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Kampagne gegen sexuellen Missbrauch
Fußballprofi Nicolas Höfler will Prominenz nutzen

Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist im deutschen Sport weit verbreitet. Die Kampagne "Melde Dich" will Kinder und deren Eltern für das Thema sensibilisieren - und ihnen Hilfe anbieten. Prominentes Gesicht der Kampagne ist der Fußball-Profi Nicolas Höfler vom SC Freiburg.

Von Andrea Schültke |
Nicolas Höfler, Fußballprofi des SC Freiburg, und seine Frau Carolin, setzen sich gegen Gewalt und Missbrauch von Kindern ein.
Nicolas Höfler, Fußballprofi des SC Freiburg, und seine Frau Carolin, setzen sich gegen Gewalt und Missbrauch von Kindern ein. (Deutschlandradio / Andrea Schültke)
Dass Kindern schwere sexuelle Gewalt angetan wird, erschüttert zurzeit die Öffentlichkeit, weil jetzt bekannt wird, was seit Jahrzehnten nicht wahrgenommen wurde: Sexualisierte Gewalt findet in allen Lebensbereichen statt – auch im Sport.
Das zeigen allein vier Prozesse, in denen Sporttrainer oder Jugendleiter wegen sexualisierter Gewalt an ihren Schützlingen vor Gericht stehen. Darunter auch ein Fußballtrainer in Freiburg. Er soll an sieben Jungen sexuelle Handlungen verübt haben, teilweise als sie schliefen. Fotos der Taten hatte er im Internet verbreitet.
Da hat die lange vor dem Fall geplante Freiburger Aktion "Melde Dich", die am Freitag offiziell vorgestellt wurde, einen traurigen aktuellen Anlass. Nicolas Höfler Bundesligaprofi des SC Freiburg ist das Gesicht der Kampagne: "Stopp. Niemand darf dich anfassen, wenn du es nicht willst. Ich bin Niklas Höfler, Spieler des SC Freiburg und setze mich gegen Gewalt und Missbrauch an Kindern ein."
Im Trikot des SC Freiburg bringt der Fußballprofi seine Botschaft vor, wendet sich direkt an Kinder und Jugendliche und schaut sie offen an. In dem Videoclip und auch auf großen Plakaten in der Stadt verweist der Mittelfeldspieler auf die Kontaktdaten zur Fachberatungsstelle Wendepunkt.
Kindern und Jugendlichen die Angst nehmen
Mit der Kampagne will Höfler Kinder dazu bewegen, sich Hilfe zu holen, wenn sie sexualisierte Gewalt erleben: "Das ist, glaube ich, auch eine Überwindung für die Kinder zu sagen: 'Ich bin ein Opfer, ich bin betroffen.' Ich hoffe, dass ich da durch meine Rolle auch ein bisschen die Angst davor nehmen kann."
Höfler ist der erste Bundesligaprofi, der das Thema offen anspricht, nicht drum herum redet und die Worte Gewalt und Missbrauch bewusst verwendet. Er unterstützt die Aktion gemeinsam mit seiner Frau Carolin Chrobok-Höfler.
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Anderen helfen und etwas zurückgeben
"Wir haben vier gesunde Kinder. Mein Mann hat dieses Glück gehabt, den Sprung zum Fußballprofi zu schaffen. Ich bin schon lange verbeamtete Lehrerin. Es geht uns einfach gut. Mein Mann und ich haben ziemlich schnell gesagt, wir wollen einfach etwas zurückgeben, wollen uns dankbar zeigen und schauen, wie kann – wenn man eigentlich auf der Sonnenseite des Lebens steht - trotzdem anderen helfen?"
Nicolas Höfler (SC Freiburg) führt im Bundesliga-Spiel gegen Schalke 04 den Ball.
Freiburger Eigengewächs: SC-Profi Nicolas Höfer kennt man in Freiburg (Imago / RHR-FOTO / Tim Rehbein)
Popularität des SC-Profis für die Kampagne nutzen
Nicht zuletzt durch ihren Beruf als Lehrerin hat sich Carolin Chrobok-Höfler intensiv auseinandergesetzt mit dem Thema sexualisierte Gewalt. Den aktuellen Prozess gegen einen Freiburger Fußballtrainer hat sie im Gerichtssaal verfolgt. Schon bevor der Fall bekannt wurde, hatte Sie mit ihrem Mann den Verein "Wir helfen Kindern" unterstützt und jetzt auch die Aktion "Melde Dich":
"Jetzt hat mein Mann das Glück, dass er allein mit seinem Gesicht und seinem Namen was erreichen kann. In fünf Jahren interessiert sich keiner mehr dafür, ob er auf dem Plakat steht oder nicht. Jetzt kann man über die Geldspende hinaus mit seiner regionalen Berühmtheit Gutes erreichen. Und das sollte man einfach ausnutzen."
"Das hat natürlich eine großartige Signalwirkung, wenn ein Profi mit seiner Popularität und seiner Vorbildfunktion vorangeht und sagt, dieses Thema ist wichtig, da muss man sich dafür einsetzen, dass Kinder erfahren: Du darfst dir Hilfe holen", bestätigt Nils Vogelsang von der Fachberatungsstelle Wendepunkt in Freiburg.
Nils Vogelsang setzt sich mit der Fachstelle Wendepunkt e.V. gegen sexuellen Gewalt an Jungen und Mädchen ein.
Nils Vogelsang (re.) setzt sich mit der Fachstelle Wendepunkt e.V. gegen sexuellen Gewalt an Jungen und Mädchen ein. (Deutschlandradio / Andrea Schültke)
Mit einem Anruf dort können sich Betroffene sexualisierter Gewalt Unterstützung holen, von Sozialarbeiterinnen und Pädagogen mit therapeutischer Zusatzausbildung. Wendepunkt und der Verein "Wir helfen Kindern" haben die Aktion "Melde Dich" entwickelt und schicken in diesen Tagen Materialien zur Kampagne an Grundschulen in der Region Freiburg - mit Informationen für Lehrkräfte. Darin auch das Plakat mit der Botschaft von Nicolas Höfler: "Stopp. Niemand darf dich anfassen, wenn Du es nicht willst."
Tabuthema im Fußball
So will sich der Bundesligaprofi auch an Betroffene aus dem Sport wenden, auch aus dem Fußball. Denn gerade da sei sexualisierte Gewalt immer noch ein Tabuthema: "Niemand möchte darüber sprechen, ich weiß nicht, was genau der Grund ist, warum wir dann doch auch oft unsere Augen verschließen und nicht einsehen wollen, dass es auch im Fußball stattfindet und vor allem auch im Jugendfußball viele, viele Opfer gibt und vor allem auch Täter. Und ich glaube, dass wir da einfach offener mit umgehen müssen, dass wir Sachen ansprechen müssen."
Nachholbedarf bei Kinderschutz
Über ihr Engagement für die Aktion "Melde Dich" haben Höfler und seine Frau den SC Freiburg informiert. Der unterstütze die Kampagne, sagt Hanno Franke von der Abteilung "Gesellschaftliches Engagement" des Bundesligaclubs. Er räumt aber ein: Auch der SC selbst müsse die Arbeit gegen sexualisierte Gewalt innerhalb des Vereins intensivieren. Seit diesem Jahr schreibt die Deutsche Fußballliga ein Kinderschutzkonzept vor - als Voraussetzung für den Betrieb eines Nachwuchsleistungszentrums.
"Der Standard ist da noch nicht sehr hoch. Deswegen haben wir auch gesagt, wir möchten das Thema richtig ernst nehmen. Und sind aber - das muss ich jetzt ehrlicherweise sagen - am Beginn einer Konzeption", sagte er mit Blick auf die Umsetzung.
Konzept entwickeln
Gemeinsam mit dem Kinderschutzbund und der Fachberatungsstelle Wendepunkt entwickele der Verein gerade Kinderschutzkonzept. Dazu gehörten unter anderem: Fortbildungen für Trainer, ein erweitertes Führungszeugnis von Mitarbeitenden im Kinder- und Jugendbereich einholen und auch eine Risikoanalyse: Wo bietet der Verein Zugriffsmöglichkeiten auf Kinder und wie sind die zu reduzieren, erläutert Nils Vogelsang von der Beratungsstelle Wendepunkt. Täter versuchten gerade, im Sportbereich Fuß zu fassen:
Nicolas Höfler und seine Frau engagieren sich aus Überzeugung für Kinderschutz und gegen sexualisierte Gewalt. Der Bundesligaprofi hofft dabei auch auf Unterstützung von Kollegen:
"Dass Sie sagen: 'Hey, ich finde es voll cool. Das ist eine super Idee. Ich möchte da mitmachen.' Das wäre der Optimalfall, glaube ich, umso mehr Kinder können wir erreichen. Und vielleicht erschwert man Tätern so ein bisschen das Ganze. Und ich hoffe, dass wir so den Weg gehen können und dass wir viele darauf aufmerksam machen und viele das unterstützen."