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Kampagne gegen deutsche Medien
Dudas zweifelhafte Wahlkampftaktik

Polens Präsident Andrzej Duda greift deutsche Medien während des Wahlkampfes scharf an. Der Vorwurf: Einmischung im Dienste der Berliner Politik. Er erwartet sogar eine Reaktion des deutschen Botschafters. Nicht nur sein Herausforderer hält das für Wahlkampftaktik.

Von Florian Kellermann |
Grenzpfähle am ehemaligen Grenzübergang zwischen Deutschland und Polen in Linken (Mecklenburg-Vorpommern)
Deutschland und Polen: Nachbarn mit schwieriger Geschichte (picture alliance / Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/ZB)
Was die deutschen Medien über Polen schreiben, spielt in der Debatte in Polen eine wichtige Rolle. Die liberale Opposition freut sich regelmäßig über Kritik an der Regierung. "Seht her, die rechtskonservative Regierungspartei PiS diskreditiert uns im Ausland", heißt es dort. Die Regierung versucht ebenfalls, kritische Berichte über sich zu nutzen. Nach der Devise: Wenn es den Deutschen nicht passt, was wir tun, dann tun wir wahrscheinlich das Richtige.
Kritik an Korrespondenten
Neu ist allerdings, wie heftig das Regierungslager deutsche Medien angeht – und dabei sehr persönlich wird. Der amtierende Präsident Andrzej Duda sagte bei einem Auftritt in Niederschlesien:
"Vor kurzem konnte man in der Zeitung "Die Welt" lesen, dass ihr Warschauer Korrespondent, Herr Fritz, mitgeteilt hat, dass Herr Trzaskowski ein besserer polnischer Präsident wäre für Deutschland. Denn er sei dagegen, dass Polen von den Deutschen Reparationen nimmt. Dass Polen Entschädigung für den Zweiten Weltkrieg verlangt, für die damaligen Zerstörungen."
Nahaufnahme von Duda, der lächelnd winkt. Um ihn herum ein Kameramann und weitere Personen. Ganz hinten unscharf ein Wahlkampfplakat Dudas.
Der polnische Präsident Andrzej Duda wirft dem Polen-Korrespondent der Zeitung "Die Welt" vor, sich in den Wahlkampf einzumischen. (AP / dpa / Czarek Sokolowski)
Der Anlass für diese Aussage war eine Analyse des Welt-Korrespondenten Philipp Fritz nach dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl. Darin hieß es: Der Oppositionskandidat Rafal Trzaskowski würde als Präsident einen weniger konfrontativen Ton gegenüber Deutschland anschlagen. Eine Analyse, der fast alle Beobachter zustimmen dürften.
"Deutsche Angriffe"
Auch die polnische Botschaft in Berlin kommentiert immer wieder Texte aus deutschen Medien. In der Regel kritisiert sie diese als nicht ausgewogen. Der Süddeutschen Zeitung legte die Botschaft via Twitter sogar nahe, ihren Korrespondenten auszutauschen. Sie stellte ihn nicht nur als inkompetent dar, er stehe auch der deutsch-polnischen Verständigung im Wege, hieß es.
Aber auch polnische Medien, die mit deutschem Kapital finanziert werden, nimmt die Regierung ins Visier. Präsident Andrzej Duda: "Heute haben wir den nächsten Akt des deutschen Angriffs bei diesen Wahlen. Eine erbarmungslose, schmutzige Kampagne, diesmal gegen mich persönlich gerichtet. Die Deutschen wollen in Polen den Präsidenten wählen? Das ist eine Gemeinheit, dem werde ich nicht zustimmen."
Duda bezog sich auf einen Text in der Boulevard-Zeitung "Fakt". Die griff Duda tatsächlich an, weil er im März einen verurteilten und aus dem Gefängnis bereits entlassenen Sexualstraftäter begnadigt hatte. Der Mann darf sich nun seiner Tochter, auf deren Wunsch, wieder nähern. "Herr Präsident, wie konnten Sie nur?", hieß es dazu auf der Titelseite von "Fakt". "Fakt" gehört dem Verlag "Ringier Axel Springer".
Einseitige Berichterstattung
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Polen hat nach Ansicht der OSZE nicht ausgewogen über den Präsidentschaftswahlkampf berichtet.
Nationale Wähler als Ziel
Duda und sein Lager stellten es aber so dar, als stehe auch das offizielle Berlin, die Bundesregierung hinter der Berichterstattung. Diese Behauptung taucht auch immer wieder in Bezug auf deutsche Korrespondenten in Polen auf. Adam Bielan, Sprecher von Dudas Wahlkampfstab, sagte im öffentlichen polnischen Radio:
"Ich appelliere an den deutschen Botschafter in Warschau, dass er hier eingreift. Wir wünschen uns solche ausländischen Interventionen nicht. Polen mischt sich ja auch nicht in Wahlen in Deutschland ein." Die kritischen Berichte in deutschen Zeitungen werden von Regierung und Opposition als Waffe im politischen Kampf genutzt.
Dass Präsident Duda diese Rhetorik nun noch einmal verstärke, sei Wahltaktik, meint Piotr Buras, Polen-Experte bei der Denkfabrik "European Council on Foreign Relations": "Ich finde, das ist eher ein Verzweiflungsakt von Duda, weil er nach neuen Wählern sucht. Seine Reserven sind ausgeschöpft. Er hat praktisch die meisten Wähler, die er erreichen kann, im ersten Wahlgang schon für sich gewonnen. Ich glaube, seine Strategie ist, sich an die radikalen, nationalen Wähler zu wenden."
Eine Strategie nicht ohne Risiko. Denn die Wähler in der Mitte der Gesellschaft könnte Duda so vergraulen.