Ein junges Mädchen liegt auf einer Matratze, dreht sich aus Scham weg. Ein Mann im Bildvordergrund macht sich gerade die Hose zu:
"Du bist wirklich meine Beste."
Später stellt sich heraus: Es war der Trainer, der mit seiner Athletin Geschlechtsverkehr hatte. Sein Gesicht ist während des gesamten Films nicht zu erkennen.
"Da wird eine Sportlerin vom Trainer missbraucht. Wir stellen das als Flashback dar, das heißt, erst mal kommt dieser schwere Missbrauch und dann kommt diese falsche Hilfestellung, diese Wörter, die anzüglichen Bemerkungen."
Roxana Rogon ist 21 und Sprecherin der Sportjugend Sachsen Anhalt. Sie hat den Film mit 20 Jugendlichen gemeinsam gemacht - vom Drehbuch bis zur Umsetzung. Er soll zeigen: Wenn man Zeichen sensibel deutet, kann Missbrauch vielleicht verhindert werden.
Mediatoren aus sechs Nationen
Das inhaltliche Wissen hat Roxana in zwei internationalen Trainings bekommen durch ein Team der Sporthochschule Köln. Insgesamt 50 Jugendliche aus sechs Nationen waren als Mediatoren dabei. Im ersten Teil ging es um Lernen für sich selbst, so Anno Kluß von der Sporthochschule Köln:
"Sich mit dem Thema sexueller Missbrauch und Prävention auseinanderzusetzen, selber Wissen anzusammeln, selber an seiner Haltung zu arbeiten, auch zu lernen, wie ist zum Beispiel ein typisches Täterverhalten. Der zweite Teil, das war sechs Wochen später der kümmerte sich genau darum: Wie rege ich Jugendliche an eigenverantwortlich Kampagnen zu planen und durchzuführen?"
Die Kampagne der Sportjugend Sachsen-Anhalt ist der Film geworden. "Verlier nicht Dein Gesicht" heißt er und wird ganz bewusst eingesetzt:
"Wir nutzen ihn hauptsächlich für unsere Ausbildungen, das heißt, wir haben Übungsleiterlehrgänge, wo das halt auch wichtig ist, dieses Thema aufzugreifen, weil man ja dann mit dieser Lizenz die Möglichkeit bekommt mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten und uns ist es wichtig, die zu sensibilisieren in dieser Thematik.
Vorbildfunktion älterer Nachwuchssportler
Hört sich an als träfen Roxana Rogon und ihre Gruppe den richtigen Ton, um ihr Anliegen rüberzubringen. Und noch mehr:
Ist halt auch so eine gewisse Vorbildfunktion, wenn man fünf bis zehn Jahre älter ist, ist es wichtig zu zeigen, dass man sich engagiert.
Engagiert am Thema gearbeitet hat auch die Gruppe aus Polen. Dort war die Kampagne gegen Homophobie Projektpartner von "Sport respects your rights". Und das war ein Problem, schildert Kampagnenleiter Slava Melnyk:
Es war schwer für uns, die Sportvereine zu erreichen. Sie wollten nicht mit uns zusammenarbeiten, aus Angst, sie würden stigmatisiert als die, die für die Rechte von Homosexuellen eintreten.
Kaum Zugang zu den Sportvereinen, also haben sie mit dem EU-Jugendparlament in Polen zusammengearbeitet – gegen alle Widerstände. Dawid Durejko hat eine lokale Projektgruppe geleitet. Er berichtet von Hetze in den rechtsorientierten katholischen Medien nach dem Motto:
"'Homosexuelle machen Sextraining für Kinder.' Eine Andeutung von Pädophilie. Die gibt es oft in Polen aufgrund von fehlender Information und großer Homophobie. Die Teilnehmer unserer Workshops waren einerseits traurig, aber andererseits fühlten sie sich gestärkt."
Ergebnis: 70 Jugendliche aus Polen haben drei Poster entwickelt. Zu den Themen Homophobie, Rassismus und sexualisierte Gewalt im Sport. Die wollen sie demnächst veröffentlichen. Vorher organisiert Slawa Melnyk aber noch einen runden Tisch mit dem polnischen Sportministerium. Damit das der Gruppe nicht im letzten Moment noch einen Strich durch die Rechnung macht.
Mut, Widerstände zu überwinden
Was für uns wichtig ist: Wir haben unser Anliegen weitergegeben. Also schlechte Presse ist manchmal sogar gut. Ihr Ziel hat die Kampagne in Polen auf jeden Fall erreicht: Sie hat Jugendlichen Mut gemacht, sich gegen Widerstände durchzusetzen.
Ähnlich geht auch der Film der Sportjugend Sachsen-Anhalt zu Ende. Ursprünglich hätte er die Zuschauer ratlos zurückgelassen. Das fanden die Koordinatoren als Aussage nicht richtig. Die junge Sportlerin, die sich am Anfang nicht wehren konnte, leistet aktiv Widerstand, als ihr Trainer ihr zu nah kommt:
"Lass mich endlich in Ruhe, ich möchte das nicht! Das hätte ich schon viel früher sagen sollen."
Sie blickt entschlossen in die Kamera.
Mit Filmen wie diesem, mit Postern, T-Shirts und Aufklebern haben die jugendlichen Kampagnenmacher 1.200 Gleichaltrige erreicht und sensibilisiert für das Thema sexualisierte Gewalt im Sport. Und sie wollen weitermachen, auch wenn das EU-Projekt "Sport respects your rights" jetzt zu Ende ist.