Die beiden Journalisten Maria Ressa von den Philippinen und Dmitri Muratow aus Russland erhalten in diesem Jahr den Friedensnobelpreis. Das gab das norwegische Nobelkomitee in Oslo bekannt.
Sie bekommen den Preis für ihre Bemühungen um die Wahrung der Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden sei, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen. Mit ihrer Auszeichnung solle die Bedeutung des Schutzes der Meinungs- und Pressefreiheit für Demokratie und Frieden unterstrichen werden.
"Es ist ironisch, dass wir in der heutigen Welt mehr Presse und mehr Informationen haben, als die Welt je erlebt hat", sagte Reiss-Andersen. "Gleichzeitig sehen wir den Missbrauch und die Manipulation der freien Presse und des öffentlichen Diskurses, etwa bei Fake News."
Der Nobelpreis werde die Probleme nicht lösen, mit denen Journalisten und die Meinungsfreiheit konfrontiert seien. "Aber wir hoffen, dass er Licht auf die Bedeutung der Arbeit von Journalisten wirft, und auch darauf, wie gefährlich es ist, die Meinungsfreiheit auszuüben - nicht nur an Orten, die derzeit Krieg und Konflikt erleben, sondern wirklich überall auf der Welt."
Auch Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen
sieht die Vergabe des Friedensnobelpreises an die beiden Journalisten nicht nur als eine Auszeichnung für die Person, sondern als ein Zeichen für die Pressefreiheit, denn die sei bedrohter als je zuvor, sagte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen im Dlf.
Der Chefredakteur der "Nowaja Gazeta"
Dmitri Muratow ist seit den 90er-Jahren Chefredakteur der unabhängigen und kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gazeta". Mitarbeiter der Zeitung sind immer wieder Opfer von Gewalt geworden. Acht ihrer Journalisten wurden seit 2000 entweder schwer verletzt oder ermordet, unter ihnen die 2006 getötete Redakteurin Anna Politkowskaja. Noch im März 2021 wurde die Redaktion Ziel eines Chemie-Anschlags - an dem Tag, an dem die Zeitung eine Enthüllung über eine russische Söldnergruppe veröffentlichte. Verletzt wurde dabei niemand.
Die "Nowaja Gazeta" hat trotz starker staatlicher Repressionen immer kritisch über den Kreml berichtet. Ebenso über Umweltthemen, Korruption oder Menschenrechtsverletzungen im Kaukasus. Zuletzt gab es während der russischen Parlamentswahlen im September 2021 die Vorwürfe, dass oppositionelle Kandidaten im Vorfeld aussortiert wurden und dass es zu Wahlfälschungen gekommen sein soll. So verfügte die "Nowaja Gazeta" über eine Tonaufnahme, die belegen sollte, wie in einer Stadt bei Moskau Mitglieder der dortigen Wahlkommission in geschickter Fälschung der Wahl unterrichtet werden. Bekannt ist das Blatt für seine außergewöhnlich langen Texte.
"Öffentlichkeit schafft Schutz"
Die Lage der Pressefreiheit sei in Russland "sehr ausgetrocknet",
sagte Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen im Dlf.
Immer wieder werden Kreml-Kritiker oder Putin-Gegner zu "ausländischen Agenten" erklärt. Der Friedensnobelpreis verschaffe nun eine enorme Öffentlichkeit und biete Schutz für die Journalisten.
Dmitri Muratow gilt als uneitler Journalist, der nicht das Rampenlicht sucht. Seinen Mitarbeitenden gab er viel Freiheit, die er auch nach außen verteidigte. Bekamen Kolleginnen und Kollegen Probleme mit den Geheimdiensten, versuchte er, sie zu unterstützen - sei es durch Anwälte oder auch durch Gespräche mit staatlichen Stellen.
In einer ersten Stellungnahme sagte Muratow, er wolle die Geldprämie des Nobelpreises für die Entwicklung des unterdrückten Journalismus in seinem Land einsetzen. "Wir werden versuchen, Leuten zu helfen, die jetzt als Agenten eingestuft sind, die jetzt drangsaliert und aus dem Land vertrieben werden", sagte der 59-Jährige am Freitag dem unabhängigen Portal Meduza, das ebenfalls von der Regierung als "ausländischer Agent" eingestuft ist. Die Bezeichnung steht international als Stigma in der Kritik, weil sie auch Presse- und Meinungsfreiheit in Russland untergrabe.
Der Kreml würdigte die Entscheidung des Nobelpreis-Komitees. "Wir können Dmitri Muratow gratulieren. Er arbeitet stringent anhand seiner Ideale, er ergibt sich seinen Idealen. Er ist talentiert und mutig", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax.
Die Gründerin der Nachrichtenwebsite "Rappler"
Maria Ressa hat 20 Jahre lang für den Nachrichtensender CNN an vielen Orten in Asien als Investigativ-Journalistin gearbeitet. Als sie die Nachrichtenwebsite "Rappler" mitgründete, machten sie sich das Internet mit all seinen Möglichkeiten zunutze: Videos, Audios, Verbreitung über soziale Medien.
Als Rodrigo Duterte zum Präsidenten gewählt wurde und seinen blutigen Anti-Drogen-Krieg mit Tausenden von Toten begann, berichte sie furchtlos: von Menschenrechtsverletzungen, von der Verdrehung von Fakten, von Lügen, versteckter Propaganda. "Die Pressefreiheit ist das Fundament jedes einzelnen Rechtes, das wir als Bürger der Philippinen haben", sagte die Journalistin Maria Ressa nachdem sie 2020 wegen Verleumdung verurteilt worden war.
Auf den Philippinen habe sich die Lage unter dem Präsidenten Rodrigo Duterte für Journalisten zugespitzt. Maria Ressa sei eine unabhängge Journalistin und habe den Drogenkrieg von Duterte immer wieder hinterfragt und Verbrechen aufgedeckt,
sagte Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen im Dlf.
Sie sei ein "Stachel" für die philippinische Regierung, werde mit Klagen überzogen und zuletzt sogar zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
Gemeinsam mit einem Reporter war Ressa angeklagt gewesen, einen Geschäftsmann verleumdet zu haben. Der Artikel hatte aus einem Geheimdienstbericht zitiert, der den Unternehmer mit Mord und Drogenhandel in Verbindung brachte; erschienen war der Text schon 2012. Das Strafmaß für die beiden steht noch aus. Beide sind gegenwärtig gegen Kaution auf freiem Fuß und haben ihre Berufung beim Berufungsgericht eingereicht.
Gemeinsam mit einem Reporter war Ressa angeklagt gewesen, einen Geschäftsmann verleumdet zu haben. Der Artikel hatte aus einem Geheimdienstbericht zitiert, der den Unternehmer mit Mord und Drogenhandel in Verbindung brachte; erschienen war der Text schon 2012. Das Strafmaß für die beiden steht noch aus. Beide sind gegenwärtig gegen Kaution auf freiem Fuß und haben ihre Berufung beim Berufungsgericht eingereicht.
Der Friedensnobelpreis wurde bis 2020 insgesamt 90 mal an Männer verliehen, 17 mal an Frauen und 28 mal an Organisationen. Der letzte deutsche Preisträger war Willy Brandt 1971. Im letzten Jahr ging der Preis an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Ausgezeichnet wurde die Organisation "für die Bemühungen zur Bekämpfung des Hungers, für den Beitrag zur Verbesserung der Bedingungen für den Frieden in von Konflikten betroffenen Gebieten und als treibende Kraft bei den Bemühungen, den Einsatz von Hunger als Waffe für Krieg und Konflikte zu verhindern". Der Preis ist mit rund 980.000 Euro dotiert.