Claudia Kemfert forderte in der Sendung Kontrovers im Deutschlandfunk eine vollständige Abkehr von Öl, Kohle und Gas. Die Bevölkerung wolle etwas ändern, aber das "fossile Kapital" sei in den vergangenen Jahren mit den Populisten salonfähig geworden. Der Kohleausstieg hätte längst begonnen werden müssen und die Verkehrswende müsste viel weiter sein, sagte Kemfert. Stattdessen bremse die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien stark ab.
"Fossile Energien müssen teurer werden"
Es sei dringend notwendig, Kerosin und die fossilen Energien insgesamt teurer zu machen und die Umweltschäden einzupreisen – auch auf nationaler Ebene, foderte die Wirtschaftswissenschaftlerin. Dies scheue die Politik aber, weil dann auch Benzin, Diesel, Gas und Heizöl teurer würden. Kemfert schlug deshalb vor, zum Beispiel Pendler an anderer Stelle zu entlasten und Alternativen wie den Schienenverkehr zu fördern. Sie setze dabei auch auf die Zivilgesellschaft, die sich weltweit für den Klimaschutz engagiere. Man habe "nicht mehr ewig Zeit", um den Hebel umzulegen.
"Auch die Industrie ruft nach Klimaschutz"
Auch die klimapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Badum, warf der Bundesregierung Tatenlosigkeit vor. Die Bürger gingen für den Kohleausstieg auf die Straße, aber die Bundesregierung tue nichts, sagte Badum im Deutschlandfunk. Sie forderte, grundsätzlich den Strukturwandel in den Kohleregionen zu fördern, Dies dürfe aber nicht mit dem Kohleausstieg vermischt werden. Auch die Industrie rufe nach Klimaschutz, sagte Badum, aber die Anreize seien nicht groß genug. Stattdessen blockiere Deutschland in der EU ehrgeizigere Klimaschutzziele.
Badum appellierte auch an die Bürger, ihren Lebenswandel zu überdenken und beispielsweise bewusster Fleisch zu konsumieren. Schon die katholische Kirche habe gewusst, dass der Sonntagsbraten etwas Besonderes sei. Auch die Fortbewegung müsse sich ändern. Fast alle Wege, die mit dem Auto zurückgelegt würden, seien kürzer als fünf Kilometer. Badum forderte "von der Auto-Fixiertheit" wegzukommen und die Elektromobilität zu fördern.
"Die Politik kann Umwelt und Wirtschaft versöhnen"
Die Klimaschutzbeauftragte der Unionsfraktion, die CSU-Politikerin Anja Weisgerber, verteidigte die Klimapolitik der Bundesregierung. Man fahre nicht mit leeren Händen zur UNO-Klimakonferenz nach Kattowitz. Vielmehr habe man seit 2016 einen Klimaschutzplan und sei nun dabei, ihn umzusetzen.
Die CSU-Politikerin verwies im Dlf auf das Ziel der EU-Kommission, den Netto-Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 auf Null zu senken. Technisch sei dies möglich. Nun müsse man dafür Anreize schaffen. Die Politik könne Umwelt und Wirtschaft versöhnen, indem sie die richtigen Weichen stelle. In dieser Richtung sei bereits einiges passiert.
Weisgerber forderte auch die Entwicklungs- und Schwellenländer auf, ihre Wirtschaft von Anfang an klimafreundlich aufzubauen. Sonst werde dort der Ausstoß von Treibhausgasen in den kommenden Jahren stark zunehmen.