Musik: Schubert, Arpeggione-Sonate, 1. Satz
Ein ungewöhnlicher Auftakt. Das Trio Les Esprits beginnt sein Doppelalbum mit Werken von Franz Schubert nicht etwa zu dritt, sondern in Duo-Besetzung: mit der Sonate für Arpeggione und Klavier aus dem Jahr 1824. Das Arpeggione ist eine Art Zwitter zwischen Gitarre und Cello mit sechs Saiten, entstanden im 19. Jahrhundert und heute eigentlich nur noch dank Schubert bekannt. Die meisten Interpreten spielen seine Sonate für das weitgehend vergessene Instrument auf dem Cello. Auch der Cellist Victor Julien-Laferrière – Sieger des Königin Elisabeth-Wettbewerbs 2017 -, der die virtuosen Anforderungen der Arpeggione-Sonate mit leichter Hand bewältigt und mit dem Pianisten Adam Laloum in einen lebendigen Dialog tritt.
Musik: Schubert, Arpeggione-Sonate, 1. Satz
Victor Julien-Laferrière und Adam Laloum mit dem Beginn der Arpeggione-Sonate von Franz Schubert. Die beiden Mitglieder vom Trio Les Esprits demonstrieren hier eine fein austarierte Balance und ein Gespür für die besondere sangliche Qualität, die Schuberts Werken so oft innewohnt und ihren lyrischen Charakter prägt. Das gilt auch für das zweite Duo-Stück auf dem Doppelalbum, die Fantasie für Violine und Klavier in C-Dur.
Gespür für die sangliche Qualität
Musik: Schubert, Fantasie C-Dur
Aus den Tremoli des Klaviers erwächst dort zu Beginn eine zarte Melodie, mit dem für Schubert so typischen Ton von leiser Wehmut. Die Geigerin Mi-sa Yang findet dort mit dem Pianisten Adam Laloum einen wunderbar innigen Klang. Ihre Mischung aus Schlichtheit und Wärme entfacht eine sanfte Sogkraft und berührt das Herz.
Musik: Schubert, Fantasie C-Dur, 1. Satz
Das einleitende Andante molto aus der Fantasie für Violine und Klavier von Franz Schubert, interpretiert von der Geigerin Mi-sa Yang und dem Pianisten Adam Laloum. Die Sensibilität im Zusammenspiel und das feine Ohr für die Zwischentöne der Musik gehören zu den großen Stärken der Aufnahme, aber es bleiben nicht die einzigen, sonst wäre das Schubert-Bild ja auch zu einseitig.
Jugendliche Kraft und Energie
Die Mitglieder des Trios Les Esprits, die sich 2012 in Paris als Ensemble zusammengeschlossen und nach Beethovens Geister-Trio benannt haben, können auch ganz anders. Im ersten Satz aus dem B-Dur-Klaviertrio von Schubert verströmen sie eine jugendliche Kraft und Energie. Dort wählen sie ein rasches Tempo für das Allegro moderato und drängen geradezu stürmisch voran, ohne ihren kammermusikalisch delikaten Klang zu opfern.
Musik: Schubert, Klaviertrio B-Dur, 1. Satz
Auf dieses eröffnende Allegro moderato folgt in Franz Schuberts Klaviertrio in B-Dur ein anrührender langsamer Satz. Mit seiner weich schwingenden Melodie beschwört er eine Stimmung, die an die Zärtlichkeit eines Wiegenlieds erinnert. Das Trio Les Esprits findet auch hier genau den richtigen Ton: wenn sich die Stimmen der beiden Streicher und des Klaviers geradezu liebevoll aneinander anschmiegen und zu einer Einheit verschmelzen, wenn die drei Musiker gemeinsam die verschiedenen Nuancen der Piano-Farben auskosten und ihr Vibrato dezent und geschmackvoll dosieren.
Musik: Schubert, Klaviertrio B-Dur, 2. Satz
Im richtigen Moment eine Millisekunde innezuhalten, bevor es weiter geht und so einige besondere Harmoniewechsel oder Intervallschritte einen kleinen Tick hinauszuzögern, um die Spannung zu erhöhen: auch das, diese Kunst des Rubato, beherrscht das Trio Les Esprits mit einer Selbstverständlichkeit, die große Interpreten auszeichnet. Das ist in der neuen Schubert-Aufnahme des französischen Ensembles in jedem Werk zu erleben. Auch im Klaviertrio in Es-Dur, das Franz Schubert während der Arbeit an seinem Liederzyklus "Winterreise" komponierte und das dunklere Regionen durchstreift als das Schwesterwerk in B-Dur. "Tiefen Zorn und überschwängliche Sehnsucht" hörte etwa Robert Schumann im ersten Satz von Schuberts Es-Dur-Trio. Der zweite Satz, Andante con moto, schlägt eine andere Richtung ein. Über gleichmäßig schreitenden Staccati des Klaviers stimmt das Cello ein melancholisches Thema an, das von einem schwedischen Volkslied inspiriert ist. Der Cellist Victor Julien-Laferrière lässt sein Instrument auch hier wieder seelenvoll singen.
Musik: Schubert, Klaviertrio Es-Dur, 2. Satz
Geistreiche Darbietung
Ein Ausdruck von Schwermut scheint auf der Musik zu liegen und die Stimmung in düstere Sphären zu drücken. Doch in der Mitte des Andante bricht diese Trübnis auf. Das Stück und die Interpreten offenbaren einen glühenden Schmerz, der unter der Oberfläche lauert und dem Hörer in einem kurzen, aber heftigen Ausbruch entgegenschlägt.
Musik: Schubert, Klaviertrio Es-Dur, 2. Satz
Auch diese emotionale Wucht gehört zum Repertoire des Trio Les Esprits, wenn es die Musik fordert. Ein Moment von beklemmender Intensität im Es-Dur-Trio von Franz Schubert. Doch das Stück verharrt nicht im Zustand brennender Verzweiflung, sondern hellt sich auf.
Musik: Schubert, Klaviertrio Es-Dur, 2. Satz
Im Scherzo, mit seinem Kanon zwischen Klavier und Streichern und im abschließenden Allegro moderato, gibt sich das Stück heiter und oft tänzerisch beschwingt. Das Trio Les Esprits beherrscht auch diese leichtfüßige Gangart souverän und wird seinem Namen mit einer geistreichen Darbietung gerecht.
Musik: Schubert, Klaviertrio Es-Dur, 3. Satz
Franz Schubert
Sonate für Arpeggione und Klavier, Fantasie C-Dur für Violine und Klavier, Klaviertrios B-Dur und Es-Dur
Trio Les Esprits
Sony Classical (2 CDs)
Sonate für Arpeggione und Klavier, Fantasie C-Dur für Violine und Klavier, Klaviertrios B-Dur und Es-Dur
Trio Les Esprits
Sony Classical (2 CDs)