden-Lager“ an. Seit 2021 ist sie Vizepräsidentin unter Joe Biden.

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    Harris ist mit dem Rechtsanwalt Douglas Emhoff verheiratet. Das Paar hat keine eigenen Kinder; Emhoff brachte aber zwei Kinder aus einer früheren Beziehung mit in die Ehe. Die Vizepräsidentin gilt als warmherzig und familienfreundlich, aber auch als ambitioniert und fordernd.

    Welche Chancen hat Kamala Harris gegen Trump?

    Vor Joe Bidens Ausscheiden aus dem Rennen um das Weiße Haus waren die Umfragewerte von Harris noch schlechter als die des amtierenden Präsidenten. Viele der demokratischen Parteistrategen hielten sie daher für die falsche Wahl. Das habe sich aber inzwischen geändert, sagte die Analystin Amy Walter in der US-Sendung PBS News Hour: Harris habe es innerhalb kurzer Zeit geschafft, die Basis hinter sich zu vereinen.
    Nun liefern sich Kamala Harris und Donald Trump in Umfragen ein enges Rennen. Nachdem Harris Anfang August den Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, zu ihrem Vizekandidaten machte, lag die demokratische Präsidentschaftskandidatin in vielen Umfragen leicht vor ihrem republikanischen Konkurrenten.
    Trump habe „erkennbar ein Problem mit starken Frauen“, sagt Constanze Stelzenmüller von der Brookings Institution. Als Beispiele nennt sie seine Debatten mit Hillary Clinton oder sein Verhältnis zur damaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    Außerdem spreche der Altersunterschied für Harris: Sie ist 59 Jahre alt, Trump dagegen 78. Und auch ihre erfolgreiche Biografie und die ihrer Eltern – das seien Gegenbeispiele für die Behauptung der Republikaner, Migranten zerstörten das Land.
    Harris werde unter anderem viele junge Frauen an die Wahlurnen bringen, die die sich bisher weder für Biden noch für Trump interessiert und sonst gar nicht gewählt hätten, sagt der Meinungsforscher Frank Luntz. Er glaubt, dass Harris in den Umfragen weiter zulegen kann – auch durch den Parteitag der Demokraten am 19. August. Dann komme es auf die TV-Debatten mit Trump an - wenn sie denn stattfinden.
    Harris‘ Anziehungskraft auf Wählergruppen, die die Politik schon aufgegeben hatten, sei eindeutig, meint Luntz. Sein Fazit: Der Harris-Boom könnte bis November anhalten. Doch noch sind es drei Monate bis zur Wahl.

    Welche Rolle hat Harris als US-Vizepräsidentin?

    Joe Biden hatte Kamala Harris mit einer der undankbarsten Aufgaben betraut: Sie sollte sich um die unkontrollierte Zuwanderung an der Grenze von Mexiko zu den USA kümmern. Ein Thema, mit dem auch andere Politikerinnen und Politiker nur schwer hätten punkten können. Kamala Harris unterliefen dabei Fehler, auch unterschätzte sie die Brisanz des Themas.

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    Zudem besuchte sie die Grenze lange Zeit nicht. Ihr ehemals geäußerter Satz, sie sei auch noch nicht in Europa gewesen, brachte Harris viel Kritik ein.
    Genau diese Aussagen nutzen die Republikaner nun in ihren Wahlwerbespots: Sie machen Harris dafür verantwortlich, dass weiterhin Millionen Menschen unerlaubt ins Land kommen.
    Insgesamt konnte Harris in ihrem Amt kaum Akzente setzen. Joe Biden baute sie auch nicht als seine Nachfolgerin auf.

    Wofür steht Kamala Harris in der US-Innenpolitik?

    Innenpolitisch steht Kamala Harris für einen konsequenten Kampf für Frauenrechte, insbesondere für das Recht, über den eigenen Körper selbst zu bestimmen. Das ist auch der Grund, warum sie in den vergangenen Monaten doch noch „zu Form“ auflief, wie Constanze Stelzenmüller von der Brookings Institution beobachtet hat.
    Nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs über das Ende des landesweiten Rechts auf Abtreibung wurde Harris zu einer „sehr aktiven und sehr wirkungsvollen Wahlkämpferin“, so Stelzenmüller. Außerdem habe sie Trumps „diverse Gerichtsverfahren und Vergehen“ immer wieder aufgespießt.
    Darüber hinaus setzt sich Harris für ein schärferes Waffenrecht ein. Auch hat sie sich in der Vergangenheit deutlich gegen die Todesstrafe ausgesprochen. Noch aus ihrer Zeit als Generalstaatsanwältin und Justizministerin in Kalifornien steht sie aber für ein hartes Vorgehen gegen Kriminalität.
    Auch wegen ihres familiären Hintergrundes sei sie stark wissenschaftlich geprägt, sagte John Holdren, Professor für Wissenschaftspolitik an der Universität Harvard. Die Förderung benachteiligter Gruppen – gerade auch in der Wissenschaft – ziehe sich wie ein roter Faden durch ihr Leben.

    Wofür steht Kamala Harris außenpolitisch?

    Außenpolitisch gilt die US-Vizepräsidentin Kamala Harris bisher als weitgehend unbeschriebenes Blatt. Allerdings hat sie zuletzt ihr Profil geschärft. So nahm sie im Februar 2024 an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Auf dieser bekannte sie sich zur NATO und zur internationalen Zusammenarbeit – offensichtlich in Abgrenzung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.
    Nach Ansicht der ehemaligen deutschen Botschafterin in den USA, Emily Margarethe Haber, verschiebt sich der Fokus der Regierung in Washington allerdings weg von Europa - egal, ob Harris oder Trump die Präsidentschaftswahl gewinnt. In Zukunft werden demnach vor allem China und der indopazifische Raum die US-Außenpolitik bestimmen.
    Harris vertrat zudem Präsident Biden bei einem internationalen Ukraine-Gipfel in der Schweiz. Mit Blick auf Israels Krieg im Gazastreifen mahnte sie die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu deutlich zur Mäßigung.

    Was plant Harris in der Finanz- und Wirtschaftspolitik?

    Die Kandidatin will in der Steuerpolitik die Unternehmenssteuer auf 28 Prozent erhöhen. Das wäre eine deutliche Steigerung. Bislang liegt der Steuersatz in den USA bei 21 Prozent – der frühere US-Präsident und jetzige Gegenkandidat von Harris, Donald Trump, hatte die Steuer auf diesen Wert gedrückt. Im Falle eines Wahlsiegs will Trump den Satz auf 20 Prozent senken. Harris und Trump stehen hier also für völlig verschiedene Richtungen. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Steuerbelastung von Unternehmen bei knapp 30 Prozent.
    Harris plant außerdem, dass Familien mit Kleinkindern durch Steuergutschriften von bis zu 6.000 US-Dollar entlastet werden sollen. Insgesamt sollen mehr als 100 Millionen US-Amerikaner weniger Steuern bezahlen müssen. Zudem will sie Familien, die erstmals ein Haus kaufen, mit bis zu 25.000 US-Dollar finanziell unterstützen. Falls Kamala Harris die Wahl gewinnt, ist unklar, ob sie für ihre Pläne Unterstützung im US-Kongress findet.
    Im Kampf gegen die Inflation will Harris Preiskontrollen umsetzen und ein Verbot von Preisabsprachen bei Lebensmitteln durchsetzen. Die Republikaner werfen dem scheidenden Präsidenten Joe Biden und seiner Vize Harris seit Monaten vor, mit ihrer Politik die Inflation anzuheizen. Auch der neue Vorschlag, den Hauskauf staatlich zu bezuschussen, werde lediglich die Immobilienpreise weiter steigen lassen. Harris zieht immer wieder den Vergleich zu Trump. Der republikanische Kandidat kämpfe für Milliardäre und große Konzerne, sie hingegen kämpfe für die arbeitende Mittelschicht.

    bth