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Kampf dem EHEC-Keim im Kompost

2011 führte der EHEC-Erreger bundesweit zu schweren Durchfall- und Nierenerkrankungen. Die Bakterien werden durch direkten und indirekten Kontakt mit Kot von Wiederkäuern übertragen. In der Folge wurde die Bioabfallverordnung novelliert, Kompost und Co. unterliegen Auflagen - eine Zwischenbilanz.

Von Annette Eversberg |
    Wer sich bei privaten oder kommunalen Abfallbetrieben seinen Kompost für den Garten kauft, der kann sicher sein: Seit dem 1. Mai vergangenen Jahres müssen Biomüll, Grünabschnitte aus Parks und Gärten, Vergärreste aus den Biogasanlagen noch einmal seuchen- und phytohygienisch behandelt werden. Das Ziel: Weder Krankheitskeime wie Salmonellen oder EHEC-Bakterien sollen enthalten sein und in die Umwelt getragen werden. Es wird auch verhindert, dass sich im fertigen Kompost noch unerwünschte Samen befinden, aus denen zum Beispiel die hoch allergieauslösende Beifuß-Ambrosia sprießt.

    In der Kompostierungsanlage in Münster werden Bioabfälle aus Haushalten, Gewerbe und Parkanlagen angeliefert. 29.000 Tonnen pro Jahr. Der Biomüll ist bereits vorbehandelt, ehe er mit den anderen Bioabfällen kompostiert wird. Betriebsleiter Mario Beutel.

    "Das wird einmal vorab zerkleinert, dann auf Mieten aufgesetzt, regelmäßig mit dem Radlader umgesetzt, und dann über unseren mobilen Siebanlagen aufbereitet. Der Feinanteil wird als Kompost vermarktet. Der grobe Anteil geht in die Verbrennung."

    Damit der Bioabfall seuchen- und phytohygienisch unbedenklich ist, müssen die Temperaturen in der "Miete" stimmen: Bei einer Behandlungsdauer von zwei Wochen müssen es 55 Grad sein, bei einer Woche sogar mehr: 60 bis 65 Grad. Mario Beutel sorgt für eine tägliche Kontrolle, indem er mit einer langen Stange tief in die Miete sticht.

    "Wir sind hier am Ende des Prozesses, selbst hier haben wir in ein Meter Tiefe der Miete noch immer über 40 Grad, es geht hoch auf 47 Grad. Wenn wir am Anfang des Rotteprozesses messen würden, wären wir bei 65, 70 Grad."

    Das sind Temperaturen, mit denen auch der EHEC-Experte Professor Helge Karch vom Universitätsklinikum Münster zufrieden ist.

    "Meiner Meinung nach reicht das aus, um diese Stämme sicher abzutöten. Aber das geht natürlich nicht innerhalb von Sekunden oder Minuten, sondern das ist dann ein Zeitfaktor dabei. Es könnte mehrere Stunden dauern, bis sie vernichtet sind."

    Nach der Behandlung der Bioabfälle wird – so die Bundesgütegemeinschaft Kompost in Köln - der fertige Kompost noch einmal überprüft. Von unabhängigen Laboren. Salmonellen dienen als Leitorganismus. Sind sie verschwunden, gibt es auch keine anderen Erreger. Der Grenzwert liegt bei null. Auch Tomatensamen als Leitorganismen für Samen aller Art dürfen – so Mario Beutel - nicht mehr auskeimen.

    "Die sind sehr widerstandsfähig gegen hohe Temperaturen, gegen Außeneinflüsse. Durch die Prozessprüfung und die Endproduktüberprüfung ist sichergestellt, dass alle Krankheitserreger dann abgetötet werden."

    Woher die Bioabfälle stammen, muss nach der neuen Bioabfallverordnung belegt werden. Die Betreiber von Kompostierungsanlagen sind verpflichtet, die Überschreitung eines Grenzwerts sofort zu melden. Das Ergebnis muss stimmen. Auch wenn dabei Investitionskosten in Millionenhöhe entstehen, um die Bioabfallverordnung einzuhalten. Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbandes Kommunaler Unternehmen VKU in Berlin weiß, dass Kompostierungsanlagen, bei denen Bioabfälle unter freiem Himmel zu Hügeln, den Mieten, aufgeschichtet werden, sich nicht in allen Fällen eignen.

    "Es geht dann darum, auch geschlossene Anlagen zu präferieren, die kosten natürlich wesentlich mehr, als wenn ich eine einfache Mietenkompostierung nutze, um dort die Kompostierung zu betreiben."

    Noch wird Biomüll allerdings nicht bundesweit gesammelt. Die Hälfte aller Bundesbürger - so der Verband der Humus- und Erdenwirtschaft VHE in Aachen - hat noch keine Biotonne. Diese weißen Flecken auf der Karte der Bioabfallerfassung in Deutschland sollen aber auf jeden Fall verschwinden. Patrick Hasenkamp vom VKU.

    "Deswegen steht im Kreislaufwirtschaftsgesetz die Frist 1. Januar 2015 drin. Da müssen dann alle Gebietskörperschaften Farbe bekennen und deutlich machen, wie sie denn Organik Abfälle sammeln. Der Gesetzgeber geht so weit, dass die flächendeckend haushaltsnah erfasst werden sollen. Das heißt, es wird für die Gebietskörperschaften neue Überlegungen geben müssen, inwieweit sie jetzt hier der Vorgabe der flächendeckenden Erfassung auch Rechnung tragen können."

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    Komposthaufen in einem Schrebergarten
    Wer kompostiert, kann sich auch unliebsame Erreger in den garten holen (picture alliance / dpa / Ronald Wittek)