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Kampf den Parasiten, mögliche Resistenz bei Bienen gegen die Varoa-Milben

Unter den Parasiten ist die Varroa-Milbe wahrhaft ein Riese. Mit bloßem Auge kann sie der Bienenkundler Dr. Ralph Büchler aus Kirchhain bei Marburg erkennen, wenn sie auf den Bienen sitzt:

Von Lutz Reidt | 23.04.2003
    Es ist eine der größten Milben, die überhaupt vorkommen. Sie ist braun ausgefärbt, quer oval, 1,2 Millimeter breit und dadurch mit dem bloßen Auge auf der Biene durchaus gut zu erkennen. Also, sie hat Mundwerkzeuge, mit denen sie durch die Haut der Biene hindurch Blutgefäße anstechen kann, aus denen sie dann Hämolymphe, also das Blut der Bienen saugt.

    Und das macht die Milbe bei erwachsenen Bienen und bei der Brut. Aus diesen befallenen Brutzellen schlüpfen dann Bienen, die nachhaltig geschädigt sind und häufig auch nicht lange überleben.

    Auf großes Interesse stößt daher ein internationales Forschungsprojekt auf der schwedischen Ostsee-Insel Gotland. Daran beteiligt ist auch der Biologe Dr. Peter Rosenkranz von der Landesanstalt für Bienenkunde Baden-Württemberg in Stuttgart-Hohenheim.

    1999 haben die Wissenschaftler im Süden von Gotland 150 Bienenvölker aufgestellt. Die Frage dabei: wie kommen Bienen mit der Varroa klar, wenn der Mensch nicht eingreift:

    Wir haben dieses Projekt deswegen auch "BOND-Projekt" getauft: Leben und sterben lassen; wir kontrollieren lediglich den Befall der Völker und schauen eben, wieviele Völker überleben. Wir hatten also die ersten drei Jahre wenige Verluste; wir hatten Schwärme - so, wie wir es geplant hatten, teilweise sogar eine Vermehrung; und die letzten zwei Jahre deutliche Einbußen - was erwartet worden war - und im Moment stehen noch 16 Völker auf Gotland.

    16 von 150 Völkern - das ist ein Verlust von fast 90 Prozent. Die Frage ist: sind die überlebenden Völker nun der Rest, der auch bald dahin gerafft wird, oder haben diese Bienen den Varroa-Befall dauerhaft überstanden:

    Was uns Hoffnung macht ist, dass einige Völker sehr gut aussehen, also überraschend gut, vom Zustand her; und wir werden von diesen Völkern jetzt Nachzuchten machen und diese Nach-zuchten an verschiedenen Orten genau testen im Vergleich zu "Standardmaterial" und dann kann man eine Aussage machen, ob tatsächlich etwas in Richtung Varroa-Selektion stattfgefunden hat.

    Königinnen und Drohnen von der Insel Gotland sollen die Basis werden für Bienenvölker, die sich dann auch in Deutschland gegen den Varroa-Befall behaupten müssen. Imker und Obstbauern hoffen gleichermaßen darauf - so auch Heide-Imker Udo Kellner, der seine Bienenvölker in der Nähe von Celle pflegt:

    Ich hatte 58 Völker eingewintert und habe 13 Völker über den Winter durch die Varroa verloren. Und was noch dazu kommt: wir haben ja noch andere Bienenkrankheiten, die noch dazu kommen; das heißt, in Verbindung mit der Varroa können wir sagen, sind die Bienen anfälliger gegen andere Viren, gegen amerikanische Faulbrut usw., so dass wir dort im Prinzip unwahrscheinlich aufpassen müssen, unsere pflegerischen Mittel einsetzen müssen, um überhaupt ein Bienenvolk dann gesund und munter durch den Winter zu bekommen.

    Neben den Imkern sind auch die Obstbauern in Sorge. So auch im "Alten Land" bei Hamburg, mit rund 10.000 Hektar das größte geschlossene Obstanbaugebiet in Deutschlands. Dort sind die Honigbienen im Frühjahr die wichtigsten Bestäuber. Henning von Husen, der in Jork 15 Hektar mit Äpfeln und Kirschen bewirtschaftet, braucht die Bienen vor allem in seinen Kirschbäumen:

    Die Kirsche braucht die Biene - zur Bestäubung, wohlgemerkt. Beim Apfel ist es so, dass wir über die Wildinsekten und die Windbestäubung auch eine Bestäubung haben; dort ist es nicht hundertprozentig erforderlich. Bei der Kirsche ist es so. Und wenn überhaupt kein Imker da wäre, hätten wir zum Teil noch durch die Wildinsekten eine Bestäubung, aber wir würden eine sehr viel geringere Ernte erwarten. Wenn überhaupt keine Biene ins Alte Land einwandern würde, dann würden wir ungefähr eine 60-prozentige geringere Ernte erwarten. Beim Apfel kann man´s nicht so direkt sagen, weil wir auch da nicht die Erfahrungswerte haben, wo wir sagen können: diese Parzelle hat überhaupt keine Biene gesehen. Aber ich denke, dort auch 20 bis 30 Prozent weniger Ertrag.

    Bereits im vergangenen Jahr hatten Spätfröste und nasskalte Witterung während der Blüte zur schlechtesten Kirschernte seit 40 Jahren geführt. Prompt kletterte später der Kilopreis für Kirschen auf 4 Euro und mehr. Ein bitterer Vorgeschmack auf das, was passieren könnte, wenn in diesem Jahr Varroa-bedingte Ausfälle bei den Honigbienen für eine weitere schlechte Obsternte sorgen sollten.