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Kampf der Telefonwerbung

Verbraucherschützer haben die Bundesregierung zu schärferem Vorgehen gegen unerlaubte Werbeanrufe aufgefordert. Bei solchen Telefonaten angebahnte Verträge sollten künftig ohne schriftliche Bestätigung des Kunden ungültig sein, verlangte der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Verbandschef Gerd Billen nannte die Telefonwerbung "eine der größten Landplagen des 21. Jahrhunderts".

Von Dieter Nürnberger |
    Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) will diese unlautere Telefonwerbung durch gesetzliche Maßnahmen angehen. Und eine Chance dazu biete die derzeit ohnehin anstehende Reform des Wettbewerbsrechts. Zudem denkt der vzbv über weitere Maßnahmen nach, die dann beispielsweise auch das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen betreffen würden. Politisch verantwortlich sei das in solchen Fragen federführende Bundesjustizministerium, hier gebe es auch schon Vorschläge, die allerdings nicht ausreichen würden, um die gegenwärtige Praxis entscheidend zu verändern. Die Verbraucherzentralen wollen nun den Druck verstärken, damit endlich wirksame Maßnahmen eingeleitet werden, sagt Gerd Billen vom Bundesvorstand des vzbv:

    "Es ist zum Beispiel vorgesehen, dass es den Anbietern nicht mehr erlaubt sein soll, ihre Rufnummern zu unterdrücken. Es soll auch ein Bußgeldtatbestand bei unerlaubten Anrufen eingeführt werden. Das sind gute Vorschläge, aber wir sind auch der Auffassung, dass diese nicht ausreichen. Deswegen ist unser Vorschlag, dass Verträge, die aufgrund eines unerwünschten Anrufes zustande kommen, von den Verbrauchern noch einmal schriftlich bestätigt werden müssen."

    Bislang war es ja so, dass der Verbraucher in diesem Bereich abgeschlossene Verträge aktiv widerrufen musste. Der Vorschlag würde das Procedere nun umdrehen: Nur wenn der Verbraucher dann noch einmal schriftlich einwilligt, käme der Vertrag auch wirklich zustande. Die derzeitige rechtliche Situation bei Telefonwerbung sei nicht mehr hinnehmbar, so Gerd Billen:

    "Niemand darf ohne vorherige Einwilligung von einem Call-Center angerufen werden - so steht es im Gesetz, und darauf vertrauen die Bürger. Dennoch wird dieses Recht täglich gebrochen. Das Groteske an der Situation ist: Man darf zwar nicht angerufen werden, aber wenn ich dann eine Einwilligung beispielsweise zu einem Vertrag gebe, ist dieser Vertrag gültig. Das kann nicht sein, das widerspricht dem Rechtsempfinden auch der meisten Menschen."

    Wie gehört, sind also auch derzeit solche lästigen Werbeanrufe nicht erlaubt. Dass sie trotzdem geschehen, hänge mit der gegenwärtigen Gesetzeslage und den darin auch formulierten Sanktionen zusammen. Die Geldstrafen, die sich Unternehmen bei Zuwiderhandlung einfangen, seien einfach viel zu gering, um etwas zu bewirken, sagt Ronny Jahn von der Verbraucherzentrale Berlin. Auch hier wurden wie in anderen Bundesländern in den vergangenen Monaten immer wieder Klagen eingereicht. Ein Beispiel:

    "Tele 2, ein Telekommunikationsanbieter, wurde in den vergangenen zwölf Monaten von einer Reihe von Verbraucherorganisationen abgemahnt und später auch verurteilt. Trotzdem wirbt Tele 2 weiter per Telefon. Das hat dazu geführt, dass inzwischen mindestens 900.000 Euro an Vertragsstrafen oder Ordnungsgeldern gezahlt werden mussten. Das zeigt ganz deutlich, wie lukrativ Telefonwerbung ist und wie wenig eine finanzielle Daumenschraube bewirkt."

    Die Verbraucherzentralen hoffen nun auch im Bereich der Bußgelder auf eine Verschärfung. Die Veranstaltung heute Vormittag bot auch einen Einblick in die Telefonwerbe- oder Call-Center-Branche. 300 Millionen dieser Anrufe habe es 2006 in Deutschland gegeben. Günter Wallraff, der durchaus bekannte Enthüllungsjournalist, schilderte zudem seine Erfahrungen in dieser Branche:

    "400.000 Menschen arbeiten hier derzeit. Die Branche will dies in den nächsten zehn Jahren auf eine Million Menschen erweitern. Der Staat profitiert davon, denn es werden Stellen geschaffen. Nur, was sind das für Stellen? Stellen, die auf Betrug aufgebaut sind. Wo Menschen weitgehend zu Betrügern ausgebildet werden. Man muss aber auch zugunsten unserer Gesellschaft sagen, die Mehrheit dieser Menschen ist nicht so skrupellos, dass sie das auch schaffen."

    Nur rund drei bis fünf Prozent dieser Mitarbeiter würden langfristig in diesen Jobs bleiben. Der Großteil würde frustriert nach kurzer Zeit aufgeben. Man hofft nun also auf die zuständige Bundesjustizministerin, Verbraucherminister Horst Seehofer stehe hinter diesen Vorschlägen der Verbraucherschützer, hieß es heute in Berlin.