Remdesivir und Dexamethason sind zwei Medikamente, die bereits regelmäßig zur Behandlung bei Covid-19 eingesetzt werden. Nun hat die EU-Kommission fünf weitere Medikamente vorgestellt. Die Kandidaten seien bereits weit in der Entwicklung und könnten teils schon im Oktober zugelassen werden. Bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA laufen derzeit entsprechende Verfahren für die Medikamente.
Es gibt zwei Phasen bei einer Covid-19-Erkrankung: In der ersten Phase steigt die Viruslast an. In dieser Phase kann man ansteckend sein, hat aber noch nicht unbedingt Symptome. Antivirus-Mittel können dafür sorgen, dass der Anstieg nicht so steil ausfällt, weil das Virus gehemmt wird.
In der zweiten Phase, der eigentlich kritischen oder auch klinischen Phase, ist man wirklich krank. Die Viruslast sinkt zwar, doch das Virus hat schon jede Menge Schaden verursacht und das Immunsystem auf den Plan gerufen. Bei einem schweren Verlauf kann es passieren, dass das Immunsystem quasi überschießt; ein sogenannter Zytokinsturm feuert aus allen Rohren und kann zu Organschädigungen und lebensgefährlichen Entzündungsreaktionen, zum Beispiel in der Lunge, bis hin zum Kreislaufkollaps führen, wie der Virologe Friedemann Weber im Deutschlandfunk erläutert. Mittel, die hier ansetzen, sollen die Immunantwort des Körpers dämpfen.
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Vier der Medikamente, die kurz vor einer Zulassung durch die EMA stehen, sind sogenannte monoklonale Antikörper, das heißt,. Antivirus-Mittel, die das Virus selbst bekämpfen. Remdesivir, das bereits eingesetzt wird, wirkt laut dem Virologen Friedemann Weber nach einem einem ähnlichen Prinzip; es hemmt die Virusvermehrung. Zusätzlich könnten monoklonale Antikörper die Länge der Hospitalisierung lindern.
Das fünfte Medikament, das Rheumamittel Olumiant, lindert jene Symptome, die durch die Reaktion des Immunsystems auf das Virus hervorgerufen werden und dazu führen, dass man sich sehr krank fühlt. Das Antirheumatikum wirkt dabei ähnlich wie das Kortisonpräparat Dexamethason, das schon seit einiger Zeit bei Covid-19-Erkrankungen eingesetzt wird, es dämpft die Immunantwort.
Es gibt antivirale Medikamente wie Remdesivir, das die Virus-Vermehrung stört, oder im Labor erzeugte, sogenannte monoklonale Antikörper, die direkt das Virus attackieren beziehungsweise die es daran hindern sollen, an unsere Zellen anzudocken. Nachdem sich der damalige US-Präsident Donald Trump im Oktober 2020 mit dem Coronavirus infiziert hatte, wurde er mit einem Cocktail dieser Antikörper behandelt.
Es gibt außerdem antivirale Ansätze, Sars-CoV-2 mit Nasensprays schon in den oberen Atemwegen abzufangen. Zudem läuft an der Charité in Berlin eine Studie zu einem Bandwurmmittel, das offenbar ebenfalls antiviral wirkt. Zudem wird der Einsatz von Ivermectin seit Monaten untersucht. Es handelt sich um ein günstiges Medikament, das gegen Milben und Fadenwürmer eingesetzt wird.
Immundämfende Mittel sollen wiederum dabei helfen, eine überschießende Immunreaktion in den Griff zu bekommen wie das Kortisonpräparat Dexamethason. Vor einiger Zeit war auch ein Asthmaspray mit dem Wirkstoff Budesonid in den Schlagzeilen, das das Risiko für schwere Krankheitsverläufe senken soll. Die Datenlage ist aber noch ausbaufähig.
Mittel wie Heparine, die die Blutgerinnung hemmen, sollen gegen Gerinnsel, Thrombosen, helfen, die im Verlauf der Krankheit auftreten können. Und dann gibt es noch Medikamente, die die Lungenfunktion unterstützen sollen.
Dieses antivirale Mittel wird für die Behandlung von Covid-19-Patientinnen und Patienten, die älter als zwölf Jahre sind, in einer bestimmten Krankheitsphase bereits eingesetzt. Remdesivir, das gespritzt wird, dringt in Viren ein und blockiert dort die Synthese ihrer Erbguts, der RNA. Dadurch kann sich das Virus nicht mehr reproduzieren. Studien zeigen eine unterschiedlich gute Wirksamkeit. Zudem muss das Mittel relativ früh nach der Infektion verabreicht werden, wenn viele Patienten und Patientinnen noch gar nicht in Behandlung sind.
Remdesivir wurde vom US-amerikanischen Pharmazie- und Biotechnologieunternehmen Gilead ursprünglich gegen das Ebolavirus entwickelt, bewährte sich dabei in der klinischen Prüfung allerdings nicht.
Bei einer Antikörpertherapie erhalten Patienten biotechnisch hergestellte Antikörper, die sonst bei einer Erkrankung selbst vom körpereigenen Immunsystem gebildet werden. Bekannt wurde dieser Wirkstoff als 'Donald Trumps Antikörper-Cocktail', weil sich der im Oktober 2020 noch amtierende US-Präsident mit dem Antikörper-Präparat der US-Firma Regeneron behandeln ließ und es nach einer augenscheinlich raschen Genesung als Wundermittel anpries.
Sowohl bei REG-COV2 von Regeneron als auch beim vom US-Pharmakonzern Eli Lilly hergestellten Bamlavinimab handelt es sich um sogenannte monoklonale Antikörper, die aus einem Zell-Klon hergestellt werden und dieselbe Wirkungsweise besitzen: Die Antikörper richten sich hochspezifisch gegen ein charakteristisches Merkmal des SARS-CoV-2-Erregers, etwa einen Teil des "Spike"-Proteins, und verhindern, dass er in bestimmte Körperzellen eindringt.
Zuletzt hatte es Berichte gegeben, wonach die Medikamente alleine gegen Virus-Varianten nicht mehr wirksam seien. In den USA etwa wurde dem Mittel Bamlanivimab die Notfallzulassung für die alleinige Anwendung entzogen. Deutschland will auf eine Kombination der Wirkstoffe setzen. Auch in der Liste der EU-Kommission sind zwei kombinierte Wirkstoffe enthalten (Bamlanivimab and Etesevimab sowie Casirivimab and Imdevimab).
Weitere Therapieansätze umfassen das Rheumamedikament Tocilizumab mit dem Wirkstoff Tofacitinib, das ebenfalls das Immunsystem hemmt und so die Schwere der Symptome lindert. Tocilizumab wird auch von Hämatologen in der Zelltherapie, bespielsweise bei Blutkrebs, angewandt.
Dexamethason ist ein Kortisonpräparat und wird im Einsatz gegen das Coronavirus bereits verwendet. Das Mittel ist schon sehr lange auf dem Markt. Es ist ein Entzündungshemmer, der das Immunsystem dämpft. Es wird verabreicht, wenn es bei Patientinnen und Patienten zu einem gefürchteten Überschießen des Immunsystems in der zweiten Hälfte der Krankheit kommt, zu einem Zytokin-Sturm. Dexamethason kann nur bei schwer kranken Patientinnen eingesetzt werden, weil sonst die Nebenwirkungen überwiegen könnten.
Zu dem Wirkstoff hatte die Universität von Oxford Ergebnisse veröffentlicht: Das Medikament konnte das Sterberisiko um ein Fünftel, beziehungsweise um ein Drittel signifikant senken – bei solchen Patienten, die Sauerstoff benötigen oder auch künstlich beatmet werden müssen. Mittlerweile gilt diese Behandlung als Standard. Menschen mit leichten Verläufen half das Mittel in der Studie nicht. Nachdem die Studie im Juni 2020 öffentlich wurde, feierte die Fachwelt das als Durchbruch.
Derzeit werden viele Medikamente gegen Covid-19 erforscht. Es gibt Listen mit hunderten Substanzen, die auf ihre Wirkung gegen Covid-19 untersucht werden. Ein schlagkräftige Allzweckwaffe, die in jedem Krankheitsstadium hilft, ist bislang nicht dabei. Die Studien sind in ganz unterschiedlichen Stadien, viele sind bereits in klinischen Phasen mit Menschen, manche sind abgeschlossen wie die Solidarity-Studie der WHO oder die Recovery-Studie, bei denen Wirkstoffe an tausenden Probanden untersucht wurden.
Manche der Wirkstoffe werden neu entwickelt und sind noch nicht zugelassen. Viele sind bereits zugelassen. Das hat den Vorteil, dass sie Prüfungsprozesse von Zulassungsbehörden schon durchlaufen haben. Man weiß, wie verträglich sie sind und wie viele Nebenwirkungen sie auslösen.
In einer aktuelle Studie im Fachjournal "Science Advances", zu deren Autoren Friedemann Weber zählt, Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Gießen, wurden mithilfe von Computeranalysen 200 Medikamentenkandidaten identifiziert hat, die bereits zugelassen sind und eventuell für Covid-19 umgewidmet werden könnten. Oftmals sind das Antitumormittel, weil Tumoren ähnliche Vorgänge in der Zelle brauchen wie die Viren.
Unabhängig von der aktuellen Studie seien einige dieser 200 Kandidaten auch schon von anderen Forschern gefunden worden, betont Friedemann. Zwei Kandidaten, Sulfasalazin und Proguanil, hätten sich als sehr effizient gegen das Virus in Zellkultur erwiesen. Es handelt sich dabei um Antivirusmittel, die nicht nur einen Signalweg hemmen, sondern gleich zwei und dadurch eine Doppelwirkung haben. Wahrscheinlich können sie deswegen besonders gut gegen das Virus vorgehen, glaubt Friedemann. Die klinische Testung dieser beiden Wirkstoffe steht aber noch aus.
(Quelle: Onlineredaktion, Arnd Reuning, Lennart Pyritz)